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Gefaehrliche Liebe

Gefaehrliche Liebe

Titel: Gefaehrliche Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Collins
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mich.
    »Ja«, sage ich entschlossen, obwohl mir das Herz in die Hose rutscht. Mags wiegt zwar höchstens dreißig Kilo, aber ich bin auch nicht gerade kräftig. Trotzdem, ich habe bestimmt schon Schwereres getragen. Wenn nur meine Arme nicht so wild zucken würden. Ich hocke mich hin, und sie legt sich über meine Schulter, wie sie es auch bei Finnick immer macht. Langsam strecke ich die Beine und mit durchgedrückten Knien schaffe ich es. Finnick trägt Peeta jetzt auf dem Rücken, und so gehen wir weiter, Finnick vorneweg, ich in der Spur, die er uns durchs Gestrüpp bahnt.
    Der Nebel schiebt sich näher heran, still und regelmäßig und gleichförmig bis auf die greifenden Krallen. Während ich instinktiv wegrennen will, geht Finnick den Hügel schräg hinunter. Er versucht das Gas auf Distanz zu halten und zugleich das Wasser um das Füllhorn zu erreichen.
Ja, Wasser,
denke ich, während sich die Säuretropfen tiefer in mich hineinbohren. Jetzt bin ich so dankbar, dass ich Finnick nicht umgebracht habe, denn wie hätte ich Peeta ohne ihn lebend hier rausbekommen? So dankbar, dass jemand mir beisteht, wenn auch nur vorübergehend.
    Mags kann nichts dafür, dass ich ins Straucheln gerate. Sie versucht sich leicht zu machen, aber Tatsache ist, dass ich so viel Gewicht nicht tragen kann. Zumal jetzt auch noch mein rechtes Bein steif zu werden scheint. Die ersten beiden Male rappele ich mich wieder auf, doch als ich das dritte Mal hinfalle und wieder hochkommen will, spielt mein Bein einfach nicht mehr mit. Es versagt und Mags rollt vor mir auf die Erde. Ich rudere mit den Armen, versuche mich an Ranken und Asten hochzuziehen.
    Im Nu ist Finnick wieder bei mir, Peeta auf dem Rücken. »Es hat keinen Zweck«, sage ich. »Kannst du sie beide tragen? Geh nur weiter, ich hole euch schon ein.« Ein etwas zweifelhafter Vorschlag, aber ich sage es mit aller Zuversicht, die ich zustande bringe.
    Ich sehe Finnicks Augen, grün im Mondlicht. Ich sehe sie so klar wie den hellen Tag. Fast wie Katzenaugen, seltsam reflektierend. Vielleicht, weil Tränen darin glänzen. »Nein«, sagt er. »Ich kann sie nicht beide tragen. Meine Arme machen nicht mit.« Es stimmt. Seine Arme zucken unkontrolliert an seinem Körper. Seine Hände sind leer. Von seinen drei Dreizacken ist nur noch einer übrig und den hält Peeta. »Es tut mir leid, Mags. Ich schaffe es nicht.«
    Was dann passiert, geht so schnell und ist so sinnlos, dass ich keine Chance habe, es zu verhindern. Mags rappelt sich hoch, drückt Finnick einen Kuss auf die Lippen und humpelt dann geradewegs in den Nebel hinein. Sofort wird ihr Körper von wilden Zuckungen erfasst und in einem schrecklichen Tanz fällt sie zu Boden.
    Ich möchte schreien, doch meine Kehle brennt wie Feuer. Ich höre den Kanonenschuss und weiß, dass ihr Herz aufgehört hat zu schlagen, dass sie tot ist, und doch mache ich einen unsinnigen Schritt in ihre Richtung. »Finnick?«, rufe ich heiser, aber er hat sich schon abgewandt und entfernt sich von dem Nebel. Weil mir nichts Besseres einfällt, taumele ich hinter ihm her, das unbrauchbare Bein nachziehend.
    Zeit und Raum verlieren ihre Bedeutung, während der Nebel in mein Gehirn einzudringen scheint, mir die Gedanken verwirrt, alles unwirklich macht. Irgendein tief verwurzelter Überlebenstrieb sorgt dafür, dass ich hinter Finnick und Peeta herstolpere, mich weiterbewege, obwohl ich wahrscheinlich schon halb tot bin. Teile von mir sind tot oder jedenfalls im Begriff abzusterben. Und Mags ist tot. Immerhin das weiß ich, oder vielleicht glaube ich es auch nur zu wissen, denn das alles ist völlig widersinnig.
    Mondlicht, das auf Finnicks bronzefarbenem Haar schimmert, brennend heiße Tropfen wie Nadelstiche, mein zu Holz gewordenes Bein. Ich gehe Finnick hinterher, bis er zusammenbricht, Peeta immer noch auf dem Rücken. Ich kann einfach nicht anhalten und laufe weiter, bis ich über ihre liegenden Körper stolpere und wir einen einzigen Haufen bilden.
Jetzt werden wir alle sterben, genau so,
denke ich. Doch das ist nur ein abstrakter Gedanke, weit weniger beängstigend als die Schmerzen in meinem Körper. Ich höre Finnick stöhnen und klettere irgendwie von den anderen herunter. Ich sehe die Nebelwand, die jetzt perlweiß aussieht. Vielleicht spielen meine Augen mir einen Streich, oder es liegt am Mondlicht, aber der Nebel scheint sich zu verwandeln. Ja, er wird dichter, als würde er gegen eine Glasscheibe gedrückt. Ich kneife die Augen zusammen und

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