Gedrillt
anzusehen.
»Das geht schon in Ordnung, Sir«, sagte der stets hilfsbereite Teacher. »Wir werden alles tun, was getan werden muß.« Auch Teachers Gesicht war gezeichnet, aber Teacher war weder alt noch müde. Teacher war auf seine Weise ein zäher kleiner Bastard, was ich bisher nur noch nicht bemerkt hatte. Sie hatten ihn gut ausgesucht für diesen Job. Frank
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schien Teacher nicht zu hören. Es war, als wären nur ich und Frank im Zimmer. »Okay, Bernard?« fragte er weich. Ich sah Frank in die Augen und wußte ohne den Schatten eines Zweifels, daß es Fiona war, die auf der Autobahn aufgelesen werden sollte. Es war Fiona, die wußte, was unter Umständen getan werden mußte, um zu verhindern, daß die professionellen Folterer in der Normannenstraße sie vernahmen. Und Teacher war da, im Falle ich zögerte, wenn es Zeit war abzudrücken.
»Ja, Frank«, sagte ich. »Es ist okay.«
Am Sonntag abend gab es eine große Party bei Lisl. Auf der gedruckten Einladungskarte hieß es, Anlaß sei die Eröffnung der neu eingerichteten Räume. Unter diesem Vorwand hatte Werner Spenden von verschiedenen seiner Lieferanten erhalten, und die Einladungen, genauso wie die
Papierservietten und verschiedene andere auffallende Gegenstände, waren mit den Markenzeichen von Brauereien und Destillerien geschmückt. Da es inzwischen schon fast Sommer und die Abende nun länger waren, wollte Werner das Fest im Freien feiern und hatte zu diesem Zweck auf dem Hof hinter dem Hotel ein großes Zelt aufschlagen lassen. Aber während des Nachmittags war der Himmel immer dunkler geworden, und am Abend regnete es aus geschlossener Wolkendecke in Strömen. Nur die verwegensten Gäste unternahmen es, das kühle Zelt aufzusuchen, und die Einweihung wurde drinnen gefeiert.
Das Fest fand jedoch nicht nur zur Feier der
Wiedereröffnung des Hotels statt. Und als ich Frank an jenem Sonntagabend in Lisls Hotel begegnete, wußte ich, daß auch er das spürte. Frank hatte das Pensionsalter schon überschritten, bald würde er nicht mehr hiersein. Im Rückblick war mir später klar, daß er dieses Fest als sein persönliches Abschiedsfest betrachtete. Frank hatte meine Liebe zu Lisl nie geteilt, und allen Gegenbeweisen zum Trotz blieb er dabei, Werner die Schuld an jenem alten »Baader-Meinhof-Fiasko« zu geben, für
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das Frank ein gut Teil Kritik abbekommen hatte. Aber selbst Frank wußte, daß für eine Feier in Berlin nur Lisls Hotel in Frage kam, und da er einmal zu dieser Einsicht gelangt war, zeigte er sich dort in heiterster und charmantester Laune. Er war sogar kostümiert: als Herzog von Wellington.
»Das ist das Ende einer Epoche«, sagte Lisl. Wir saßen in ihrem kleinen Arbeitszimmer. In diesem Raum verbrachte Lisl den größten Teil ihrer Zeit, seitdem ihr das Gehen schwerfiel und Schmerzen bereitete. Hier frühstückte sie, spielte sie Bridge, sah die Geschäftsbücher durch und kredenzte auserwählten Gästen ein genau bemessenes Glas Sherry, wenn sie kamen, ihre Rechnungen zu begleichen. An der Wand hing ein Bild Kaiser Wilhelms II. auf dem Kaminsims stand eine scheußliche, mit Blattgold überzogene Uhr, und um den Tisch, an dem sie frühstückte, standen vier geschnitzte Eßzimmerstühle in venezianischem Stil, alles, was von der Einrichtung des großen Speisesaals ihrer Großeltern übriggeblieben war. Jetzt saß sie nie in diesen ihr so teuren Stühlen; selten verließ sie den praktischen stählernen Rollstuhl, in dem sie sich mit solcher Geschwindigkeit fortbewegen konnte, daß Werner ihr eine kleine Hupe daran angebracht hatte.
Der Lärm der Party drang laut durch die fest geschlossene Tür. Ich weiß nicht, wer auf die Idee gekommen war, Lisls Aufziehgrammophon und ihre Sammlung antiker 78er-Platten zur musikalischen Umrahmung des Fests heranzuziehen, von den Gästen wurde diese Musik jedenfalls als letzter Schick begrüßt, und eben jetzt schnurrte Marlene, von einem Honkytonk-Klavier begleitet, wohl schon zum vierten oder fünften Mal hintereinander »Falling in love again«. Werner hatte vermutet, das Aufziehgrammophon würde nicht laut genug sein, aber es war laut genug.
Selbst Lisl hatte schließlich Schutz gesucht vor der unermüdlichen und hingebungsvollen guten Laune, die
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Berliner zu ihren Partys mitbringen. Ein sehr alter Koffer, der meinem Vater gehört hatte, stand offen auf dem Boden.
Seinerzeit waren Koffer noch keine Markenartikel und wurden noch solide gearbeitet. Außen war er mit
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