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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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benütze sie nicht mehr. Ich fliege neuerdings immer«, sagte ich.
    »Schade.« Er sah auf den Stadtplan und zeigte mit seinem Füller den Berliner Ring und die Straße, über die man heutzutage die Autobahn von Ostberlin aus erreichte.
    »Es gab eine allgemeine Anweisung über die Benützung der Autobahn durch Angehörige des Departments«, erinnerte ich ihn sanft. Man befürchtete die Entführung von
    Geheimnisträgern. Die Befürchtung war nicht grundlos. Es gab aktenweise ungeklärte Rätsel: Autofahrer, die sich auf die lange Reise in die Bundesrepublik machten, verschwanden mitunter spurlos. Westliche Behörden waren nicht in der Lage, derartige Vorkommnisse zu untersuchen. Wir mußten sie uns wohl oder übel gefallen lassen. Und also flog, wer fliegen konnte. »Diesmal möchte ich, daß du über die Autobahn zurückfährst.«
    »Wann?«
    »Das hoffe ich demnächst zu erfahren.« Er klopfte sich mit dem Pfeifenstiel an die Nase, eine Geste, die offensichtlich Vertraulichkeit signalisieren sollte. »Es kommt jemand rüber.«
    »Über Charlie?« Dann hätte sich’s um einen Nichtdeutschen gehandelt.
    »Nein. Du wirst sie an der Autobahn zusteigen lassen«, sagte Frank. Ich wartete auf irgendeine Erklärung oder Erweiterung dieser Mitteilung, doch vergeblich. Frank

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    betrachtete vielmehr weiter den Stadtplan und sagte dann:
    »Hast du je von einem Mann namens Thurkettle gehört? Einem Amerikaner?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Wirklich?« Wenn Frank nicht seit unserer letzten Besprechung Schauspielunterricht genommen hatte, war er von dieser Enthüllung wirklich vollkommen verblüfft. Von meinem Salzburger Abenteuer hatte man ihm offenbar nichts erzählt.
    »Sag, was weißt du von ihm?«
    Ich erzählte Frank in aller Kürze von Thurkettle, ohne die Einzelheiten des Auftrags, der mich nach Salzburg geführt hatte, zu berühren.
    »Er ist hier«, sagte Frank.
    »Thurkettle?« Jetzt war es an mir, überrascht zu sein.
    »Gestern abend eingeflogen. Ich habe es nach London gemeldet, habe aber nur das ›Empfang bestätigt, keine weiteren Maßnahmen ergreifen‹-Signal zurückgekriegt. Ich frage mich, ob all das, was du mir da eben erzählt hast, in London bekannt ist.«
    »Doch, doch, die wissen Bescheid«, sagte ich. Frank runzelte die Brauen. »Wir wissen beide, wie schnell Meldungen abgelegt und vergessen sind«, sagte er. »Sie sollten mir wenigstens gestatten, die Amerikaner und die Polizei zu informieren.«
    »Du kannst ihnen unter der Hand Bescheid sagen«, sagte ich. »Das könnte rauskommen und mich in Teufels Küche bringen.« Frank war ein Meister in der Kunst, Begründungen für Untätigkeit zu finden. »Wenn Thurkettle in einer geheimen Mission der Yanks hier ist und London auf dem üblichen Weg darüber informiert wurde, also dann! …« Er zuckte die Achseln. »Sie würden’s mir jedenfalls übelnehmen, wenn herauskäme, daß ich’s überall herumerzählt habe und so.«
    »Andererseits«, sagte ich, »wenn Thurkettle hier aufgekreuzt ist, um einen von den Goldjungs der CIA

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    umzulegen, könnten sie der Meinung sein, daß eine Routinemeldung nach London keine dem Ereignis
    angemessene Reaktion war.«
    »Es war vertraulich«, sagte Frank. »Mein Informant war jemand, den ich unter keinen Umständen nennen kann. Wenn London oder das CIA-Büro mir mit Rückfragen wegen der Identifizierung kommt, werde ich eine von diesen elenden Diskussionen am Hals haben, die ich so hasse.« Er sah mich an, und ich nickte. »Was meinst du, Bernard, weshalb ist der Bursche hier?«
    »Niemand scheint genau zu wissen, für wen Thurkettle arbeitet. Die herrschende Meinung – wenn man Joe Brody glauben darf ist, daß er ein Killer ist, der Aufträge von jedem annimmt, von jedem, der sich seine Dienste kosten läßt, was er dafür verlangt. Brody sagt, daß ihn während der letzten beiden Jahre der KGB beschäftigt hat. Wenn Thurkettle vorhatte, unsere Freunde in der Normannenstraße zu besuchen, würde er wohl in Schönefeld gelandet sein.«
    »Du meinst, sie haben ihn auf jemanden hier im Westen angesetzt?« Frank verzog das Gesicht. »Ich kann ihn nicht beschatten lassen. Ich weiß nicht, wo er abgeblieben ist, und selbst wenn ich’s wüßte, habe ich einfach nicht genug Personal.«
    »Westberlin liegt nicht auf dem Wege irgendwo anders hin«, sagte ich, »Niemand kommt hierher auf der Durchreise; hierher kommt man, und dann kehrt man zurück.«
    »Du hast recht. Vielleicht sollte ich London doch noch mal

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