Gefaehrliche Versuchung
zum Feuern. Ich will nicht, dass irgendjemand da draußen entkommt.«
Er ging mit gutem Beispiel voran und rannte die Treppe hinauf, wobei er immer zwei Stufen auf einmal nahm. Als er die Galerie erreichte, sah er, wie der mondgesichtige George mit der bloßen Faust ein Fenster einschlug. Der Koch Maurice klopfte dem riesigen Mann auf den Rücken und reichte ihm eine Vogelflinte.
»Meinen Sie, dass das eine gute Idee ist?«, fragte Harry.
Maurice grinste. Ein Goldzahn blitzte auf. »Er weiß, wie man schießt, der gute George.«
Harry nickte. »Schießen Sie von oben auf sie herunter, wenn sie sich dem Haus nähern.«
Offensichtlich brauchte George keine Ermunterung. Noch ehe Harry seinen Satz beendet hatte, feuerte der Riese einen Schuss ab. Harry hörte ein unterdrücktes Fluchen und ein lautes Rascheln im Gebüsch. George trat zurück, um Thrasher die Waffe zum Nachladen zu reichen, und warf Harry ein strahlendes Lächeln zu.
Harry wählte ein Fenster und schlug die Scheibe mit dem Gewehrkolben ein. Sein Kopf war klar, die Zeit schien langsamer zu verstreichen. Reflexe, die er vom Schlachtfeld her kannte, setzten ein. Er kniete sich hin und zielte. Trotzdem nahm er alles andere um sich herum auch noch wahr. Unter ihm brüllten seine Männer sich etwas zu. Gewehrschüsse hallten durch die Nacht, und hinter ihm lud Thrasher unermüdlich die Waffen nach. Harry erblickte einen Schatten, der sich über den Rasen bewegte, schoss und reichte Thrasher sein Gewehr.
Harry hatte gerade eine geladene Waffe bekommen, als Frank die Stufen hinaufgestürmt kam. »Sir«, rief er und ging neben Harry in die Hocke, »der Junge.« Er flüsterte.
Harry sah zu Thrasher, der mit zitternden Händen einen Ladestock in einen Gewehrlauf steckte. Frank schien sich ein bisschen zu entspannen. »Ihre Durchlaucht hat sich Sorgen gemacht. Sie meinte, dass Thrasher beim Anblick von Feuer versteinern würde. Er hat seine ganze Familie bei einem Brand verloren.«
Harry reichte ihm eine Pistole und nahm seine Position wieder ein. »Sind Sie sicher, dass die Duchess in Sicherheit ist?«
Frank nahm die Pistole entgegen und prüfte sie. »Absolut, Sir. Niemand wird sie finden.«
Ein Schatten lief über den Rasen, und eine Kugel prallte an der Steinmauer neben Harrys Kopf ab. »Sie könnten es schaffen, hier einzudringen und die Stellung zu überrennen«, warnte er Frank.
»Den Weinkeller werden sie nicht überrennen. Und ich habe den Schlüssel.«
Harry stockte der Atem. Um ihn herum war die Nacht von dem sich ausbreitenden Feuer erhellt, vom Krachen und dem Heulen der Schüsse erfüllt. Doch plötzlich konnte Harry nur noch daran denken, dass Kate im Weinkeller eingesperrt war. Allein. Im dunkelsten, feuchtesten Raum des Hauses.
»Sie haben ihr doch die Laterne dagelassen?«
»Ja, das habe ich.«
Mehr konnte er im Augenblick nicht tun. Er hatte Wichtigeres zu erledigen. »Beziehen Sie unten Stellung, damit Sie schnell zu ihr können.«
Das Feuer erleuchtete praktischerweise den Rasen vor dem Haus. Das Licht brach sich in den Waffen, und Harry zielte auf die Reflexionen. Er wollte gerade abdrücken, als er sah, wie jemand eine Fackel anzünden wollte.
Harry richtete die Waffe auf die Silhouette und betätigte den Abzug. Der Angreifer brach zusammen, und das Feuer, das er gerade entfacht hatte, erfasste seine Kleidung. Harry beachtete die Schreie nicht und warf Thrasher, der auf dem Treppenabsatz kauerte und die Munition um sich herum verteilt hatte, die Pistole zu.
Harry konnte das Krachen und Klirren von zerberstendem Glas hören. Der Widerhall einer Brown-Bess -Muskete war zu vernehmen und das Splittern einer Glasscheibe rechts neben ihm. Er sah, wie ein Mann über den Rasen rannte. Schüsse wurden abgefeuert, aber der Angreifer lief weiter und sprang durch eines der zerbrochenen Fenster. Ein weiterer Mann folgte ihm.
Zu Harrys Rechten erklang ein Grunzen und ein dröhnendes: »Oh Mist!«
Harry drehte sich um und sah Finney, der rückwärts gegen die Zwischenwand der Galerie fiel. Eine Hand hatte er an den Hals gepresst. Rauch drang durch die Zwischenwand, und Harry fragte sich, wie lange der Holzboden der Galerie noch halten würde. Nun hieß es: jetzt oder nie.
»Also gut«, rief er und erhob sich. »Mir reicht es. Wir sollten den Bastarden klarmachen, mit wem sie sich angelegt haben.«
Und mit seiner bunt gemischten Truppe, die ihm laut brüllend folgte, rannte er nach unten – in den Kampf.
Kapitel 5
Nun gut , dachte
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