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Gefaehrlich sexy

Gefaehrlich sexy

Titel: Gefaehrlich sexy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Karr
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mit.«
    »Ich glaube nicht, dass ich das tun sollte, aber ich bin hier, wenn du mich brauchst.«
    Ich lächle ihn an und drücke seine Hand. »Ich weiß.«
    Als ich wieder ins Zimmer komme, wischt sich Serena die Tränen von den Wangen und steht auf. »Ich werde erst mal Kaffee holen. Willst du was?«
    Ben und ich verneinen, und als wir mit einem Mal allein sind, breitet sich eine ohrenbetäubende Stille zwischen uns aus. Er sitzt auf seinem Stuhl neben dem Bett von Grace und sagt: »Weißt du, es ist meine Schuld.«
    Ich sehe ihn an, und erst steigt heißer Zorn, dann aber Mitgefühl in mir auf. Wortlos setze ich mich neben ihn und ergreife die kalte Hand von Grace. Ich sitze einfach da und habe keine Ahnung, ob meine Berührung tröstlich für sie ist, aber irgendwie kommt es mir richtig vor, dass sie Kontakt zu einem von uns hat, während sie dort liegt. Ben sagt ewig nichts, aber die Spannung zwischen uns spricht Bände.
    »Hast du gehört, was ich gesagt habe?«, fragt er mich schließlich unglücklich.
    Ich versuche, seinen Schmerz zu lindern. »Nein, es ist nicht deine Schuld. Schlaganfälle werden nicht durch andere Menschen ausgelöst.«
    Er legt eine Hand auf ihren Arm und sieht mich an. »Vielleicht nicht. Aber trotzdem denke ich die ganze Zeit, wenn ich nicht zurückgekommen wäre, würde sie jetzt nicht hier liegen. Es ist alles ein Riesenschlamassel, und es tut mir alles furchtbar leid. Du weißt, ich hätte dir nie weh tun wollen. Ich habe dich immer geliebt, auch wenn ich häufig so gehandelt habe, dass du das bestimmt nicht glauben kannst.«
    Ich kann einfach nicht fassen, dass er hier und jetzt von seinen eigenen Fehlern spricht. Er zögert nur einen Augenblick, schiebt sich dann ein wenig dichter neben mich und fährt mit dem Finger über mein inzwischen nacktes Handgelenk. Ich will ihm meinen Arm entziehen, aber irgendetwas stimmt nicht. Vielleicht liegt es an der Reue, an der Trauer und der Einsamkeit in seinem Blick, dass die Woge des Mitgefühls, die vorher schon in meinem Innern aufgestiegen ist, plötzlich über mir zusammenschlägt. Ich schließe die Augen und versuche unbewusst, die hässlichen Erinnerungen auszusperren, aber dann holt mich ein schriller Pfeifton in die Wirklichkeit zurück.
    Das gleichmäßige Piepsen des Herzmonitors weicht einem gleichförmigen, langgezogenen Ton. Einem schrillen, durchdringenden Pfeifen, das mir in den Ohren weh tut, während eine Schar von Ärzten und Schwestern ins Zimmer stürmt. Ich nehme wie in Zeitlupe die allgemeine Hektik wahr, trete eilig einen Schritt zurück und verfolge das Ticken der Uhr, während das Ärzteteam verzweifelt um ihr Leben kämpft. Doch sie ist schon nicht mehr da, das ist mir klar. Die Schwestern wechseln sich während der Herzmassage ab, tauschen nervöse Blicke aus, und einer der Ärzte schnappt sich die bereitliegenden Paddles. »Jetzt«, brüllt er, und ich zucke im selben Augenblick zusammen wie Grace.
    Doch mit einem Mal stellen sie alle Bemühungen um die Patientin ein und lassen sie in Frieden gehen. Aber das kann einfach nicht sein. Ich bin hier, und sie ist hier, und trotzdem wird es nie wieder wie früher werden. Immer noch starre ich sie mit großen Augen an. Ihr Mund ist leicht geöffnet, so als wollte sie mir etwas sagen, und ich warte auf die Frage »Dahlia, Schatz, wo ist dein Schirm?«. Die jedoch nicht kommt.
    Serena, die gerade zurückgekommen ist, starrt verständnislos das Bett an, während Ben sich über seine Mutter wirft. Er schreit: »Nein, Mom, nein«, und als Serena zu ihm geht, ziehe ich mich vor dem immer noch gellenden Pfeifton in den Flur zurück. Denn er dient lediglich dem Zweck, uns etwas mitzuteilen, was wir bereits wissen – nämlich, dass die wunderbare Grace nicht mehr am Leben ist.
    Serena zieht Ben an ihre Brust, und das Zimmer scheint sich zu verdüstern. Ich will nur noch raus hier, denn in meinem Innern ringen Trauer, Ärger, Unglauben und Schuldgefühle. All der Lärm, die Menschen, Stimmen und Bewegungen um mich herum verschwimmen, und ich bekomme nur noch mühsam Luft. Ein Schluchzen steigt aus meiner Kehle auf, und eilig drehe ich mich um und flüchte aus dem Raum. Ich renne den langen, blendend weißen Korridor hinauf, die Schiebetür öffnet sich automatisch, und ich flüchte hinaus in den Regen. Endlich kann ich wieder atmen, und die Regentropfen, die inzwischen immer dichter fallen, passen zu dem Tränenstrom, der mir über die Wangen rinnt.
    Bisher musste ich stark sein

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