Gefaehrlich schoener Fremder
blitzschnell verschwindenden Motorrad nach.
Die Polizisten überlegten nicht lange. Mit Blaulicht, heulenden Sirenen und quietschenden Reifen nahmen die vier Polizeiwagen eine hektische Verfolgungsjagd auf.
Zitternd und doch erleichtert sank Emily auf den Sitz zurück, während die anderen Passagiere, die laut durcheinanderredeten, wieder einstiegen. Sie hatte das rabenschwarze Haar unter der Baseballmütze gesehen, die blaue Latzhose.
Trace hatte sie wieder gerettet. Plötzlich fühlte Emily das unwiderstehliche Bedürfnis, in die beruhigenden Rituale ihrer Kindheit zurückzufallen. Sie senkte den Kopf, faltete mit geschlossenen Augen die Hände und betete, inniger und aufrichtiger, als sie je in ihrem Leben gebetet hatte. Demütig bat sie um Traces Sicherheit und um ein baldiges Wiedersehen mit ihm.
In Cortez wartete Emily vergeblich auf Trace und bekam dann nur noch die letzte Maschine nach Denver. Dort ging der nächste Flug nach San Francisco erst wieder früh am nächsten Morgen.
Also musste sie die Nacht auf dem Flughafen verbringen, wo sie sich in einem etwas entfernten Winkel versteckte. Als sie einige Stunden später ihre Maschine besteigen wollte, stieg ihr aus einem Restaurant in der Halle verführerisch der Duft von Kaffee in die Nase. Mit einem Schlag wurde sie an ihren Bruder erinnert.
Jäh blieb sie stehen. Wie hatte sie Luke vergessen können? Womöglich war er inzwischen in die Hände der Männer gefallen, die Jamies Partner getötet hatten...
Sie musste sich vergewissern, wie es ihm ging. Ein schneller Blick auf die Wanduhr verriet ihr, dass ihr Flug in wenigen Minuten aufgerufen werden würde.
Sie stürzte zum nächsten Telefon und buchte in ihrer Tasche nach Kleingeld.
Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie es kaum schaffte, die Münzen in den Schlitz zu stecken. Und zweimal musste sie neu wählen.
„Hallo. Hallo! Emily? Bist du es, Em? Bitte antworte mir."
Sie wollte eigentlich nicht mit Luke sprechen. Vielleicht - schließlich hatte sie genügend Spionageromane gelesen - wurde ja sein Telefon angezapft. Aber der verzweifelte und flehende Ton riss an ihren Nerven. Die Liebe zu ihrem Bruder und die Sorge um ihn gewannen die Oberhand.
„Ja, ich bin es."
„Dem Himmel sei Dank", stieß Luke hervor. „Wo, zum Teufel, steckst du?"
„Das kann ich dir nicht verraten. Ich wollte mich nur vergewissern, dass es dir gut geht."
„Mir!" schrie er. „Ich bin nicht derjenige, der in Schwierigkeiten steckt. Die Polizei war hier, Emily. Sie wollte wissen, ob ich ihnen etwas über meine kleine Schwester verraten könne, die in einem Mordfall verhört werden soll."
„Wir haben nichts damit zu tun, Luke. Wir haben die Leiche nur gefunden."
„Die Leiche gefunden", wiederholte er dröhnend. „Gütiger Himmel, in was bist du da bloß reingeschlittert?"
„Ich erkläre dir später alles." Gerade kam durch den Lautsprecher ihr Aufruf.
„Ich muss jetzt Schluss machen, Luke."
„Nein, warte, Em. Emily!" schrie er wieder, während sie langsam auflegte.
Lukes aufgeregte Stimme hallte Emily während des ganzen Flugs nach San Francisco durch den Kopf. Als sie endlich dort in dem überfüllten Flughafengebäude stand, sah sie sich beklommen um.
Wie sollte Trace sie in dem Gewühl nur finden? Da sie so lange in Cortez und dann gezwungenermaßen in Denver auf einen Flug gewartet hatte, war es auch möglich, dass Trace schon hiergewesen und dann zur Hütte gefahren war.
Nachdem sie eine ganze Weile in einer kleinen Snackbar gewartet hatte, von wo sie die Halle gut überblicken konnte, entschloss sie sich aufzubrechen. Noch einmal studierte sie den Zettel, auf dem Trace ihr den Weg zu der Hütte seines Bruders beschrieben hatte. Bei einem Anruf bei der Busstation erfuhr sie dann, dass es einen Bus gab, der nahe genug an der Hütte hielt, so dass sie den Rest des Weges zu Fuß gehen konnte.
Emily trat aus der Empfangshalle des Flughafens in den strahlenden Sonnenschein des frühen Nachmittags hinaus und betete im stillen, dass ihre Entscheidung richtig war und Trace in der Hütte auf sie wartete.
Zwei Stunden später schleppte sich Emily mühsam über die staubige Straße.
Wieder zog sie den Zettel aus der Tasche. Die Gabelung hatte sie schon passiert und sich links gehalten. Wenn sie auf dieser Straße blieb, musste sie direkt zur Hütte kommen.
Es war später Nachmittag, als inmitten hoher Pinien ein kleines Holzhaus auftauchte. Vorsichtig ging Emily darauf zu. Es war kein Wagen zu sehen, und
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