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Gefaehrliche Liebe

Gefaehrliche Liebe

Titel: Gefaehrliche Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Collins
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den Straßen im Kapitol.«
    Ich trat näher. Meine Finger berührten den Spotttölpel. »Selbst meine Brosche passt jetzt. Spotttölpel sind im Kapitol total angesagt, durch dich. Willst du die Brosche wirklich nicht zurückhaben?«, fragte ich.
    »Quatsch, ich hab sie dir geschenkt«, sagte Madge. Sie band die Haare mit einem festlichen Goldband zurück.
    »Woher hast du sie eigentlich?«, fragte ich.
    »Sie hat meiner Tante gehört«, sagte sie. »Aber ich glaube, sie ist schon lange im Familienbesitz.«
    »Merkwürdig, ausgerechnet ein Spotttölpel«, sagte ich. »Ich meine, wegen der Rebellion. Da haben die Schnattertölpel dem Kapitol doch einen Strich durch die Rechnung gemacht.«
    Die Schnattertölpel waren Mutationen, genetisch veränderte männliche Vögel, die das Kapitol erschaffen hatte, um Rebellen im Distrikt auszuspionieren. Die Vögel konnten sich viele Wörter merken und sie wiederholen, deshalb wurden sie in die aufständischen Gebiete geschickt, damit sie dem Kapitol berichten konnten, was dort geredet wurde. Die Rebellen bekamen das spitz und setzten die Schnattertölpel gegen das Kapitol ein, indem sie ihnen lauter Lügen erzählten. Als das herauskam, ließ man die Schnattertölpel aussterben. Binnen weniger Jahre kamen sie in der Wildnis nicht mehr vor, doch zuvor hatten sie sich mit weiblichen Spottdrosseln gepaart und eine ganz neue Art erschaffen.
    »Aber Spotttölpel sind nie als Waffe eingesetzt worden«, sagte Madge. »Sie sind nur Singvögel. Oder?«
    »Ja, das stimmt wohl«, sagte ich. Aber dem ist nicht so. Eine Spottdrossel ist nur ein Singvogel. Ein Spotttölpel ist ein Tier, das es nach dem Willen des Kapitols gar nicht geben dürfte. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass der streng überwachte Schnattertölpel so schlau sein würde, sich an die Wildnis anzupassen, seinen genetischen Code weiterzugeben, sich in neuer Gestalt weiterzuentwickeln. Sie hatten nicht mit seinem Lebenswillen gerechnet.
    Während ich jetzt durch den Schnee stapfe, sehe ich die Spotttölpel, wie sie von Zweig zu Zweig hüpfen, während sie die Melodien anderer Vögel aufschnappen, sie nachahmen und in etwas Neues verwandeln. Wie immer erinnern sie mich an Rue. Ich denke an den Traum, den ich letzte Nacht im Zug hatte, als ich sie in Gestalt eines Spotttölpels sah und ihr folgte. Hätte ich doch noch ein wenig länger geschlafen und herausgefunden, wohin sie mich führen wollte.
    Zum See ist es ein ganz schöner Marsch, keine Frage. Wenn Gale sich überhaupt entscheidet, mir zu folgen, wird er sich darüber ärgern, dass er so viel Energie verschwendet, die er besser auf die Jagd verwenden könnte. Es war auffällig, dass zu dem Festessen im Haus des Bürgermeisters seine Familie gekommen ist, er selbst aber nicht. Hazelle sagte, er sei krank, das war offensichtlich gelogen. Beim Erntefestival konnte ich ihn auch nicht entdecken. Vick hat mir erzählt, er sei auf der Jagd. Das stimmte wahrscheinlich.
    Nach einigen Stunden komme ich zu einem alten Haus nah am Ufer des Sees. »Haus« ist vielleicht übertrieben. Es besteht nur aus einem Zimmer, ungefähr vier Quadratmeter groß. Mein Vater meinte, dass es hier vor langer Zeit viele Häuser gab - man kann noch Teile der Fundamente sehen - und dass die Leute herkamen, um am See zu spielen und zu fischen. Dieses Haus hat die anderen überlebt, weil es aus Beton erbaut wurde. Der Boden, das Dach, die Decke. Nur eines der vier Glasfenster ist erhalten, es ist mit der Zeit wellig und trüb geworden. Strom und fließend Wasser gibt es nicht, aber der Kamin funktioniert noch, und in einer Ecke ist Holz aufgestapelt, das mein Vater und ich vor Jahren gesammelt haben. Ich zünde ein kleines Feuer an, der Nebel dürfte den verräterischen Rauch verbergen. Während das Feuer anfangt zu brennen, fege ich den Schnee weg, der sich unter den Fenstern ohne Scheiben angesammelt hat; ich benutze dafür einen Reisigbesen, den mein Vater mir gemacht hat, als ich ungefähr acht war und hier Vater-Mutter-Kind gespielt habe. Ich setze mich auf die kleine Betonplatte des Kamins, lasse mich am Feuer auftauen und warte auf Gale.
    Überraschend schnell taucht er auf. Er trägt einen Bogen über der Schulter und an seinem Gürtel hängt ein toter Truthahn. Gale steht in der Tür, als überlegte er, ob er hereinkommen soll oder nicht. Er hält den ungeöffneten Lederbeutel mit Essen in den Händen, die Thermoskanne, Cinnas Handschuhe. Geschenke, die er nicht annehmen will, weil er so

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