Geburtstag in Florenz
Knie, hielt den Blick fest auf seine Beute gerichtet und wartete.
Forbes zitterte jetzt und hatte solche Mühe stillzusitzen, daß der Maresciallo ihm ansah, was er am liebsten getan hätte: aufspringen und weglaufen, ohne anzuhalten. Die Reaktion eines verängstigten Tieres. Dabei war er zweifellos intelligent. Die Signora Torrini hatte zwar nicht viel über ihn gesagt, wenn er es recht bedachte, nein, sie hatte nur über die Frau gesprochen. Eine Schriftstellerin … Nun, so eine war vermutlich nicht mit einem Straßenkehrer verheiratet. Außerdem brauchte man sich nur seine Hände anzusehen … Der Mann hatte seiner Lebtag nicht körperlich gearbeitet.
Eine der schlankfingerigen Hände langte in die Hosentasche, Forbes zog ein Taschentuch heraus und trocknete sich sorgfältig die Stirn, auf der freilich gleich wieder Schweißperlen austraten. Also tupfte er sich weiter das Gesicht ab, immerhin eine Möglichkeit, das Vakuum zu füllen. Allein, das reichte auf Dauer nicht aus. »Ich kann mich an gar nichts erinnern«, sagte er endlich. »Das passiert manchmal, wenn ich trinke.« Er beugte sich vor und stellte die Chiantiflasche auf, die vom Bett auf den Teppich gekullert war. Um sein Gesicht zu verbergen, dachte der Maresciallo.
»Verstehe. Vielleicht möchten Sie ins Bad gehen und sich waschen.«
Forbes erstarrte. »Ist sie … Haben Sie …«
»Sie ist noch da«, sagte der Maresciallo. »Aber ich dachte, Sie können sich an nichts erinnern. Dabei schienen Sie mir schon beim ersten Mal, als ich das Bad erwähnte, wie elektrisiert.«
Eine Pause. Sein Verstand arbeitete wie eine Dampfmaschine, man konnte es fast hören. Intelligent war er, keine Frage, aber gerade die Intelligenten redeten sich am Ende oft um Kopf und Kragen. Dagegen war das entschiedene Leugnen des dümmsten Verbrechers wirkungsvoller, und ein Typ wie der hier machte garantiert irgendwann schlapp. Die Versuchung, einen Haufen nicht sonderlich aufgeweckter Polizisten in die Tasche zu stecken, war einfach zu groß, und früher oder später heckte so einer die grandiose, alles erklärende Geschichte aus. Aber noch war Forbes vorsichtig – oder sein Kater rettete ihn fürs erste.
»Als Sie ›Badezimmer‹ sagten, da ist es mir wieder eingefallen, … daß …«
Der Maresciallo half ihm nicht. Er saß nur reglos da und schien nicht einmal sonderlich interessiert. Wenn er die Ohren spitzte, dann nur, um Fusarris raschen Worten zu lauschen, seinem Stakkato-Akzent und dem verschliffenen Mailänder S. Bestimmt war inzwischen das ganze Haus vom starken Aroma seines Zigarillos erfüllt; er als Kettenraucher würde sich mit der Signora Torrini sicher gut verstehen. Draußen hielt ein Fahrzeug. Türen klappten auf und zu, eine Stimme erteilte Befehle.
Guarnaccia seufzte, und sein schwerer Körper in der schwarzen Uniform beugte sich fast unmerklich nach vorn. Sofort zuckte der andere zurück.
»Das wird die Ambulanz sein. Möchten Sie Ihre Frau noch einmal sehen, bevor man sie wegbringt?«
Forbes fuhr sich rasch mit dem Taschentuch über die Stirn und schluckte kräftig.
»Was ist mit ihr geschehen?«
Es klang so berechnend, so infantil und hinterhältig, daß der Maresciallo ihn am liebsten geohrfeigt hätte bei dem Gedanken, daß eine noch junge Frau stundenlang tot und verlassen dort drüben gelegen hatte, während er hier sinnlos betrunken vor sich hin schnarchte. Ein anderer an seiner Stelle hätte vielleicht zugeschlagen und sich damit eine Menge Zeit und Ärger erspart, denn der Mann war offensichtlich in jeder Beziehung ein Feigling. Aber der Maresciallo rührte sich nicht.
»Ich weiß nicht«, sagte er nur und wartete.
Forbes kniff jedoch bloß die Augen zusammen und barg dann abermals das Gesicht in den Händen.
»O Gott … Mein Kopf!«
Es war sinnlos. Kopfschmerzen und Übelkeit setzten ihm mehr zu als das Bedürfnis, sich gegen einen Verdacht zu schützen. Und es war ja durchaus möglich, daß man ihn nach der Obduktion nicht mehr würde verdächtigen können. Schließlich kam man um die Tatsache nicht herum, daß er schlafend im Zimmer neben seiner toten Frau gefunden worden war, obwohl ihm zu dem Zeitpunkt ein Auto und ein gültiger Paß zur Verfügung standen. Jedenfalls war es sinnlos, viel von ihm zu erwarten, bevor er sich nicht erholt hatte. Der Maresciallo stand auf, und wieder wich Forbes mit einer zuckenden Bewegung zurück, was er diesmal überspielte, indem er angelegentlich das Nachtschränkchen neben dem Bett
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