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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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verblüfft, daß ihre Angst ein wenig nachließ.
    »Selbstverständlich bin ich das. Ich bot ihr an, den Riß zu flicken.« Gegen ihren Willen füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Ich habe es auch getan.« Sie schluckte krampfhaft und rang mühsam um Beherrschung. »Ich habe die Lilien wieder völlig in Ordnung gebracht, bevor ich zu Bett ging. Es war nichts mehr von dem Riß zu sehen.«
    Hester hätte sie gerne berührt, ihre Hände genommen und festgehalten, aber sie war bereits dabei, ihr den nächsten Schlag zu versetzen, und konnte es nicht. Es erschien ihr scheinheilig, wie ein Judaskuß.
    »Würden Sie das bei Ihrer Ehre beschwören?«
    »Natürlich, aber wem… wem sollte etwas daran gelegen sein jetzt noch?«
    »Bist du wirklich sicher, Beatrice?« Septimus kniete sich unbeholfen vor ihr hin und legte ihr mit einer tapsigen, zärtlichen Bewegung eine Hand auf den Arm. »Du würdest es nicht zurücknehmen, wenn du dir des tieferen Sinns bewußt wirst?«
    Sie starrte ihn entgeistert an. »Es ist die Wahrheit, oder nicht? Was meinst du mit ›tieferen Sinns‹, Septimus?«
    »Daß Octavia Selbstmord begangen hat, meine Liebe, und daß Araminta es mit jemandes Hilfe vertuscht hat, um die Ehre der Familie zu retten.« So leicht ließ sich das Grauen zusammenfassen. In einem einzigen Satz.
    »Selbstmord? Aber weshalb? Harry war schon zwei Jahre tot.«
    »Weil sie an diesem Tag herausfand, wie und warum er sterben mußte.« Er ersparte ihr die häßlichen Einzelheiten, zumindest vorerst. »Sie hat es nicht verkraftet.«
    »Weißt du, was das bedeutet, Septimus?« Beatrices Mund und Kehle waren auf einmal so trocken, daß sie die Worte kaum noch formen konnte. »Percival wurde hingerichtet, weil er sie angeblich ermordet hat!«
    »Ja, Beatrice, ich weiß. Deshalb müssen wir reden.«
    »Jemand aus meinem Haus - aus meiner eigenen Familie - hat Percival kaltblütig umgebracht!«
    »Richtig.«
    »Septimus, ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich damit fertig werden soll!«
    »Dir wird nichts anderes übrigbleiben, als damit fertig zu werden, Beatrice.« Obwohl er sehr sanft mit ihr sprach, klang sein Tonfall bestimmt. »Wir können nicht davor weglaufen. Es gibt keine Möglichkeit, der unangenehmen Wahrheit aus dem Weg zu gehen, ohne alles noch schlimmer zu machen.«
    Sie umklammerte seine Hände und sah zu Hester hinüber.
    »Wer war es?« Ihre Stimme zitterte so gut wie nicht mehr, ihr Blick war offen und direkt.
    »Araminta«, erwiderte Hester.
    »Aber nicht allein.«
    »Nein. Ich weiß nicht, wer ihr geholfen hat.«
    Beatrice bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Sie wußte es - Hester hatte nicht den geringsten Zweifel daran, als sie ihre weiß hervortretenden Fingerknöchel sah und das unterdrückte Keuchen hörte. Trotzdem stellte sie keine Fragen. Sie schaute Septimus kurz an, drehte sich dann um, verließ den Raum, ging die Treppe hinunter und trat durch den Haupteingang hinaus auf die Straße, wo Monk im strömenden Regen stand.
    Ohne zu merken, wie das Wasser ihr an Kleidern und Haaren hinablief, erzählte sie ihm, was vorgefallen war.
    Monk ging schnurstracks zu Evan, Evan zu Runcorn.
    »Blödsinn!« stieß der aufgebracht aus. »Kompletter Blödsinn! Wer hat Ihnen so einen Haufen Unsinn in den Kopf gesetzt? Der Queen-Anne-Street-Fall ist abgeschlossen. Sie werden an Ihrem aktuellen Fall weiterarbeiten, und wenn ich noch ein Wort von dem ganzen Quatsch höre, sind Sie in ernsthaften Schwierigkeiten! Habe ich mich klar ausgedrückt, Sergeant?« Sein langes Gesicht war von einer gleichmäßigen Röte überzogen. »Sie sind Mr. Monk manchmal ähnlicher, als gut für Sie ist. Je eher Sie ihn und sein arrogantes Getue vergessen, desto besser stehen Ihre Chancen, es bei der Polizei zu was zu bringen.«
    »Sie werden Lady Moidore nicht noch einmal befragen?« beharrte Evan.
    »Zum Teufel, Evan - was ist plötzlich in Sie gefahren? Nein, ich werde es nicht tun. Und jetzt raus hier! Kümmern Sie sich um Ihre Arbeit!«
    Evan nahm kurz Haltung an, kämpfte den aufkommenden Unmut nieder, machte auf den Hacken kehrt und verschwand. Statt aber zu seinem neuen Inspektor oder »seinem aktuellen Fall« zurückzugehen, suchte er sich einen Hansom und ließ sich zu Oliver Rathbones Büro fahren.
    Rathbone empfing ihn, sobald es ihm möglich war, seinen augenblicklichen Klienten unauffällig abzuwimmeln.
    »Ja?« fragte er gespannt. »Was gibt es?«
    Klar und präzise teilte Evan ihm mit, was Hester getan hatte. Er

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