Gefährliche Gefühle - zu schön zum Sterben
fluchte, hupte und lenkte den Wagen mit fahrigen Bewegungen aus der Ausfahrt. Er wirkte völlig kopflos. Ich konnte nur hoffen, dass Becky die Polizei informierte und uns bald jemand aus den Fängen dieses Irren befreite.
39
D as hast du jetzt davon, Natascha«, sagte Silvy und ihre Stimme klang fast befriedigt. »Dass du dich aber auch immer in den Vordergrund spielen musst!«
Wöbke interessierte das Ãtz-Geschwurbel aber gerade nicht. Zitternd kramte er in seiner Jackettinnentasche herum und holte eine Packung Medikamente raus. Ich kannte sie. Es war Ritalin. Wofür war das noch mal? Ach ja, Basti hatte gesagt, die Studenten nähmen das, um sich besser konzentrieren zu können. War das jetzt gut oder schlecht für uns? Käme ganz darauf an, worauf er sich konzentrieren würde. Darauf, dass es eine verdammt aussichtslose Sache war, uns zu entführen. Oder darauf, alle Mitwisser möglichst schnell zu beseitigen. Darauf würde ich es nicht ankommen lassen. Er warf sich eine ein und schluckte sie trocken herunter. Ich musste dringend eine Möglichkeit finden, ihn zu überwältigen. Oder abzuhauen. Aber wie? Was würde Enzo machen, wenn er an meiner Stelle wäre?
»Was hat sie dir eigentlich angetan, David?«, meldete sich Silvy zu Wort.
»Silvy«, mahnte ich von hinten. »Halt mal die Luft an.« Doch natürlich hörte sie nicht auf mich.
»Ich kann dir helfen, dich zu rächen, wenn du möchtest«, plapperte Silvy weiter.
»Es ist unglaublich, Silvy«, stöhnte ich. »Du hast weder einen Funken Anstand, noch einen Funken Verstand im Leib.«
»Das sagt die Richtige«, keifte Silvy. »Wer von uns beiden hat uns denn in diese Situation geâ¦Â«
»Schnauze jetzt!«, schrie Wöbke hektisch. »Ich knall euch beide ab, wenn ihr nicht die Schnauze haltet!«
»Du hast doch gar keine Knarre, David«, sagte Silvy oberlehrerhaft. »Und auÃerdem willst du das doch gar nicht.«
»Sag mir nicht, was ich nicht will«, schrie Wöbke, fuhr vor Wut einen Schlenker und wäre beinahe in ein parkendes Auto reingefahren. ScheiÃe. Ich musste hier raus! Weg von den beiden Irren.
Ich schaute mich nach einer Waffe um, aber es gab nichts, was ich ihm über den Kopf hauen konnte. Mein Blick fiel auf meine Stiefel. Die Schnürsenkel ⦠hmm. Damit könnte ich ihn von hinten strangulieren. Aber meine Schuhe hatten zehn Ãsen auf jeder Seite. Die alle aufzuschnüren, wäre ziemlich auffällig. AuÃerdem war das mit dem Würgen von hinten auch nicht ungefährlich. Da hätte er auf jeden Fall noch Zeit, mit der Spritze herumzufuhrwerken. Oder er würde den Wagen irgendwo gegenfahren. Und leider konnte ich nicht davon ausgehen, dass mir Silvy zu Hilfe kommen würde. Im Gegenteil. Sie würde sogar ziemlich sicher alles vermasseln. Immerhin wirkte Wöbke jetzt etwas ruhiger. Er umklammerte das Lenkrad, starrte auf die StraÃe und lieà seine Kiefer mahlen. Hinter der Universität bog er rechts ab, brauste noch eine ganze Weile über die Kölner StraÃe geradeaus, um nach etwa einem Kilometer nach links in das Gassengewirr des heruntergekommenen Teils des studentischen Viertels zu fahren. An einem Mehrfamilienhaus mit Graffiti auf der schäbigen Fassade parkte er den Wagen. Wöbke packte Silvy am Arm und zog sie hinter sich aus dem Auto, die Spritze im Anschlag.
»Los, Natascha, raus«, befahl er. Ich folgte den beiden zu einem gelben Haus, dessen Tür offen stand, vermutlich, weil hier sowieso niemand freiwillig reinging. Der Hausflur war dunkel und es stank muffig. Hinter der Erdgeschosstür wummerte grässliche Musik in einem dumpfen, schnellen Rhythmus. Klang nicht gerade, als sei dort die Stütze der Gesellschaft bei der Arbeit. Hilfe von dort konnten wir wohl nicht erhoffen. Wir stiegen die Treppe hoch.
»Wie weit ist es denn noch?«, maulte Silvy nach dem zweiten Stock. Wöbke antwortete nicht, sondern trieb uns weiter bis in den fünften Stock zur Dachgeschosswohnung, schloss die Tür auf und schob uns hinein. Die Wohnung bestand aus einem Zimmer, die Decke war erstaunlich hoch, an den Seiten Schrägen. Eine Küchenzeile mit altmodischem Elektroherd, Arbeitsplatte voll dreckigem Geschirr, ein Schreibtisch, ein vollgestopftes Bücherregal, Schrank, Bett, nicht gemacht, ein alter Röhrenfernseher, abgewetzter Sessel. An den vergilbten
Weitere Kostenlose Bücher