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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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sie auf der Lehne eines Sofas, so daß er nicht zu ihr aufblicken mußte.
    George mochte sie, das sah ich ihm am Gesicht an, und als andere kamen und sich ihrer Unterhaltung anschlossen, sorgte er dafür, ihre Aufmerksamkeit zu behalten. Jenkins wiederholte seine Ankündigung nun lauter. Alle sahen auf.
    Nach ein paar gescheiterten Versuchen gelang es Jenkins, die Schiebetüren des dunklen, von Kerzen erleuchteten Eßzimmers zu öffnen, wo eine lange polierte und mit Blumen und glänzendem Geschirr gedeckte Tafel stand. Die Gesellschaft hielt einen Augenblick inne, um dieses Schauspiel zu betrachten. Dies, spürte ich, war der Anfang eines neuen Zeitalters des Cruyertums, hier wurde Anspruch erhoben auf ein besseres Leben, auf einen häuslichen Rahmen für einen Mann, der berufen war, im Kreise der Mächtigen zu sitzen, die geheime Dimension der Politik glänzend zu verwalten und sich

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    endlich mit dem heißbegehrten Adelstitel zur Ruhe zu setzen.
    Blieb nur die Frage, warum er mich eingeladen hatte.
    »Daphne! Wie malerisch!« rief Tessa, während wir hineingingen. »Un veritable coup de theatre, Schätzchen!«
    »Psst!« hörte ich George zu ihr sagen, während wir auf der Suche nach unseren Tischkarten die Tafel umrundeten. Er sagte das in ruhigem, unpersönlichem Ton, wie ein Theaterbesucher auf einen zu spät kommenden Besucher reagieren mochte, ohne die anderen zu stören. Als wir uns setzten, erinnerte sich George mit seinem beneidenswerten Gedächtnis einer Begegnung mit dem Feinen Harry vor einigen Jahren, als Harry Georges Gebrauchtwagenimperium in einer der weniger gesunden Gegenden von Southwark im Süden Londons besucht hatte. Der Feine Harry lächelte, ohne die Erinnerung zu bestätigen oder zu bestreiten. So war er immer.
    Er konnte unergründlich sein. Er trug einen bemerkenswerten glänzenden schwarzen Smoking mit einem spitzenbesetzten Hemd, das Beau Brummel getragen haben könnte, außer daß es eine Spur zu auffällig war. Harry liebte es, sich fein anzuziehen, und man mußte zugeben, daß er es verstand.
    Seine Begleiterin, im trägerlosen, sehr tief geschnittenen Abendkleid, war dieselbe Amerikanerin, mit der ich ihn in Southwark gesehen hatte. Sie war Mitte Dreißig und wäre hübsch gewesen, hätten nicht die ziemlich plumpen Züge ihrem Gesicht einen Ausdruck ständiger Verdrießlichkeit gegeben. Diesen Eindruck verstärkte noch der von ihr bevorzugte schrille Südstaatenakzent. Beim Dinner saß sie neben mir. Wie ich hörte, hieß sie Jo-Jo.
    Mich interessierte es, das Wechselspiel zwischen dem Feinen Harry und unserem Gastgeber zu beobachten. Ich fragte mich, wo sie einander zuerst begegnet sein mochten, und ob Harrys Anwesenheit in London eine Entwicklung bei der CIA signalisierte, über die ich mich vielleicht kundig machen sollte.
    Ich wußte, daß sie einen neuen Residenten nach London

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    geschickt hatten. Vielleicht war Harry dessen Spürhund. »Wie ist denn dein neuer Chef?« fragte Dicky den Feinen Harry beiläufig, als wir alle saßen und Wein ausgeschenkt wurde.
    Harry, der mir gegenüber am Tisch saß, erwiderte: »Sag mal, Dicky, was genau heißt eigentlich ›Neue Sachlichkeit‹?«
    Dicky sagte: »Soviel wie neuer Realismus. In der Malerei, stimmt’s, Bernard?«
    Von Natur aus unfähig, solche Fragen anders als umfassend zu beantworten, dozierte ich: »Und in der Dichtung. Eine Parole der zwanziger Jahre … eine Reaktion gegen den Impressionismus. Auch gegen Schönheit zugunsten des Funktionalismus.« Dicky sagte: »Siehst du, Bernard ist nicht nur ein hübsches Gesicht.« Er lachte, und Jo-Jo tat das ebenfalls. Ich hätte am liebsten ihre Köpfe aneinander gehauen.
    Der Feine Harry lächelte und sagte: »Mein neuer Chef redet dauernd von der Neuen Sachlichkeit, so als wolle er ein neuer Besen sein und allen die Hölle heiß machen.« Dicky lächelte.
    Ich nehme an, das war Harrys vorbereitete Antwort auf eine erwartete Frage. Ich war überzeugt, daß er sehr gut wußte, was die »Neue Sachlichkeit« war. Der Feine Harry fügte hinzu:
    »Lassen wir Bernards hübsches Gesicht mal ruhig beiseite.
    Was ich wissen möchte, ist, wo er dieses entzückende kleine Mädchen die ganze Zeit versteckt gehalten hat?« Er saß neben Gloria, die an ihrem Weinglas nippte, um ihr selbstzufriedenes Lächeln zu verbergen. Der erste Gang war Krabbensuppe mit Knoblauchbrot. Während Jenkins sie mit bemühter Sorgfalt austeilte, gab es die übliche seicht plätschernde

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