Gefährlicher Sommer
wird. Lorbeerbäume stehen dort, auf dem Boden wachsen Flechten, und der Sauerklee blüht, was in südlichen Breitengraden befremdlich ist, im Anagagebirge jedoch auf die Passatwinde zurückzuführen ist, die hier ungehemmt und ungebremst ihren Einfluss nehmen. Oft liegen die Wälder dort oben in undurchdringlichem Nebel, während unten im Tal strahlend die Sonne scheint.
Die Familie Galicano bewohnte eine wunderschöne große Villa am Rande der Stadt, ein weißes Haus im maurischen Stil, mit braun gedecktem Dach, Erkern und Balkons, kleinen Türmchen und großen Fensterläden. Umgeben war das Gebäude von einem weitläufigen Garten, in dem zahlreiche Obstbäume standen - aber nicht etwa Äpfel oder Birnen wuchsen dort, sondern Orangen und Zitronen. Der Eingang des Hauses lag an einer ruhigen Nebenstraße, aber der Garten grenzte an die breite, viel befahrene Avenida República Argentina, eine von Eukalyptusbäumen beschattete breite Allee, die auf den MercedesWald zuführt.
Im Haus wurden die Ankömmlinge von Felipe Galicano begrüßt, Manuels Vater, der perfekt Deutsch sprach mit nur einem leisen Akzent und einem etwas fremdartig klingenden Sprechrhythmus. Er öffnete gleich die Gartentür und wies einladend auf den Swimmingpool, der sich unmittelbar an die Terrasse anschloss.
»Ihr seid müde von der Reise«, sagte er. »Ihr solltet ein Bad nehmen!«
»Was für ein riesengroßes Schwimmbad!«, rief Angie. »So eines hab ich ja noch nie gesehen!«
Felipe fühlte sich sichtlich geschmeichelt von Angies unverhohlener Begeisterung. »Ich habe es selbst gebaut«, erklärte er. »Ein Bagger hat die Grube ausgehoben, ich habe zementiert und gekachelt. Ich habe so ein großes Grundstück gekauft, weil ich ein großes Schwimmbad haben wollte.«
Angie sah aus, als wollte sie am liebsten sofort in das einladend blaue Wasser springen, aber Brigitte bremste sie. »Ich schlage vor, Manuel zeigt euch erst einmal eure Zimmer. Ihr packt rasch eure Koffer aus, und dann könnt ihr tun und lassen, was ihr wollt.«
Die Schlafzimmer lagen oben im Haus. Chris sollte bei Manuel wohnen, die drei Mädchen und Hund Tobi bekamen das Zimmer daneben. Sie hatten sogar einen kleinen Balkon.
»Puh, ist das heiß draußen«, sagte Pat und zerrte sich schon die Kleider vom Leib, um in ihren Bikini zu schlüpfen. »Also, ich gehe jetzt ins Wasser! Bis später!« Schon war sie aus dem Zimmer.
Diane schüttelte den Kopf. »Schau nur, wie sie ihre Sachen in den Schrank geknäult hat! Und ihre Schuhe hat sie einfach kreuz und quer unters Bett geschoben. Sie wird nie lernen, Ordnung zu halten!«
»Dafür ist sie eben ... Pat!«, erwiderte Angie. »Sie ist elend schlampig und nachlässig, sie lässt sich von niemandem etwas vorschreiben, sie tut nur, was ihr gefällt - aber sie hat das beste Herz der Welt, und für ihre Freunde und ihre Tiere würde sie durchs Feuer gehen. Wenn es wirklich darauf ankommt, kann man sich hundertprozentig auf sie verlassen.«
Damit hatte sie alles über Pat gesagt, und die ordentliche Diane war besänftigt und beschloss, das Chaos ringsum zu ignorieren.
Es wurde ein herrlicher Nachmittag. Obwohl es schon fast fünf Uhr nachmittags war, schien die Sonne unvermindert heiß. Die Freunde tauchten und schwammen im Pool, sie lagen im Gras und ließen sich die Sonne auf den Bauch scheinen, oder sie räkelten sich in den breiten, bequemen Liegestühlen, die unter der orangefarbenen Markise aufgebaut waren. Tobi lag dicht an die Hauswand gepresst auf den Steinen der Terrasse, denn hier war es immer noch am kühlsten. Mit seinem dicken, zotteligen Fell mochte er die Wärme nicht besonders. Brigitte hatte ihm einen Platz im kühleren Keller angeboten, aber das wollte Tobi nicht. Lieber hechelte er, als dass er sich auch nur einen Schritt von seiner heiß geliebten Pat entfernte.
»Ist das schön«, murmelte Angie und starrte träge in den tiefblauen Himmel. »Haben wir es nicht gut? Was wohl der arme Tom macht?«
»Der liegt im Bett und langweilt sich«, meinte Pat. Sie richtete sich plötzlich auf und wandte sich an Manuel. »Sag mal - ihr habt doch Pferde, oder?«
»Ja. Zwei. Einen Wallach, der heißt Sammy, und die Stute Nina. Aber in dem Stall stehen noch mehr Pferde, und ich habe schon mit den Besitzern gesprochen. Sie leihen sie euch gerne, wenn ihr gut mit ihnen umgeht und dann können wir alle zusammen reiten.«
»Wunderbar!«, sagte Pat zufrieden. Sie dehnte sich ausgiebig. »Habt ihr eigentlich auch so einen
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