Gefaehrliche Schatten
Sims. Schnell richtete Noah sich auf, schwang sich über das Geländer und landete mit einem harten Schlag auf den Planken. Ein paar Sekunden lang blieb er auf dem Rücken liegen und starrte nach oben. Langsam und erleichtert atmete er auf. Doch dann hielt er wieder die Luft an. Neben seinem Kopf hatte sich etwas bewegt. Als er hinsah, erblickte er die Krallen des Yetis, die sich um zwei der Pfosten gelegt hatten. Das Biest riss einen Teil des Geländers ab, dann sprang es nach oben und landete mit dem Oberkörper auf dem Steg.
Noah rollte sich auf Hände und Knie. Während sich der Yeti noch nach oben zog, flog Noah plötzlich in die Luft. Eine Giraffe hatte sich von hinten genähert, den Kopf durch Noahs Beine gesteckt und ihn dann hochgehoben. Schnell griff Noah nach den Hörnern und schlug die Füße vor ihrem Hals übereinander.
Die Giraffe folgte dem Steg, der von der Wand fortführte und steil nach oben verlief. Noah starrte hinab und stellte fest, dass sie sich in mindestens zehn Metern Höhe befanden. Er sah auf die Kronen der kleineren Bäume. Durch sie hindurch erspähte er die Descender, die immer noch gegen die Yetis kämpften. Sam flog durch die Luft, und Tameron schleuderte seinen Schwanz hin und her. Auf dem Boden lag ein toter oder bewusstloser Yeti.
Noah blickte zurück. Der Yeti war ihm erneut auf den Fersen. Nur noch vier oder fünf Schritte entfernt. Er schwang die Krallen und verpasste nur knapp den gefleckten Rumpf der Giraffe.
«Tu doch etwas!», schrie Noah.
Die Giraffe streckte den Kopf zu einem Netz aus Efeu, das von oben herunterhing. Noah griff danach und zog sich in die Luft. Er schwang zur Seite, bis über eine Plattform und ließ sich darauffallen. Er landete auf den Füßen und lief los. Innerhalb weniger Sekunden begannen die Bohlen zu zittern, und ein Donnern ertönte hinter ihm. Der Yeti polterte hinter ihm her.
Diese Plattform war voller Giraffen. Sie liefen in alle Richtungen und rempelten sich dabei gegenseitig an. Noah lief um ihre langen Beine herum und unter ihren Bäuchen hindurch.
Dabei stolperte er über eins der Beine und krachte auf eine Kreuzung von Stegen. Er rollte auf den Rücken, und der Yeti stürzte sich mit aufgerissenem Maul auf ihn. Doch in diesem Moment griff eine Giraffe von der anderen Seite des Steges ein, schob ihren Hals unter das Biest und schleuderte seinen großen Körper über das Geländer. Der Yeti fiel mindestens fünfzehn Meter durch die Luft und in den sicheren Tod.
Die Giraffe senkte den Kopf und stupste Noah vorsichtig mit der Schnauze in die Seite.
«D-danke», sagte Noah.
Das Tier wackelte mit den Ohren und blickte Noah tief in die Augen. Dann hob es den Kopf und trat zurück, sodass er aufstehen konnte.
Noah kam mühsam auf die Beine und sagte: «Die anderen Pendler … ich muss ihnen helfen.»
Die Giraffe starrte ihn immer noch stumm an. Dann wich sie ein paar weitere Schritte zurück, um Platz zu machen. Noah lief los.
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46. Kapitel
Die Wahrheit
A ls Noah zu den Descendern zurückkehrte, fand er dort auch die Scouts. Er fiel ihnen in die Arme, und seine Freunde hielten ihn fest.
«Was ist mit dem Yeti?», fragte Richie.
«Weg» war alles, was Noah herausbrachte.
Die Scouts drehten sich zu den Descendern um, die die anderen Yetis mittlerweile besiegt hatten. Die vier Teenager sahen aus wie einem Fantasyfilm entsprungen. «Wer seid ihr», fragte Noah.
«Wir sind die Nachkommen der Familien, die während des Yeti-Aufstands ermordet wurden», erklärte Sam.
Auch wenn Noah noch nie von einem Yeti-Aufstand gehört hatte, wusste er, was Sam meinte: Als die Scouts Mr Darby kennenlernten, hatte der alte Mann von einem organisierten Angriff der Yetis auf die Geheime Gesellschaft gesprochen. Dieser Angriff hatte Hunderte getötet und einen großen Teil der Stadt der Artenvielfalt zerstört. Die Yetis, die nicht in der Schlacht gefallen waren, wurden gefangen genommen und in einem eigenen Sektor eingesperrt – ein Sektor, der schließlich zum Dunklen Land wurde. Mr Darby hatte den Angriff als den finstersten Moment in der Geschichte des geheimen Zoos bezeichnet.
«Wir sind ein Teil der Armee des geheimen Zoos», fuhr Sam fort. «Und die Geheime Gesellschaft verlässt sich auf unseren Schutz, sei es nun gegen eine Bedrohung von außerhalb oder von innen.»
«Aber ihr seid doch nur zu viert», meinte Megan.
Sam schüttelte den Kopf. «Es gibt noch mehr von uns.»
«Was? Wie viele?»
«So viele, dass
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