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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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gesprochen?«
    »Er rief aus dem Badezimmer.«
    Brody sagte: »Die Badezimmertür war zu? Sie haben ihn nicht gesehen?« Er zog sich an der Nase, als wäre er tief in Gedanken.
    »Genauso war es.« Ich fing an zu verstehen, was Brody beschäftigte. Er wartete eine ganze Weile. Dabei überlegte er sich wohl, wieviel er mir erzählen sollte.
    Schließlich sagte Brody: »Als diese Stimme Ihnen sagte, Sie sollten in einer Viertelstunde wiederkommen, waren zwei Männer im Badezimmer. Wahrscheinlich sollte Johnson gerade in diesem Augenblick ermordet werden.«
    »Ich verstehe«, sagte ich.
    »Ich glaube nicht, daß Sie was verstehen«, sagte Brody.
    »Für wen arbeitete Thurkettle denn?«
    »Er ist ein Renegat. Seit zwei Jahren schon killt er für den KGB. Wir haben schon mindestens vier Leute durch ihn verloren. Aber so nahe auf den Leib gerückt wie diesmal ist er uns noch nie. Johnson und Thurkettle kannten einander gut. Sie haben früher zusammengearbeitet.«
    »Das ist bitter«, sagte ich.
    Brody konnte nicht stillhalten. Er stand plötzlich auf und stopfte sich das Hemd in die Hose. »Das können Sie noch mal

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    sagen. Ich werde es diesem Schwein besorgen, und wenn’s das letzte ist, was ich tue.«
    »Er ist also nicht durch die Explosion getötet worden?«
    »Aha, das haben Sie also schon herausgefunden, was?«
    sagte Brody sarkastisch. Er ging hinüber zum Spülbecken und wendete sich mir, gegen das Abtropfbrett gelehnt, von dort zu.
    »Thurkettle ermordete Johnson und sprengte ihm danach den Kopf ab. Warum? Um Spuren zu verwischen? Oder war Johnson zu schlau, auf eine Trockenrasiererbombe reinzufallen? Wurde Thurkettle überrascht, als er die Rasierapparate austauschte? Tötete er Johnson und zündete die Bombe dann mit einer Zeituhr?« Brody, der mich noch immer anstarrte, lächelte schwach und geringschätzig. »Auf die Weise riskierte er nicht, mit Hirn und Blut bespritzt zu werden.«
    Der Feine Harry hatte inzwischen seine gewöhnliche Fassung wiedergefunden. Das Glas sprudelnden Wassers noch immer in der Hand, ging er zu dem an der Küchenzeile lehnenden Brody hinüber und sagte: »Sie sollten ihm wirklich reinen Wein einschenken, Joe.«
    Brody sah mich an, sagte aber nichts.
    Harry sagte: »Wenn Sie wollen, daß die Briten uns helfen, müssen sie doch wenigstens wissen, was wirklich passiert ist.«
    Brody sagte sehr langsam und nachdrücklich: »Wir glauben, Thurkettle tötete Johnson und sprengte dann dessen Kopf ab, um Spuren zu zerstören. Aber der Kerl, der Ihnen erzählte, er sei Johnson, war in Wirklichkeit Thurkettle.«
    »Das darf doch nicht wahr sein!« sagte ich leise, als mir klar wurde, was das bedeutete.
    Brody, dem meine Bestürzung sichtlich Spaß machte, fügte hinzu: »Die Leiche, die Sie im Badezimmer sahen, war die des Mannes, der auf der Terrasse mit Ihnen sprach.«
    »Verstehe.«
    »Viel verstehen Sie nicht, Samson, alter Kumpel«, sagte Brody. Ich hatte den Vorwurf verdient. Ich hätte mir die Leiche

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    auf dem Boden genauer ansehen sollen.
    Der Feine Harry sagte: »Thurkettle hat schon bei einer früheren Gelegenheit die Identität seines Opfers angenommen.
    Das hat uns endloses Kopfzerbrechen gemacht.«
    »Was werden Sie nun also für Konsequenzen ziehen, Bernard?« sagte Brody.
    »Ich werde mich weiter mit Wasser und Seife rasieren«, sagte ich. Brody sah sauer drein. Ich stand auf, um zu zeigen, daß ich gehen wollte. Er wandte sich ab und beugte sich über das Spülbecken, um durch die auseinandergezogenen Lamellen der Jalousie aus dem Fenster zu sehen. Da war ein winziger Hof und eine geweißte Wand und große Blumenkübel, in denen ein paar blattlose Triebe ums Dasein kämpften. Von der Vorderseite des Hauses hörte man durch die Doppelverglasung den Verkehrslärm, der jetzt, da das Ende des Arbeitstags bevorstand, noch schlimmer geworden war. »Vergiß die Kalaschnikow nicht«, sagte der Feine Harry.
    Joe Brody sah noch immer auf den Hof hinaus. Er schien nichts gehört zu haben.
    Ich ging nach oben, um mein Paket zu holen. Harry begleitete mich und ergänzte mein Bild von Thurkettle mit einigen Einzelheiten. Andere US-Regierungsbehörden, die von Anfang an mißbilligt hatten, wie die CIA Thurkettle aus dem Gefängnis holte und mit einer falschen neuen Identität versorgte, erwiesen sich jetzt, da Thurkettle, wie Harry es ausdrückte, »Amok lief«, anscheinend äußerst unkooperativ.
    Die CIA hatte bei einem Bundesgeschworenengericht im District of Columbia

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