Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefaehrliche Versuchung

Gefaehrliche Versuchung

Titel: Gefaehrliche Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Dreyer
Vom Netzwerk:
war ein schriller, unheimlicher Laut. »Und mein Vater hat das beschworen.«
    »Natürlich. Warum hätte ich ihm sonst glauben sollen?«
    Er drehte sich um und bemerkte, dass sie den Kopf schüttelte. »Aber ja«, sagte sie. Ihre Stimme war leise, ihr Blick ging ins Leere. »Warum sonst?«
    Ein paar Minuten stand er da, doch sie sagte nichts mehr. »Kate?«
    Sie reagierte nicht, schien ihn nicht einmal wahrzunehmen. Unentwegt schüttelte sie den Kopf. Ihre Augen waren hell und glasig. Ihre Miene wirkte wie versteinert. Aber als er ihre Hand ergreifen wollte, wich sie zurück und faltete die Hände im Schoß. Sie sieht wie ein verlassenes Kind aus, dachte Harry.
    Er ging neben ihrem Sessel in die Hocke. »Kate.«
    Unvermittelt sprang sie auf. »Zieh deine Hose an, Harry.«
    Er stand ebenfalls auf und war vollkommen verwirrt. »Meine Hose?«
    »Ich muss dir etwas zeigen.«
    »Kate, es ist vier Uhr morgens.«
    »Dann sind wir pünktlich.«
    Und ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und lief in Richtung ihres Zimmers. Harry, der zurückblieb, war ratlos. Also zog er sich an.
    Fünf Minuten später traf er vor seiner Tür auf Kate. »Und jetzt?«
    Sie antwortete nicht. Mit einem graubraunen Kleid und einem Umhang bekleidet, ging sie Harry voran den Flur entlang und durch das düstere Haus, bis sie draußen bei den Stallungen waren, wo Harry Licht sah und einen der Stallburschen pfeifen hörte. Kate stieß die Tür zum Stall auf und ging hinein.
    Mit einem abwesenden Lächeln für ihre Bediensteten, die sich verbeugten, begab sie sich in den hinteren Teil des Stalles. Harry konnte hören, wie ein Mann leise auf eines der Pferde einsprach. Als sie näher kamen, erkannte Harry den großen Kerl mit dem ausdruckslosen Gesicht wieder, der ihnen in Diccans Haus geholfen hatte, die Löwen zu besiegen. Er überragte Harry um gute zehn Zentimeter. Kate wirkte gegen ihn wie ein Zwerg.
    »Hallo, Katie«, sagte der Mann mit einem breiten Grinsen und nahm seine Mütze ab.
    Sie ergriff die Hand des Mannes, und er lächelte, als wäre mit ihr die Sonne aufgegangen. Er hielt seine Mütze in der Hand und drückte sie an sein Herz. Harry erinnerte sich, dass seine Bewegungen abgehackt gewirkt hatten, sein Verhalten kindlich.
    »Harry«, sagte Kate, »ich möchte dir George vorstellen.« Sie lächelte ihren Freund an. »George ist mein Cousin.«
    Harry fühlte sich, als wäre er von einem Maulesel getreten worden. Grundgütiger. Das war George? »Unmöglich«, widersprach er. »Du würdest nie … «
    »Nein«, entgegnete Kate verächtlich, »ich würde nie. George, du kennst meinen Freund Harry.«
    George nickte begeistert. »Habe ihm geholfen, dich zu retten, oder?«
    Sie warf ihrem Cousin ein weiteres Lächeln zu. »Das stimmt. Ich wüsste nicht, was ich ohne dich tun sollte, George.«
    George errötete. »Ich wüsste nicht, was ich ohne dich tun sollte, Katie.«
    »Wir lassen dich mal weiterarbeiten, ja?«, sagte sie und tätschelte seine Hand.
    George beugte sich vor, damit Kate ihm einen Kuss auf die Wange geben konnte. Lächelnd sah er ihr hinterher, als sie aus dem Stall ging. Harry folgte ihr steif.
    »Georges Mutter war eines der Milchmädchen auf dem Schloss«, erklärte Kate knapp. »Will, der Bruder meines Vaters, schaute gern Frauen hinterher.« Sie warf einen schnellen Blick über die Schulter. »George war immer am glücklichsten, wenn er bei den Pferden sein konnte.«
    Harry fühlte sich benommen. Er fühlte sich, als hätte Kate ihm in den vergangenen paar Minuten den Boden unter den Füßen weggezogen. Ihr Vater hatte gelogen. Nicht nur gelogen – er hatte vernichtende Beschuldigungen über seine Tochter ausgestoßen. Und alles war frei erfunden gewesen.
    Doch warum? Wenn es Diccans Vater, der Bruder des Dukes, gewesen wäre, hätte Harry es verstehen können. Der Bischof war ein kleinkarierter, herrischer, unglücklicher, herablassender Bastard gewesen. Der Duke of Livingston war das nicht gewesen. Er war der Inbegriff eines edlen, großzügigen und fürsorglichen Menschen – für seine Familie und jeden Menschen auf seinem Grund und Boden. Er hatte im Oberhaus überzeugt und im Geheimen Rat gesessen. Und das alles hatte er mit der Art unbewusster Bescheidenheit getan, die ihn als großen Menschen ausgezeichnet hatte.
    Wie, in Gottes Namen, hatte er Kate verleumden können, wenn sie es nicht verdient hatte?
    Abrupt blieb Harry stehen. »Er kann nicht gelogen haben«, beharrte er. »Er hat nie gelogen.«
    Denn wenn

Weitere Kostenlose Bücher