Gebrochene Schwingen
Kunz mit ihr schlafen kann, warum nicht auch Logan Stonewall?
Manche Leute warten geradezu darauf, Schlechtes über uns zu hören, sei es, weil sie neidisch sind, sei es, weil sie nicht ertragen können, daß eine Casteel so reich und mächtig in ihrem Heimatort lebt.«
»Willst du es zulassen, daß Fanny uns erpreßt?«
»Es kann dein Kind sein oder auch nicht«, stellte ich fest. Er schloß die Augen und drückte die Lippen fest zusammen. »Ich kümmere mich um Fanny«, sagte ich. »Sie ist glücklich, daß sie es geschafft hat, daß man sie wichtig nimmt und daß sie mich endlich tief verletzen konnte.«
»O mein Gott, Heaven, es tut mir so leid. So leid«, klagte er und legte die Hände vor sein Gesicht. Ein Teil von mir wollte ihn trösten, aber der stärkere, härtere Teil von mir ließ das nicht zu.
»Überleg dir eine Erklärung für deine plötzliche Rückkehr«, sagte ich. »Ich möchte nicht, daß Tony von alledem jetzt schon erfährt.«
»Gut. Ich werde ihm erzählen, daß du mir gefehlt hast und –
« Ich drehte mich so schnell herum, daß er den Rest seines Satzes verschluckte.
»Ich will davon jetzt nichts hören, Logan. Ich will nichts als schlafen und sehen, ob ich morgen früh mein Selbstwertgefühl wieder aufrichten kann. Verstehst du das?«
Er nickte und sah dabei so schwach, so unsicher und voller Bedauern aus, daß es mir fast schon unmöglich war, meine harte Haltung beizubehalten.
»Gut«, sagte ich und ging zu Bett.
Später legte er sich neben mich und gab sich große Mühe, mich nicht zu berühren. Er verkroch sich, so weit es ging, auf seine Seite des Bettes. Als ich zu ihm hinüberschaute, sah er aus wie ein kleiner Junge, der böse gewesen und ohne Essen zu Bett geschickt worden war. Er versuchte, nicht zu laut zu atmen, damit er nicht noch weitere Strafen heraufbeschwor.
Die ganze Zeit über fragte ich mich, wie es gewesen wäre, wenn es andersherum gelaufen wäre. Wie hätte er reagiert, wenn ich ihm mein Treffen mit Troy und unsere Liebesnacht gestanden hätte? Hätte er mir vergeben oder würde er mich hassen? Hätte er es verstanden? Hätte er mich gezwungen, weiten Abstand von ihm im Bett zu halten und ihn nicht anzufassen? Hätte er mich ohne Aussicht auf Versöhnung gelassen?
In jener Nacht weinte ich leise vor mich hin. Ich weinte um uns alle, selbst um Fanny, die so voller Neid und Haß war, daß sie es auf sich nahm, sich selbst zu zerstören, nur um mich zu treffen. Ich wußte, daß sie in den kommenden Jahren dieses Kind wie eine Waffe benutzen würde. Sie würde mich damit schlagen, wann immer sie konnte, und mich daran erinnern, wessen Kind das war. Mir blieb einzig die Hoffnung, daß das Kind Randall Wilcox dermaßen ähnlich sah, daß außer Frage stand, wer der Vater war. Aber tief in mir wußte ich, daß das nichts ändern würde. Sowie wir den ersten Scheck an Fanny gesandt hatten, hatte sie uns im Griff.
Na gut, dachte ich mit Ironie, wenigstens blieb es in der Familie.
Familie. Wie fremdartig und traurig war dieses Wort doch geworden. Vielleicht war das das Schlimmste an der Sache.
Tony war am nächsten Tag noch immer in einem derartigen Dämmerzustand, daß ihm Logans plötzliche Rückkehr gar nicht auffiel. Logan sagte, er hätte nur halb zugehört, als er es ihm erklärte. Aber es war auch nützlich, daß er heimgekommen war. Er begleitete Tony in dessen Büro und konnte einige von den Aufgaben übernehmen, die Tony jetzt nicht schaffen konnte oder wollte.
In der verbleibenden Woche brachte Logan mir jeden Abend ein Geschenk. Ich wußte, er versuchte, wieder einen Zugang zu meinem Herzen zu finden. Er brachte mir Blumen, Kleider, Naschereien und Schmuck. Ansonsten setzte er mich nicht unter Druck, ihm zu vergeben. Er gab mir seine Geschenke und wartete voller Hoffnung auf ein Zeichen oder ein warmes Wort.
Eines Abends, nachdem er den Tag mit Tony verbracht hatte, fand er mich weinend in unserem Zimmer vor. Ich ließ es zu, daß er mich umarmte, mich küßte und mir über den Kopf strich. Ich lauschte seinem Betteln und seinen Liebesworten.
Ich ließ es zu, daß er mir Versprechungen machte und mich um Verzeihung und um Liebe bat. Dann küßte er mich heftig.
Ich hatte schon Angst bekommen, daß wir uns nie wieder lieben würden oder daß es, wenn es dazu käme, so mechanisch und unpersönlich wäre, daß es keine Lust mehr bedeuten würde. Jetzt waren mein Hunger nach Liebe und das Bedürfnis, alle Sorgen von mir zu werfen, größer, als ich
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