Gefaehrliche Versuchung
Geschäften hat – von Diamantenminen bis hin zu Dampflokomotiven.« Sie neigte den Kopf und nahm einen Schluck. »Ich nehme nicht an, dass du ab und zu Proben davon bekommst?«
Bedächtig legte er den Arm um ihre Schultern. »Selbstverständlich bekomme ich die. Auch wenn ich nicht genau weiß, was du mit einer Dampflok anfangen willst …«
Spielerisch schlug sie ihm auf die Brust. »Eine Dampflok würde kaum zu meinem neuen goldfarbenen Ballkleid passen. Das ich übrigens morgen Abend auf dem Ball der Hamptons tragen werde.«
Harry verzog das Gesicht. »Ich schätze, du möchtest, dass ich mitkomme?«
»Man würde von uns erwarten, dass wir tanzen.«
»Ich kann tanzen«, protestierte er. »Wellington hat darauf bestanden. Ich dachte nur, dass ich, wenn ich die Armee verlassen habe, nicht mehr ersucht werden würde, meine Zeit in einem Ballsaal zu verbringen.«
Sie wandte sich ihm zu und sah ihn nachdenklich an. »Ist das so unangenehm für dich?«
Harry dachte über seine Pläne nach – über die Pläne, die er sorgfältig ausgearbeitet hatte, und über die, die er im Wahnsinn der Schlacht gefasst hatte. Kate mochte in der Nacht zuvor die Bilder gesehen haben, doch sie kannte den Zusammenhang nicht. In jedem seiner Träume war er allein gewesen, allein an einem Ort, an dem er die Stille genießen konnte, wo niemand sich auf ihn verließ, wo er niemanden verlor. Wo die Gewalttätigkeiten der Schlacht und die grauenvollen Bilder die Chance hatten, in Vergessenheit zu geraten, während er durch die schlichten Flure und Säle leerer Gebäude wanderte. Er hatte einen ganz anderen Tanz im Sinn gehabt – auf keinen Fall einen Walzer.
»Ich kann mir vorstellen, dass ich mich mit einer schönen Frau in den Armen daran gewöhnen könnte«, sagte er ausweichend. Als er sie ansah, wusste er, dass er ihr nichts vormachen konnte.
»Eines Tages«, sagte sie, als hätte sie jeden Gedanken in seinem Kopf erraten, »werden wir über unsere Zukunft sprechen müssen.«
»Ich nehme an, dass wir das tun werden.« Aber nicht jetzt, wollte er sagen. Lass mich im Moment einfach nur diesen aufkeimenden Frieden genießen, der mich an diesem ungewöhnlichen Ort überrascht hat. Gib mir ein bisschen Zeit, um meine Frau aus den Schatten zu holen – wie ein Reh, das man aus dem Wald lockt.
»Wenn du dir vorgestellt hast zu reisen«, sagte sie und nippte an ihrem Wein, »hast du dir dann ausgemalt, deine Frau mitzunehmen?«
»Eigentlich …« Er stärkte sich mit einem Schluck Wein. Sie verdiente es, die Wahrheit zu erfahren. »Nein.«
Einen Moment lang schwieg sie. »Deine Verlobungen fangen an, einen Sinn zu ergeben. Ich bin froh, dass ich mich eingemischt habe. Es waren zwei junge Frauen, die sich nach dir verzehrt hätten.«
Harry wusste nicht, wie es zu dieser Unterhaltung gekommen war. »Im Gegensatz zu dir?«
»Mich zu verzehren«, sagte sie mit einer majestätisch hochgezogenen Augenbraue, »ist unter meiner Würde.«
Er lächelte. »Das ist mir sehr wohl bewusst, Kate.«
Eine ganze Weile saß sie da, trank von ihrem Wein und blickte auf den trüben grauen Tag vor dem Fenster. Harry wusste, dass er sie ablenken und das Gespräch auf ein anderes Thema bringen sollte. Doch er schien den Mund nicht aufmachen zu können.
»Dann solltest du das tun«, sagte sie unvermittelt.
Er erstarrte. »Was sollte ich tun?«
»Entferne dich so weit von deinen Albträumen, wie es nur möglich ist. Geh ferne Straßen entlang und sieh dir große Städte und zeitlose Gebäude an. Gib dir selbst die zweite Chance, deinen Traum zu leben.«
Ihm stockte der Atem. Ihm war schwindelig. Sie bot ihm all das an, was er sich immer gewünscht hatte. Er sollte ihr einen dankbaren Kuss geben, dann aufspringen und, zur Hölle noch mal, verschwinden. Stattdessen erwischte er sich dabei, wie er sich zu einem Lächeln zwang. »Können wir zuerst die Vaterlandsverräter finden? Ich würde mich als Held ziemlich unzulänglich fühlen, wenn ich dich zurücklassen würde und du umkommen würdest, nur weil ich einen Bazar zeichnen will. Ich hätte vermutlich sogar etwas dagegen, wenn Wellington etwas zustoßen würde.«
Sie wandte sich ihm zu und runzelte die Stirn. »Aber verstehst du denn nicht? Es wird immer irgendetwas geben. Die Regierung oder mich oder Eastcourt oder … ach, ich weiß nicht. Eines Tages wirst du aufblicken, und deine Chance ist vertan. Das könnte ich nicht ertragen.«
Er legte den Kopf schräg. »Tatsächlich?«
Sie schnaubte
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