Gebrochene Schwingen
hatte auch ein paar Flaschen Wein mitgebracht. Ich habe mir nichts dabei gedacht. Wir tranken sie zum Essen und hinterher, als wir redeten. Ich denke, ich hatte einen Schwips.
Und du fehltest mir so. Aber ich will mich damit nicht rechtfertigen«, sagte er schnell. »Das ist keine Entschuldigung… Ich möchte nur, daß du verstehst, wie es dazu kam.«
»Ich höre«, sagte ich. Ich war kalt, fest und entschlossen. Er mußte wegschauen.
»Es war heiß an diesem Abend. Fanny trug eines ihrer dünnen, schulterfreien Baumwollkleider. Zuerst merkte ich es nicht, aber als wir dann redeten und tranken, rutschte ihr Ausschnitt immer tiefer, bis…« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie es passieren konnte. Den einen Augenblick saßen wir noch am Tisch, und im nächsten saß sie schon auf meinem Schoß, hatte die Arme um mich gelegt und war halb nackt.
Sie sprach immerzu davon, wie einsam sie sei, wie einsam ich doch sein müßte, wie sehr sie Liebe bräuchte und daß es auf eine Nacht doch nicht ankäme. Durch den Wein war mir schwindelig. Ehe ich mich versah, waren wir im Bett.
Ich sage dir, es war eher eine Vergewaltigung als eine Liebesnacht«, plädierte er.
»Oh, wie hast du doch gelitten«, sagte ich sarkastisch. Er zog seine Hände zurück und nickte langsam.
»Ich weiß. Du hast ja recht. Es gibt keine Entschuldigung für das, was passiert ist. Aber, glaube mir, es war nur das eine Mal. Als ich erkannte, was geschehen war, fühlte ich mich entsetzlich. Ich habe sie sofort hinausgeworfen und ihr verboten, sich noch einmal in der Gegend blicken zu lassen.
Ich dachte, daß es damit erledigt wäre… ein Seitensprung für eine Nacht. Ich habe es aus meinem Gedächtnis gelöscht und versucht, mir einzureden, es sei nur ein Alptraum gewesen. Ich dachte, auf diese Art könnte ich damit leben und es vielleicht sogar irgendwann vergessen.
Bitte, Heaven, glaube mir. Mehr ist nicht dran. Ich liebe Fanny nicht. Ich mag sie nicht einmal leiden. Aber… aber ich bin nur ein Mann, und das hat sie ausgenutzt, wie der Teufel es nicht besser hätte tun können«, fügte er hinzu.
»Seitdem habe ich sie gemieden wie die Pest. Sie kam noch ein paar Mal in die Gegend, aber ich habe sie nicht einmal angeschaut.« Er setzte sich neben mich. »Ich weiß, es ist viel verlangt, wenn ich dich bitte, mir zu vergeben. Trotzdem, ich bitte dich darum«, sagte er. Er nahm meine Hand. Ich ließ es zu, aber ich schaute ihn nicht an. »Ich weiß nicht, was ich dir noch sagen soll.
Nur das, daß du mein Leben bist. Wenn du dich von mir abwendest oder mich verlassen willst, weiß ich nicht, was ich tun werde. Das meine ich ernst.«
Ich sagte nichts darauf. Er senkte den Kopf. Er konnte es nicht merken, aber in mir tobte ein Krieg. Es war, als bestünde ich aus zwei Personen. Die eine wollte hart und böse sein, ihm gemeine boshafte Sachen sagen und ihn aus dem Zimmer jagen. Männer, dachte ich. Was sind das doch für Lügner. Sie bleiben kleine egoistische Jungen bis an ihr Lebensende.
Dieser Teil von mir wußte, daß Logan die Ereignisse verändert und abgeschwächt darstellte, so daß er wie ein Opfer aussah.
Als wenn alles nur Fannys Schuld gewesen wäre.
Der andere Teil von mir, der weiche und vergebende Teil, sah den Schmerz in Logans Augen, sein aufgewühltes Gesicht.
Er hatte Angst, mich zu verlieren. Vielleicht sagte er die Wahrheit, vielleicht war es nur ein einziger Seitensprung gewesen. Vielleicht war er wirklich einsam, und es war ein Fehler gewesen, ihn nicht nach Winnerow begleitet zu haben!
Und was hatte mich davon abgehalten? fragte mein zweiter Teil. War es nicht meine Sehnsucht nach Troy, meine unbewältigte Vergangenheit, meine Anstrengungen, das Unmögliche möglich zu machen? Auch mich traf eine Schuld.
Nur, daß ich jetzt diejenige war, die vergeben sollte!
»Heaven«, sagte er wieder und legte meine Hand an seine Wange. »Bitte glaube mir! Es war ein Fehler, und es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen.«
»Sie sagt, es ist dein Kind«, wiederholte ich.
»Was soll ich tun? Sage es mir. Ich tue alles, was du für richtig hältst.«
»Wenn es sich um Fanny dreht, kannst du außer acht lassen, was richtig ist und was nicht. Fanny kriegt, was sie will. Was sie tun wird, ist, überall zu erzählen, daß ihr miteinander geschlafen habt.«
»Aber jeder in Winnerow weiß, wie sie ist«, sagte er.
»Natürlich wird man deswegen – «
»Deswegen wird man ihr glauben«, sagte ich. »Wenn Hinz und
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