Gedrillt
sollen. Er war Führungsoffizier bei der CIA, und da Führungsoffiziere von jeher für beide Seiten die begehrtesten Ziele waren, wurde Underlet in die Mangel genommen. Selbst nachdem sie das Manöver des KGB durchschaut hatten, bekam Underlet seine leitende Stellung nicht zurück. Er wurde auf einen lausigen Posten nach Djakarta abgeschoben. Das alles war zu der Zeit passiert, als meine Frau Fiona zur anderen Seite überlief. Wenn das Manöver dazu dienen sollte, Wut und Verachtung der CIA auf ein anderes Ziel zu lenken, war es erfolgreich. Ich vermute, dieses Täuschungsmanöver war uns genauso nützlich wie dem KGB. Ich hatte mich damals gefragt, ob es nicht Fionas Idee war. Wir beide kannten Peter Underlet und seine Frau. Fiona schien sie zu mögen.
»Dies hier«, sagte Valeri und wählte ein Foto, das er sorgfältig etwas entfernt von den anderen auf den Tisch legte. Ich stand auf, um es besser sehen zu können.
»Das ist er also«, sagte Bower, Interesse heuchelnd, als hätten sie das Ganze nicht schon mal durchgezogen. Er nahm das Foto und betrachtete es. Dann reichte er es mir. »Ein gutaussehendes Scheusal, was? Kennen Sie ihn zufällig?«
Ich sah es mir an. Ich kannte den Mann gut. Er nannte sich Erich Stinnes. Er war ein leitender KGB-Mann in Ostberlin. Es hieß, er sei der Verbindungsmann zwischen dem Moskauer und dem ostdeutschen Sicherheitsdienst. Das Foto mußte neueren Datums sein, denn er war feister geworden, seit ich ihn zuletzt gesehen hatte. Aber noch hatte er den Rest seines spärlichen Haares nicht verloren, und die harten Augen hinter den kleinen Gläsern seiner Brille waren so wild wie eh und je.
»Den Mann habe ich nie gesehen«, sagte ich und reichte Bower das Bild zurück. »Ist es jemand, mit dem wir schon mal Kontakt gehabt haben?«
»Meines Wissens nicht«, sagte Bower. Zu Valeri sagte er: »Beschreiben Sie die Lieferungen noch mal.«
»Am zweiten Donnerstag jeden Monats … Der KGBKurier.«
»Und Sie haben gesehen, wie er’s öffnete?«
»Nur das eine Mal, aber jeder weiß …«
»Jeder?«
»In seinem Büro. Ich meine, ganz Karlshorst redet davon.« Bower lächelte spöttisch. »Daß sich der KGBVerbindungsmann am zweiten Donnerstag jeden Monats ins Reich der Träume schnüffelte? Und Moskau schaut zu?«
»Die Zeiten haben sich geändert«, sagte Valeri hartnäckig, mit unbewegtem Gesicht.
»Hört sich ganz so an«, sagte Bower, ohne seinen Unglauben zu verbergen.
»Glauben Sie’s oder nicht«, sagte Valeri. »Aber ich habe gesehen, wie er sich das weiße Pulver in die Hand schüttete.«
»Und daß er’s schnüffelte?«
»Ich ging aus dem Raum. Sagte ich Ihnen doch. Ich habe schnell die Tür hinter mir zugemacht. Ich wollte keinen Ärger kriegen.«
»Und doch konnten Sie sehen, daß es ein weißes Pulver war?«
»Ich wünschte, ich hätte das verdammte Zeug nie erwähnt.« Ich wußte jetzt, wo ich den Mann einzuordnen hatte. Er war ein typischer Kommunist alter Schule, einer von denen, die den Krieg als Emigranten in Moskau verbracht hatten. Viele von ihnen waren für wichtige Stellungen in dem von Stalin eroberten Deutschland ausgebildet worden. Welche Geschichte steckte hinter diesem hier? Weshalb hatte er sich entschlossen, für uns zu arbeiten? Erpressung? Hatte er ein – politisches oder gewöhnliches – Verbrechen begangen? Oder war er nicht aus dem Holz geschnitzt, aus dem man Führer macht? Oder war er einfach eins von diesen unbequemen Individuen, die nicht für sich denken lassen?
»Kein Kommentar«, sagte Bower mit müder Stimme und sah auf seine Uhr.
Valeri sagte: »Nächste Woche werde ich genauer hinsehen.« Ich merkte, wie Bower erstarrte. Für einen aktiven Agenten war die Bemerkung verdammt unvorsichtig. Ich hatte nicht mitkriegen sollen, daß dieser Valeri ein Doppelagent war, der regelmäßig hin und her wechselte. Es war die Sorte Versprecher, die Leuten den Kopf kosten kann. Valeri war müde. Ich tat, als hätte ich die Entgleisung nicht bemerkt.
Bower machte es genauso. Er hätte es festhalten und den Mann verwarnen sollen, aber er wandte sich mit einem fast unmerklichen Kopfschütteln an die Stenografin, ehe er mich ansah. In ruhigem Ton fragte er: »Bringt das was?« Das war das Stichwort für mich, aus dem Zimmer zu gehen.
»Nicht, soweit ich es beurteilen kann.«
»Frank wollte, daß Sie Bescheid wissen«, setzte er hinzu für den Fall, daß ich das Signal verpaßt hätte, abzuhauen und ihn seine schwierige Arbeit weitermachen zu lassen.
»Wo ist
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