Gefaehrlich sexy
uns vorsichtig der Intensivstation, wo Serena mit einem der Ärzte spricht, der ein Klemmbrett in den Händen hält. Er blickt auf seine Unterlagen, und Serena nickt, wobei ihre Miene ausdruckslos und unergründlich ist.
River bleibt im Wartezimmer und drückt mir die Hand. Ich weiß, er wartet hier auf mich, aber ich muss sofort zu Grace. Ich habe Angst vor dem, was mich erwartet, doch ich weiß, ich muss es einfach tun. Ich drehe mich noch einmal zu ihm um, und er nickt mir aufmunternd zu.
Langsam gehe ich den kilometerlangen Korridor hinab, und als der Arzt wieder zurück ins Krankenzimmer geht, dreht sich Serena zu mir um. »Dahlia«, stößt sie unter Tränen aus. Ich blicke in den Raum, entdecke Ben und will zu Grace, als Serena mich am Arm festhält und Ben den Blick aufs Bett versperrt.
»Lass mich los, ich will sie sehen. Wie geht es ihr?«
Ein Blick in ihr Gesicht verrät mir, dass es schlimm um ihre Mutter steht. »Lass uns da rübergehen und reden«, stößt sie mühsam aus, führt mich dorthin zurück, wo River steht, und zeigt auf einen Stuhl. Dann setzt sie sich neben mich und nimmt die Hand, die River nicht schon hält.
Sie atmet noch einmal tief durch und sagt: »Sie haben gerade eine Hirn- CT gemacht und dabei festgestellt, dass die Schwellung auf die andere Hirnseite gewandert ist.«
»Aber sie wird doch wieder zurückgehen, oder?«
Sie drückt meine Hand noch fester. »Nein, Dahlia, das wird sie nicht. Sie können nichts mehr für sie tun. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis ihr Herz oder die Lunge kollabiert.«
Ich schüttle den Kopf. »Aber wir sind hier in einem Krankenhaus. Natürlich können sie etwas für sie tun.«
»Sie geben ihr Morphium, um die Schmerzen zu betäuben, und außerdem bekommt sie Sauerstoff, damit ihr das Atmen leichter fällt. Aber Dahlia, ihr Hirn hat seine Arbeit bereits eingestellt. Sie ist schon nicht mehr da.«
»Nein, Serena. Das glaube ich dir nicht.« Ich kann nicht akzeptieren, was sie sagt, nehme sie aber so fest wie möglich in den Arm. Mein Herz zerbricht in tausend Teile, aber ich muss mich zusammenreißen. Weil Grace ihre Mutter ist und weil ich weiß, wie grauenhaft es ist, die Mutter zu verlieren. Ich blinzle gegen meine Tränen an und versuche, stark für sie zu sein.
»Ich will sie sehen.«
Nickend steht sie auf. Ich werfe River einen Blick zu und gehe dann mit ihr zu Grace.
Auf dem Weg zurück den Gang hinab spreche ich in Gedanken ein Gebet. Das habe ich nicht mehr getan, seit Gott mir meine Mom und meinen Dad genommen hat, aber jetzt bete ich für Grace.
Mit furchtsam zusammengekrampftem Magen trete ich neben das Bett. Rote Lämpchen blinken an verschiedenen Geräten, und ihr schmaler Körper ist mit einem weißen Laken zugedeckt. Je näher ich ihr komme, umso besser kann ich sehen, dass tatsächlich Grace dort liegt, auch wenn sie vollkommen verändert wirkt. Ihr Haar ist wild zerzaust, und sie ist unnatürlich bleich, aber trotzdem sieht sie aus, als würde sie nur schlafen und als bräuchte ich sie nur zu schütteln, damit sie erwacht. Vorsichtig ergreife ich die schlaffe Hand, die auf der Decke liegt, und drücke sie. Ich versuche, sie gedanklich dazu zu bewegen, dass sie meinen Händedruck erwidert und die Augen öffnet, um mich anzusehen. Aber ihre Hand ist völlig leblos und erschreckend kalt. Ich umklammere sie fest mit meinen fieberheißen Fingern, um sie aufzuwärmen, beuge mich über das Bett und küsse sie zärtlich auf die Stirn. »Ich liebe dich, Grace.«
Durch das Seitenteil des Betts sehe ich all die Drähte, Kabel und Schläuche, über die sie an verschiedene Geräte angeschlossen ist. Für einen derart stillen Ort wie eine Intensivstation sind die Maschinen überraschend laut. Zischend strömt der Sauerstoff durch einen durchsichtigen Schlauch, ein gleichmäßiges Piepsen zeigt den Rhythmus ihres Herzschlags an, und eine Manschette, in die pfeifend Luft gepumpt wird, zeichnet ihren Blutdruck auf. Mit einem Mal gibt es Alarm, und ich zucke zusammen. Als ich sehe, wie Graces Körper zuckt und sie nach Luft ringt, reiße ich entsetzt die Augen auf und schreie: »Warum ist hier niemand, der sie überwacht?«
Ben sieht mich unglücklich an und stellt mit dumpfer Stimme fest: »Schon gut. Das Klingeln ist nur eine Warnung, weil der Sauerstoffgehalt in ihrem Blut gesunken ist.«
Schnell kommt eine Schwester an das Bett, dreht an einem Knopf neben dem Sauerstofftank, wartet ein paar Minuten ab, misst kurz Graces Puls und
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