Gefaehrlich sexy - Endlich zu haus
Bis sie zu sprechen wagte, musste sie einige Male schlucken.
„Also gut", sagte sie. „Du hast mich überzeugt."
Wegen wichtiger geschäftlicher Termine konnten Patrick und Anna nicht sofort nach Fort Morgan fahren, sondern würden bis zum nächsten Wochenende warten müssen. Anna rief bei Emmeline an, um ihr Bescheid zu sagen. Überschwang lag nicht in Emmelines Natur, doch Anna hörte, wie sehr sie sich freute.
Endlich war es so weit. Schon auf der Fahrt wuchs Patricks Anspannung. Er hatte überall im Staat Colorado in Pflegefamilien gelebt, doch in Fort Morgan hatte er die längste Zeit verbracht und deshalb die meisten Erinnerungen daran. Noch heute konnte er sich jedes Zimmer des Hauses, jedes Möbelstück, jedes Bild und Buch genau vorstellen. Er sah Emmeline vor sich, wie sie in der Küche stand, das Haar zu einem einfachen Knoten gesteckt, eine Schürze über dem Kleid, während köstliche Düfte vom Herd aufstiegen und das ganze Haus erfüllten. Einmal hatte sie einen Apfelkuchen mit viel Butter und Zimt gebacken. Am liebsten hätte er ihn auf einmal aufgegessen, doch weil er stets Angst hatte, alles, was ihm etwas bedeutete, könnte ihm weggenommen werden, beschränkte er sich auf ein Stück und verbarg seine Begeisterung. Emmeline hatte damals sehr viel gebacken.
Ohne sich auch nur einmal orientieren zu müssen, fand Patrick den Weg zum Haus. Als er am Straßenrand anhielt, pochte sein Herz zum Zerspringen. Er hatte das Gefühl, in einer Zeitmaschine um zwanzig Jahre zurückversetzt worden zu sein. Natürlich hatten sich Kleinigkeiten verändert - die Veranda war etwas abgesackt, und die Autos, die am Straßenrand parkten, waren neu. Doch das Haus war noch immer weiß und der schmucklose Rasen sorgfältig gepflegt. Auch Emmeline, die jetzt auf die Veranda trat, stand noch immer kerzengerade. Ihr schmales Gesicht war ernst.
Er öffnete die Tür und stieg aus. Ohne zu warten, dass er ihr die Tür öffnete, war Anna auf ihrer Seite ausgestiegen, machte jedoch keine Anstalten, zu ihm zu gehen.
Plötzlich konnte er sich nicht bewegen. Keinen einzigen Schritt konnte er weiter. Nur wenige Meter entfernt stand die Frau, die er zwanzig Jahre lang nicht gesehen hatte. Sie war die einzige Mutter, die er je gekannt hatte. Seine Brust schmerzte, und er konnte kaum atmen.
Patrick hatte keine Ahnung gehabt, dass er so empfinden würde, dass er sich plötzlich wieder in den verängstigten Zwölfjährigen verwandeln würde, den der Betreuer des Jugendamtes hier abgeliefert hatte. Ein Junge, der hoffte, endlich Geborgenheit zu finden, und doch damit rech-nete, wieder zurückgestoßen zu werden. Auch damals hatte Emmeline auf der Veranda gewartet. Auch damals hatte er in ihr ernstes Gesicht geblickt und nichts als Angst verspürt.
Er hatte sich so sehr gewünscht, angenommen zu werden. Sein Herz hatte zum Zerspringen geklopft, aber er hatte so getan, als wäre es ihm gleichgültig, wie man ihn hier empfing. Und deshalb hatte er sein Herz verhärtet und sich auf die einzige Weise geschützt, die er kannte.
Emmeline trat auf die Treppe zu. Heute trug sie keine Schürze, sondern eines ihrer wenigen Sonntagskleider, doch aus alter Gewohnheit wischte sie die Hände am Rock ab. Jetzt blieb sie stehen und blickte auf den großen, starken Mann, der immer noch am Straßenrand stand. Kein Zweifel, es war Patrick. Er war zu einem atemberaubend gut aussehenden Mann herangewachsen, doch das hatte sie immer gewusst. Schon damals hatte er die sonnengebräunte Haut, die klaren grünen Augen und das schwarze Haar gehabt. In diese Augen blickte sie jetzt und sah den gleichen Ausdruck wie vor fünfundzwanzig Jahren - angstvoll und verzweifelt. Näher würde er nicht herankommen, das wusste sie. Er wäre auch damals davongelaufen, wenn der Betreuer vom Jugendamt ihn nicht am Arm festgehalten hätte. Seinerzeit war Emmeline auf der Veranda stehen geblieben, weil sie ihn nicht verschrecken wollte. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, zu warten, bis man ihr den Jungen brachte. Patrick brauchte Menschen, die auf ihn zugingen, weil er nicht wusste, wie man den ersten Schritt tat.
Plötzlich begann sie zu lächeln. Und dann kam Emmeline, diese strenge, zurückhaltende Frau, mit ausgebreiteten Armen die Treppe herunter auf ihren Sohn zu. Tränen liefen ihr über die Wangen, aber das Läche ln wich nicht aus ihrem Gesicht.
Etwas in Patrick zerbrach. Er hatte nicht mehr geweint, seit er ganz klein gewesen war, aber bis er Anna
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