Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
Akt. Jonathon hatte irgendwann angefangen, unter zeitweiliger Impotenz zu leiden. Und ich denke, es liegt an mir.
Danach saß ich auf der Toilette, den Tränen nah, und versuchte im morbiden orangefarbenen Leuchten des Nachtlichts zu pinkeln, völlig frustriert über eine Welt, die mir nichts getan hatte. Mein Mann ist ein anständiger Mensch, der von einer Branche, die er nicht kontrollieren kann, an den Rand seiner Möglichkeiten gedrängt worden ist. Mein Sohn ein Teenager, der eben das tut, was Teenager tun, was ihn auf seine Weise wieder vollkommen normal macht. Worüber rege ich mich eigentlich auf? Warum stehe ich so oft kurz davor, wütend zu werden oder in Tränen auszubrechen? Die Eingangstür wurdegeöffnet und wieder geschlossen. Auf der Treppe erklangen Olivers schwere Schritte wie die eines Fremden. Er ist bereits größer als Jonathon und hat eine breitere Brust, aber was sein Gesicht angeht und den Teint seiner Haut, kommt er eher nach mir. Jeder sieht, dass er mein Sohn ist. Die gleichen graublauen Augen und das dunkle, gewellte Haar. Das gleiche schmale Kinn. Die gleichen weißen Zähne und das typische Grübchen aus der Familie meiner Mutter. Als Oliver noch ein Baby war und das erste Mal lächelte, war es dieses Grübchen, dass mir half, mich mit diesem fremden Gefühl, jetzt Mutter zu sein, vertraut zu machen. Ich habe damals meine eigene Mutter mehr denn je vermisst, doch beim Anblick meines hübschen Jungen habe ich ihre Anwesenheit gespürt. Er war das außergewöhnlichste Geschenk, das Jonathon mir überhaupt hatte machen können. Ich dachte darüber nach, während ich mich in meinen Lesesessel hockte, meinen Laptop aufklappte und leise zu arbeiten begann, während Jonathon auf der anderen Seite des Raums lautlos schlief.
Tief atme ich den abgestandenen Zigarettenrauch ein, der das Taxi erfüllt, werfe Oliver einen Blick zu, der neben mir Trübsal bläst, und atme wieder aus. Die Wahrheit ist, es macht mir eigentlich nichts aus, für das anrüchige Vergnügen bezahlt zu werden, gewagte Liebesromane durchzusehen. Ich bin für diese Ablenkung dankbar, ganz zu schweigen vom Honorar. Solche Bücher sind krisensicher, bahnen sich wie Millionen von erotischen Schlachtschiffen ihren Weg in die Hände der Leser und halten die Welt des Buches am Leben. Und schließlich ist Oliver ein guter Junge, ein wirklich guter Junge, der jedes Jahr eine Auszeichnung bekommt, seit er zur Highschool geht.
»Ich weiß, es sieht hier nicht gerade makellos aus«, sage ich. »Aber vergiss nicht, du kommst aus Portland. Im Vergleich dazu ist es auf der ganzen Welt dreckig.«
Oliver seufzt und sieht auf seinem Handy nach, ob er einen Anruf bekommen hat. Dann klappt er es wieder zu und wirft mir ein trauriges kleines Lächeln zu. Es ist jener kleine Riss in der mürrischen Mauer, mit der er sich sonst umgibt, der bedeutet, dass ihm irgendetwas, was er zu mir gesagt oder was er getan hat, leidtut oder dass ihn selbst etwas verletzt hat. Dann will er sich, wie ein kleiner Junge auf dem Spielplatz, versichern, dass seine Mutter immer noch in der Nähe ist. Und genau darum geht es. Das ist der Punkt. Ich bin seine Mutter. Ich werde es immer bleiben. Er braucht nur zu fragen.
»Ich werde morgens zum Frühstück immer frischen Orangensaft machen«, sage ich und tätschele sein Bein. »Den wirst du mögen. Ich mache auch Omeletts. Danach suchst du dir aus, was wir machen wollen. Wir können im Meer schwimmen gehen oder im Pool. Ich freue mich schon darauf, am Strand zu joggen.«
»Ich hasse Schwimmen«, sagt Oliver.
Ich kurbele mein Fenster herunter und stecke wie ein Hund meinen Kopf hinaus. Dann wende ich mich ihm wieder zu. »Du änderst deine Meinung vielleicht, wenn wir erst mal dreißig Grad im Schatten haben.«
»Hat das Apartment keine Klimaanlage?«
»Doch. Aber dort wirst du nicht so oft sein, deswegen ist das egal.«
»Toll. Ich gehe also raus und hole mir stattdessen Hautkrebs.«
Ich balle die Fäuste und werfe einen Blick zu Jonathon auf dem Beifahrersitz, der konzentriert auf seinem BlackBerry herumtippt.
»Arbeitest du?«, frage ich.
»Crackberry«, murmelt Oliver und trommelt mit den Handflächen auf seine Oberschenkel.
Jonathon scheint nichts zu hören, merkt nicht einmal, als der Fahrer voll in die Bremse tritt und sich zwischen einem Auto und einem Motorrad hindurchschlängelt, höchstens ein paar Zentimeter Platz auf jeder Seite.
»Jonathon?«
Er drückt auf »Senden«, dreht sich um und
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