Gefaehrliche Tiefen
WeiÃer Sand. Türkisfarbenes Wasser. Palmen. Delfine. Weiter südlich als Puerto Vallarta war sie noch nie gewesen. Und dieser Typ wollte, dass sie nach Ecuador flog? Sie versuchte, ihrer Stimme einen möglichst gelassenen und professionellen Ausdruck zu geben. »Das klingt interessant.«
Der Zufall hatte es gewollt, dass Sam sich in den letzten Jahren den Ruf einer todesmutigen Abenteurerin erworben hatte. Dem würde sie nicht noch neue Nahrung geben, indem sie sich als Köder für Haie hergab oder sich zu Bungee-Jumping in Vulkane überreden lieÃ. »Um was für ein Projekt handelt es sich?«
Ihr Kater Simon kratzte an der FuÃmatte, die vor der Haustür lag. Ohne den Hörer vom Ohr zu nehmen, ging sie hin und öffnete die Tür einen Spalt breit. Simon schaute in den strömenden Regen hinaus und bewegte den Schwanz hin und her. Zweifellos hatte er etwas Besseres erwartet.
»Wie Sie vielleicht wissen, hat Key in letzter Zeit wegen Spenden für wohltätige Zwecke ungerechtfertigterweise eine Menge negative Publicity bekommen.«
»Das habe ich gelesen.« Key machte Milliardengewinne, aber gespendet hatten sie lediglich Computer, auf denen massenweise ihre eigenen Programme installiert waren, und so hatten sie versucht, ihre Vormachtstellung auf diesem Sektor weltweit zu festigen. Die Geschichte hatte dem Generaldirektor der Firma, Scott F. Key, den Ruf extremer Unersättlichkeit eingebracht â zumal in einer Zeit, in der es als angesagt galt, dass sich die Superreichen mit groÃzügigen Schenkungen an wohltätige Organisationen öffentlich selbst beweihräucherten.
»Wir möchten der Welt zeigen, was uns wirklich am Herzen liegt, deshalb unterstützen wir verschiedene sinnvolle Anliegen und berichten über die entsprechenden Projekte auf
Out There
.«
Sam kannte
Out There
, Keys protzigen Internetauftritt. Neben hoch dramatischen Geschichten bestand er vor allem aus Links zu anderen Webanbietern, die Produkte verkauften, von denen auch Key in irgendeiner Weise profitierte. Höchste Zeit, dass
Out There
mal ein paar vernünftige Themen aufgriff.
»Klingt gut«, erwiderte Sam und strich mit dem Fuà über Simons Rücken. Der Kater schlug die Klauen in die Matte. Sam schloss die Tür und hätte ihm dabei beinahe die Schnurrbarthaare eingeklemmt. Vorwurfsvoll sah er sie aus seinen grünen Augen an. Sam hob ihn hoch und setzte ihn auf die Fensterbank, von wo aus er einen guten Blick auf die Meisen hatte, die sich an den Samen im Vogelhäuschen gütlich taten. Er bewegte den Schwanz hin und her und gab ein paar piepsige Töne von sich, die ihn beinahe selbst wie einen Vogel klingen lieÃen.
»Wir unterstützen Gesundheitsprojekte in Indien und bäuerliche Kooperativen in Afrika«, fuhr Wyatt fort. »Auf den Galapagosinseln arbeiten wir mit der Natural Planet Foundation zusammen.«
Ja! Sam reckte die Faust in die Höhe. Die Natural Planet Foundation ( NPF ) gehörte nicht zu den Gruppierungen, denen es in erster Linie um Schlagzeilen ging. Die Organisation führte weltweit wissenschaftliche Studien über den Zustand der jeweiligen Ãkosysteme durch, und Sam zog ihre Daten häufig für ihre Artikel heran. »Es wäre mir eine Ehre, mit der NPF zu arbeiten.«
»Ich muss noch dazusagen, dass unser Team auf den Galapagosinseln mit einem Doktor der Biologie von der NPF zusammen eine Meeresstudie durchführen wird.«
Noch besser. Sie hatte es satt, immer allein zu arbeiten, menschliche Gesellschaft war eindeutig ein zusätzlicher Anreiz. Vor ihrem geistigen Auge entstand das Bild eines typischen Gelehrten mit grauem Bart, Bifokalbrille und einem freundlichen Lächeln. Sie hatte den Jackpot geknackt. »Wie viele Leute umfasst das Team?«
»Der Meeresbiologe arbeitet für die NPF . Sie werden
Out Theres
unerschrockene Reporterin vor Ort sein.«
»Wie bitte? Ich bin das ganze Team?« Vielleicht war das doch nicht der Jackpot. Wieso gelang es ihr nie, vernünftige Jobs an Land zu ziehen?
»Der Biologe von der NPF ist vor Ort, und die Leser von
Out There
werden glauben, dass wir zwei Reporter auf den Inseln haben. Das machen wir jetzt immer so. Sie müssen jeden Tag zwei Berichte verfassen, aber unter zwei unterschiedlichen Namen.«
Sie hätte wissen sollen, dass es bei einem derart traumhaften Auftrag einen Haken geben musste. »Zwei Berichte
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