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Gefaehrliche Liebe

Gefaehrliche Liebe

Titel: Gefaehrliche Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Collins
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sind wir alle auf den Beinen. Unser Durst. Der Mangel an Wasserquellen. Die spitzen Vorderzähne der Baumratte und ihr nasses Maul. In diesen Bäumen kann es nur eines geben, was begehrenswert ist. Finnick will den Zapfhahn schon mit einem Stein in die grüne Rinde eines kräftigen Baums hämmern, doch ich halte ihn zurück. »Warte. Nachher machst du ihn noch kaputt. Wir müssen erst ein Loch bohren«, sage ich.
    Wir haben nichts zum Bohren, also bietet Mags ihre Ahle an, und Peeta schiebt sie direkt in die Rinde, sodass der Stift fünf Zentimeter tief im Stamm steckt. Abwechselnd vergrößern Peeta und Finnick das Loch mit der Ahle und den Messern, bis der Zapfhahn hineinpasst. Vorsichtig schiebe ich ihn in das Loch und dann treten wir alle erwartungsvoll zurück.
    Zunächst passiert gar nichts. Dann rollt ein Wassertropfen an der Tülle herab und landet in Mags' Hand. Sie leckt ihn ab und streckt die Hand wieder aus.
    Wir bewegen den Zapfhahn hin und her, bis ein dünner Strahl herausfließt. Abwechselnd halten wir den Mund unter den Hahn und benetzen unsere ausgedörrte Zunge. Mags bringt eine Schale herbei, das Gras ist so fest geflochten, dass sie das Wasser hält. Wir füllen die Schale und lassen sie herumgehen, nehmen große Schlucke, und später, als unser Durst gelöscht ist, spritzen wir uns Wasser ins Gesicht und waschen uns. Der reine Luxus. Das Wasser ist eher warm wie alles hier, aber wir können jetzt nicht wählerisch sein.
    Jetzt, wo wir nicht mehr an den Durst denken müssen, merken wir, wie erschöpft wir sind, und treffen Vorbereitungen für die Nacht. Letztes Jahr habe ich nachts immer versucht, meine Sachen zu packen für den Fall, dass ich schnell verschwinden müsste. Diesmal gibt es keinen Rucksack, den ich bereithalten könnte. Nur meine Waffen, die ich sowieso immer festhalte. Der Zapfhahn fällt mir ein und ich hole ihn aus dem Baumstamm. Ich befreie eine kräftige Ranke von ihren Blättern, ziehe sie durch die Röhre und binde den Zapfhahn sorgfältig an meinem Gurt fest.
    Finnick will als Erster Wache halten und ich lasse ihn. Einer von uns beiden muss das übernehmen, bis es Peeta wieder gut geht. Ich strecke mich in der Hütte neben Peeta aus und sage Finnick, er soll mich wecken, wenn er müde wird. Nach ein paar Stunden werde ich von etwas aus dem Schlaf gerissen, das sich wie ein Glockenschlag anhört.
Dong! Dong!
Es klingt nicht genauso wie die Glocke, die an Neujahr im Justizgebäude läutet, aber doch so ähnlich, dass ich das Geräusch erkenne. Peeta und Mags schlafen einfach weiter, aber Finnick scheint genauso wachsam zu sein wie ich. Die Glocke verstummt.
    »Ich hab zwölf gezählt«, sagt er.
    Ich nicke. Zwölf. Was bedeutet das? Ein Glockenschlag für jeden Distrikt? Vielleicht. Aber warum? »Meinst du, das hat was zu bedeuten?«
    »Keine Ahnung«, sagt er.
    Wir warten auf weitere Anweisungen, zum Beispiel eine Nachricht von Claudius Templesmith. Eine Einladung zu einem Festmahl. Das einzig Bemerkenswerte passiert in weiter Ferne. Ein greller Blitz schlägt in einen hohen Baum ein und dann bricht ein Gewitter los. Ich vermute, das kündigt Regen an, eine Wasserquelle für alle, die keinen so schlauen Mentor wie Haymitch haben.
    »Leg dich schlafen, Finnick. Ich bin jetzt sowieso mit der Wache dran«, sage ich.
    Finnick zögert, aber niemand kann ewig wach bleiben. Er legt sich an den Eingang der Hütte, einen Dreizack in der Hand, und gleitet in einen unruhigen Schlaf.
    Ich sitze mit Pfeil und Bogen da und schaue in den Dschungel, der im Mondlicht gespenstisch bleich und grün ist. Nach etwa einer Stunde lassen die Blitze nach. Dann höre ich, wie der Regen einsetzt und ein paar Hundert Meter entfernt auf die Blätter prasselt. Ich warte darauf, dass er bis zu uns kommt, aber das passiert nicht.
    Beim Donnern der Kanone zucke ich zusammen, während meine schlafenden Gefährten davon unbeeindruckt bleiben. Es hat keinen Zweck, sie deswegen zu wecken. Ein weiterer Sieger tot. Ich will nicht darüber nachdenken, wer es sein mag.
    Der undefinierbare Regen versiegt plötzlich, wie der Sturm letztes Jahr in der Arena.
    Wenige Augenblicke darauf sehe ich, wie aus der Richtung, wo eben der Schauer fiel, ein Nebel leise heranschwebt.
Eine ganz normale Reaktion,
denke ich.
Kühler Regen auf dem heißen Boden.
Der Nebel kommt gleichmäßig näher. Kleine Zipfel schieben sich vor und formen sich zu Krallen, als würden sie den Rest hinter sich herziehen. Plötzlich stellen sich mir

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