Gefaehrlich schoener Fremder
Ich will meine Schwester sehen!"
Gleich darauf wurde die Tür aufgerissen. Die Arme in die Hüften gestemmt, starrte Luke Emily an. „Also das ist wirklich eine feine Geschichte, in die du dich da gebracht hast!" rief er.
Zu ihrem eigenen Erstaunen brach Emily in Tränen aus. Sofort fühlte sie kräftige Arme um sich. „Bitte, Em, wein nicht. Alles wird gut."
Emily hob ihr tränenüberströmtes Gesicht. „Bring mich bitte sofort von hier weg, Luke. Ich will nach Hause."
Emily setzte die Sonnenbrille auf und ging zu ihrem Wagen. Sie war jetzt seit einem Monat wieder zu Hause, und inzwischen war es in Phoenix noch heißer geworden.
Aus einem verrückten Impuls heraus hatte sie sich von ihrem alten Wagen getrennt und ihn durch einen kleinen roten Sportwagen ersetzt. Sie war auch mit gnadenlosem Blick ihre Garderobe durchgegangen, hatte alles Langweilige aussortiert und sich flottere Sachen in fröhlichen Farben angeschafft. Auch wenn ihr Haar jetzt wieder seine Naturfarbe hatte, war doch kaum etwas in ihrem Leben so wie früher.
Nachdem Luke sie nach Hause gebracht hatte, war Emily doch noch für eine Woche nach Hawaii geflogen, hatte jedoch die atemberaubende Szenerie nicht voll genießen können, weil sie sich einsam fühlte.
Kaum war sie aus dem Urlaub zurück, stürzte sie sich kopfüber in ein neues Wagnis: Sie machte einen zweiten Buchladen auf.
Sogar die Haltung ihrer Eltern ihr gegenüber hatte sich geändert. Sie billigten die Lebensweise der Tochter zwar immer noch nicht, betrachteten sie jetzt aber mit Respekt.
Luke hatte sich großartig verhalten. Als sie ihm kurz nach ihrer Rückkehr nach Phoenix ihr Herz ausgeschüttet und ihm von den haarsträubenden Abenteuern mit Trace erzählte, hatte er sich außerordentlich verständnisvoll gezeigt. Und bei der Eröffnung ihrer neuen Buchhandlung unterstützte er sie tatkräftig. Von Trace hatte sie nie wieder etwas gehört. Jamie hatte ihr Blumen geschickt und geschrieben. Tyler hatte sie angerufen. Von Ray Garibaldi, Traces Chef, war sie sogar besucht worden. Er war der kleine, dunkelhäutige Mann, der damals mit Jamie Kessler abgeführt hatte. Emily hatte spontan eine Abneigung gegen den Mann empfunden. Die weißen Rosen, die er ihr mitgebracht hatte, hatten auf sie kalt und unpersönlich gewirkt.
Nach der kurzen Heimfahrt parkte Emily den Wagen in der dunklen, engen Garage. Sie nahm dann ihre Tasche und Aktentasche heraus, schloss die Tür zur angrenzenden Küche auf und wollte beides nach alter Gewohnheit auf den kleinen Tisch im Alkoven mit dem Erkerfenster abstellen.
Doch so weit kam sie nicht. Ein kräftiger Männerarm legte sich um ihre Brust und drückte ihr die Arme an die Seiten. Gleichzeitig presste sich eine raue, schwielige Hand auf ihren Mund, und sie wurde nach hinten gegen einen Körper gerissen, der sich hart wie ein Granitblock anfühlte.
O nein, nicht schon wieder! dachte Emily entsetzt. Instinktiv wehrte sie sich, obwohl sie wusste, dass sie dem Angreifer hoffnungslos unterlegen war.
„Hör auf, Emily. Ich bin es."
Eine plötzlich aufschäumende Wut überlagerte jedes andere Gefühl. Emily riss sich frei und wirbelte mit geballten Fäusten herum. „Du! Du hast mich zu Tode erschreckt, Trace Logan!"
Eine Hüfte gegen den Marmortresen gelehnt, verschränkte Trace lässig die Arme über der breiten Brust. Er sah gut aus. Viel zu gut. Emily mobilisierte ihre letzten Kraftreserven, um nicht schwach zu werden.
„Warum kannst du nicht an der Tür läuten wie jeder normale Mensch?"
„Ich war mir nicht sicher, ob du mich hereinlassen würdest."
„Und weshalb bist du gekommen?" fragte sie gespannt.
„Ganz einfach, Emily. Ich habe erkannt, dass ich ohne dich nicht leben kann."
Wieder zischte Wut in ihr hoch. „Du hast die ganzen Wochen ohne mich leben können, nachdem du mich ohne ein weiteres Wort im Krankenhaus abgeladen hattest. Von allen habe ich etwas gehört, nur Trace Logan hielt es nicht für nötig, sich zu melden. Und jetzt soll ich dir einfach so glauben, dass du ohne mich nicht leben kannst?"
Langsam schob sich Logan von der Anrichte weg. „Ich habe dich nicht einfach im Krankenhaus abgeladen, Emily. Ich musste weg."
Dass sie es ihm - nach seinem plötzlichen Verschwinden vor einem Monat nicht leicht machen wollte, konnte er verstehen.
Während der frustrierend langen Wochen, in denen er Zeus enttarnte, hatte sich Trace elend gefühlt. Dabei redete er sich immer wieder ein, wie nobel er doch handelte: Er
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