Gedrillt
An mich erinnerte er sich von einer noch nicht lange zurückliegenden anderen Abendgesellschaft. »Sie sind der junge Samson, nicht wahr? Wir haben uns beim Essen in der Wohnung der kleinen Matthews getroffen. Nouvelle cuisine, nicht? Hmm, dachte ich’s doch. Da gibt’s nie genug zu essen, stimmt’s?« Die Streeply-Coxes kannten sich aus in der Welt. Er lehnte sich zu mir herüber und sagte: »Sagen Sie mal, Samson, wissen Sie, wie dieses verdammte Stück heißt?«
»Es heißt Cordoba«, sagte ich. »Albeniz; gespielt von Julian
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Bream.« Ich antwortete als Autorität, denn nachdem Dicky seine Hi-Fi-Anlage gekauft hatte, hatte er das Stück wieder und wieder gespielt, um die automatische Stückauswahl vorzuführen.
»Richtiger kleiner Ohrwurm«, sagte Streeply-Cox. Er sah seine Frau an und nickte, ehe er hinzusetzte: »Meine Frau sagt, daß Sie über alles Bescheid wissen.«
»Ich versuche es, Sir Giles«, sagte ich und ging weiter mit der gemurmelten Erklärung, mir noch ein Glas Wein holen zu wollen.
Sobald ich dem angsteinflößenden Streeply-Cox entronnen war, fand ich den Gedanken, mir noch ein Glas Champagner zu beschaffen, gar nicht schlecht. Ich lauerte also dem alten Mann mit den Getränken auf und nahm mir dann ein paar Augenblicke Zeit, mich umzusehen. Über dem Kamin hing immer noch dasselbe ziemlich mitgenommene Gemälde von Adam und Eva. Dicky bezeichnete es immer als naiv in dem Bemühen, es irgendwie auszuzeichnen, aber in meinen Augen war es einfach nur schlecht gezeichnet. Das gerahmte Farbfoto von Dickys Segelboot war verschwunden. Das bestätigte die Gerüchte, daß er es verkaufen wollte. Daphne war nie glücklich gewesen über dieses Boot. Sie wurde leicht seekrank.
Wenn sie aber Dicky bei seinen nautischen Wochenenden nicht Gesellschaft leistete, wußte sie um die Gefahr, daß irgendein anderes weibliches Wesen die Kabine des Kapitäns teilen würde. In dem antiken Schränkchen, das einst eine Sammlung von Streichholzschachteln enthalten hatte, lagen jetzt ein japanischer Dolch, ein paar Netsukes und ein paar andere kleinere fernöstliche Kunstgegenstände. An der Wand dahinter hingen sechs gerahmte Holzschnitte, unter ihnen die unvermeidliche »Brechende Woge«. Ein feines Drahtnetz war über das künstliche Kohlenfeuer im Kamin gespannt. Ich nehme an, weil zu viele Leute Abfälle hineinwarfen. Dicky war dauernd auf den Knien und kratzte Zigarettenstummel und
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zusammengeknüllte Papiere von den Kunststoffkohlen.
Sämtliche Schmuckgegenstände des Zimmers waren
vollkommen neu, von Adam und Eva abgesehen, die Daphne auf einem Flohmarkt in Amsterdam entdeckt hatte. Das war ein Zeichen für Cruyers erweiterten Horizont und prallere Taschen.
Ich fragte mich, wie lange Adam und Eva wohl noch gelitten waren und was sie ersetzen würde. Adam sah schon ein bißchen besorgt drein.
Als ich mir gerade über Evas Gesichtsausdruck
klarzuwerden versuchte, erblickte ich meine abenteuerlustige Schwägerin Tessa und ihren Mann George Kosinski. Sie waren beide todschick angezogen, aber selbst Tessa in ihrem Pariser Modellkleid überglänzte die hinreißende Gloria nicht, die bezaubernder denn je aussah.
Tessa kam herüber. Sie mußte schon an die Vierzig sein, aber sie war noch immer höchst attraktiv mit ihrem langen blonden Haar und den leuchtendblauen Augen, und noch immer hatte sie diese atemlose Art zu sprechen, die einen glauben machte, daß sie’s nicht hatte erwarten können, einen wiederzusehen. »Ich dachte schon, sie hätten dich vielleicht auf den verdammten Mond geschickt, Schätzchen«, sagte sie und gab mir einen uncharakteristisch scheuen Kuß. »Du hast mir gefehlt, Liebling.«
Ich muß zugeben, daß ich erschauerte, als sie mich küßte. Es war mir bisher nie aufgefallen, wie ähnlich sie Fiona sehen konnte. Heute abend besonders. Vielleicht war das nur ein Zufall ihrer Kleidung oder ihres Make-up. Vielleicht hatte es was damit zu tun, daß sie älter geworden war oder daß Fiona älter geworden war oder ich. Was immer es war, ich starrte sie deswegen einen Augenblick lang sprachlos an, bis sie sagte:
»Scheiße! Ist mein Lippenstift verschmiert oder was?«
»Nein, Tessa. Du siehst schöner aus denn je, einfach umwerfend.«
»Na, wenn du das sagst, kann ich mir ja was darauf
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einbilden, Bernard. Wir Mädchen wissen doch alle, daß von Bernard Samson bemerkt zu werden die höchste Auszeichnung ist, die es gibt.«
Der alte Bursche – »Jenkins«
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