Gebrochene Schwingen
füllten sich mit Tränen. »Ja, Logan, ich will deine Frau werden.«
Plötzlich brach um uns herum Jubel los. Alle Kunden strahlten uns glücklich an, uns, das frischverlobte Paar. Logan wurde knallrot und ließ meine Hand los, gerade, als ich im Begriff war, ihn zu umarmen.
»Hier, Heaven«, sagte er und steckte mir eine Kirsche in den Mund, um seine Verlegenheit über das öffentliche Schauspiel, das wir boten, zu verbergen. Dann kniff er mich in die Wange.
»Ich werde dich immer lieben«, flüsterte er.
So fand eine Liebe, die schon vor langer Zeit geboren worden war, endlich Erfüllung. Ich fühlte mich glücklicher und frischer als je zuvor in meinem Leben. Nun hatte ich mein Glück gefunden. Endlich konnte ich mir ein neues Leben schaffen, das so fest und solide war wie ein Baum, der auf festem Grund seine Wurzeln geschlagen hat. Es war, als beträte ich eine helle Lichtung und wüßte genau: Hier muß ich bleiben.
Nun sollte meine Kinderliebe die Liebe meines Lebens werden; und meine Träume wurden wahr. Wieder einmal war ich voller Glück und Zuversicht. Ich war wieder ein junges Mädchen, das hoffte, das sich öffnete und bereit war, sein zerbrechliches Herz zu verschenken. Auf dieser Lichtung, wo die Sonne warm und stark ist, werden Logan und ich wie zwei zarte Pflänzchen allmählich heranwachsen zu mächtigen Eichen, die auch die Stürme des Winters überstehen.
In den nächsten Wochen plante ich die Hochzeit. Diese Hochzeit war anders als die, die sonst in Winnerow üblich waren. Obwohl ich in den Bergen geblieben war und in einer Hütte lebte, fuhr ich ein teures Auto, trug feine Kleidung und verhielt mich wie eine vornehme, gebildete Dame. Zwar hatte ich die Chance gehabt, als Erbin der Tatterton-Spielzeugwerke ein Leben in Reichtum zu führen, doch für die Einheimischen war ich einfach nur die Casteel aus den Bergen. Vielleicht gefiel es ihnen, wie ich ihre Kinder unterrichtete, aber sie mochten es immer noch nicht, daß ich in der Kirche in der vordersten Bank saß.
Nachdem unser Verlobungsbild im »Winnerow Reporter«
veröffentlicht worden war, schritten Logan und ich am folgenden Sonntag zusammen das Kirchenschiff entlang und zogen alle Blicke auf uns. Wir setzten uns in die erste Reihe, den Platz von Logans Familie, auf den ich mich allein nie zu setzen gewagt hätte. »Willkommen, Heaven«, sagte Mrs.
Stonewall ein bißchen nervös und übergab mir das Gebetbuch.
Logans Vater nickte einfach mit dem Kopf. Als wir aufstanden, um zu singen, sang ich stolz und laut, so daß meine Stimme, die Stimme aus den Bergen, kräftig durch die Kirche hallte. Nach dem Gottesdienst begrüßte ich Reverend Wise mit einem Lächeln, das zeigen sollte, daß ich all seine Prophezeiungen Lügen strafen würde.
»Heaven, ich wußte gar nicht, daß du so eine schöne Singstimme hast«, sagte Logans Mutter zu mir. »Ich hoffe, du kommst in unseren Frauenchor!«
Da wußte ich, daß sie sich entschlossen hatte, mich zu akzeptieren. Und ich wußte auch, daß ich dafür sorgen würde, daß die anderen dasselbe taten. Ich würde ihnen die Augen öffnen, und sie würden erkennen, wie ehrlich und fleißig die Menschen aus den Bergen waren.
Aus diesem Grund plante ich eine besondere Hochzeit. Logan versuchte das so gut wie möglich zu verstehen und stellte sich sogar gegen die Einwände seiner Eltern. Ich war ihm so dankbar! Er hatte seinen Spaß daran zu verfolgen, auf welche Weise ich die Leute aus Winnerow mit denen aus den Bergen zusammenbringen wollte. Ich hatte beschlossen, daß es das schönste Hochzeitsfest werden sollte, das Winnerow je gesehen hatte. Wenn ich auf den Altar zuschreiten würde, sollten die Leute nicht einfach denken, ich sei ein Emporkömmling; ich war jemand, der genauso gut war wie sie. Ich erinnerte mich daran, wie ich vor Jahren mit Juwelen behängt durch die Kirche geschritten war, als wäre ich einem Modeheft entstiegen. Trotz meiner großartigen Aufmachung hatten die Leute aus dem Ort die Nase über mich gerümpft.
Die Leute aus den Bergen gehörten in die hinteren Reihen, und die, die für Gott wertvoller waren, kamen nach vorn.
Meine Hochzeit sollte anders werden. Ich lud viele Familien aus den Bergen ein. Alle Kinder aus meiner Klasse sollten kommen. Meine Schwester Fanny sollte meine Brautjungfer werden. In den letzten zwei Jahren, seit ich nach Winnerow zurückgekehrt war, hatte ich Fanny nicht sehr oft gesehen. Es schien, als könne Fanny ihre Eifersucht und ihren Neid nicht
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