Gedrillt
gewisse harte Drogen werden in Verbindung mit Sex gebraucht.«
»In Verbindung mit Sex? Wie denn?«
»Eine Menge Leute nehmen Drogen nur, wenn sie Gesellschaft im Bett haben. Und daß Stinnes in diese Kategorie fällt, halte ich für möglich.«
»So erzähle ich Frank also, daß Sie’s für möglich halten?«
»Nur für möglich, nicht für wahrscheinlich.«
»Ein feiner Unterschied«, sagte Teacher.
»Einst vor langer Zeit hat dieser Stinnes sich auf meine Kosten vergnügt … Er erzählte mir, er wolle zu uns rüberkommen.«
»KGB? Rekrutiert?«
»Das war’s, was er sagte.«
»Und Sie haben’s geschluckt?«
»Ich riet zur Vorsicht.«
»Das ist immer das Beste: alle Ausgänge überwachen«, sagte Teacher. Er war nicht einer meiner glühendsten Bewunderer.
Ich vermutete, Frank hatte mich zu golden gemalt. »Jedenfalls: Gebranntes Kind scheut das Feuer.«
»Ich werde Frank genau mitteilen, was Sie gesagt haben«, versprach er.
»Hier geht’s aber nicht nach Kreuzberg.«
»Keine Angst. Ich dachte, ich könnte Sie noch zum Mittagessen mitnehmen, ehe ich Sie in Ihren Slum zurückbringe.« Vielleicht war auch das Franks Idee, überlegte ich. Mr. Teacher schien mir kein Mann spontaner Gesten zu sein.
»Danke.«
»Ich wohne in Wilmersdorf. Meine Frau hat immer zuviel Essen im Haus. Paßt Ihnen das?«
»Ja, danke«, sagte ich.
»Ich habe diesen Monat über meine Verhältnisse gelebt. Wir hatten Hochzeitstag.«
Als wir in Wilmersdorf ankamen, lagen die Straßen in ein zartes Gewebe von Schnee gehüllt. Teacher wohnte in einem eleganten neuen Apartmenthaus. Er parkte den Wagen in der Tiefgarage, die zum Haus gehörte. Diese war gut beleuchtet und geheizt: Luxus, verglichen mit Kreuzberg. Wir nahmen den Aufzug zu seiner Wohnung in der vierten Etage.
Er klingelte, während er die Wohnungstür aufschloß. Drinnen rief er seine Frau: »Clemmie? Clem, bist du da?«
Ihre Stimme antwortete aus einem höhergelegenen Raum. »Wo zum Teufel bist du gewesen? Weißt du, wie spät es ist?«
»Clemmie.«
Noch immer kam sie nicht. »Ich habe schon Mittag gegessen. Du wirst dich mit einem Ei oder dergleichen begnügen müssen.«
Unbeholfen im Korridor stehend, blickte er auf den leeren Treppenabsatz, dann auf mich und lächelte bekümmert. »Dann Eier? Clemmie wird uns Omeletts machen.«
»Na prima.«
»Ich habe einen Kollegen mitgebracht«, rief er laut. Nun kam seine Frau die Treppe herunter, nervös und lächelnd. Sie lohnte das Warten: jung, langbeinig und wohlgeformt. Sie berührte ihr sorgfältig frisiertes Haar und strahlte mich an. Sie sah aus, als hätte sie sich eben frisch geschminkt. Ihr Lächeln erfror, als sie ein paar Schneeflocken auf seinem Mantel bemerkte. »Mein Gott, wann wird es denn endlich Sommer in dieser verdammten Stadt?« sagte sie, als wäre er dafür verantwortlich.
»Clemmie«, sagte Teacher, nachdem er ihre zu diesem Zweck dargebotene Wange geküßt hatte, »das ist Bernard Samson, aus dem Büro.«
»Der berühmte Bernard Samson?« fragte sie mit einem kehligen kleinen Lachen. Ihre Stimme war jetzt leiser und ihr freundlicher Spott nicht unattraktiv.
»Ich nehme an«, sagte ich. Die unschuldige Frage, ob ich verheiratet sei, hätte sich der gute Mr. Teacher sparen können. Selbst seine Frau wußte alles über mich.
»Ziehen Sie den Mantel aus, Bernard«, sagte sie in dem spaßend flirtenden Ton, der ihr natürlich zu sein schien. Vielleicht fühlte sich der biedere Teacher aus diesem Grund zu ihr hingezogen. Sie nahm meinen alten Mantel, hängte diesen auf einen hölzernen Kleiderbügel mit der Aufschrift »Disneyland Hotel Anaheim, California« und sodann in einen antiken Walnußschrank. Sie war stark parfümiert und trug ein durchgeknöpftes Kleid von hellgrüner Wolle, große Ohrringe und eine goldene Halskette. Nichts, was man zum Kirchgang anziehen würde. Sie mochte sechs oder acht Jahre jünger sein als ihr Mann, und ich fragte mich, ob sie versuchte, sich diese anmaßende Bestimmtheit anzutrainieren, die junge Gattinnen brauchten, um den gesellschaftlichen Anforderungen des Berliner Milieus gewachsen zu sein.
»Bernard Samson: Geheimagent! Ich habe noch nie einen richtigen Geheimagenten gesehen.«
»Das ist schon lange her«, sagte Teacher warnend.
»So lange kann das noch gar nicht her sein«, sagte sie schelmisch. »Er ist doch noch so jung. Also, wie ist das, wenn man Geheimagent ist, Bernard? Sie haben doch nichts dagegen, daß ich Sie Bernard nenne, nicht wahr?«
»Natürlich nicht«, sagte ich
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