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Gefährliches Begehren

Gefährliches Begehren

Titel: Gefährliches Begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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machte mich schon stutzig bei einer solchen Spelunke. Die anderen sprachen ihn nicht mit ›Mylord‹ an, aber es war zwischen ihren Sätzen förmlich zu hören. Der dritte besaß einen Anflug von Cockney in seiner Sprache, als sei er ein Angehöriger der Dienstbotenschicht. Ohne große Vorrede fingen sie an, über etwas zu sprechen, das ich für eine Geschäftsidee hielt. Sie redeten von ›Arrangements‹, ›Zeitplänen‹ und ›Lieferung‹. Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, denn ich fühlte mich von Minute zu Minute schlechter.«
    Der weitere Verlauf ihrer Geschichte würde wieder dazu führen, dass sich ihm der Magen umdrehte, da war er sich sicher. Er fing schon an zu bedauern, dass er so ausgiebig gegessen hatte. Doch glücklicherweise erzählte sie weiter, ohne auf ihre Verdauung einzugehen. »Erst als jemand den Prinzregenten erwähnte, habe ich kapiert, worum es wirklich ging«, erklärte sie.
    Jede Faser von Stantons Wesen war in voller Alarmbereitschaft.
    »Sie sprachen über die Hausparty von Lord Cross und die erwartete Anwesenheit des Prinzregenten und stellten Vermutungen darüber an, dass Seine Hoheit bei solchen Gelegenheiten gerne seine Wachen wegschickte, und wie man diese Chance nutzen könnte, um in seine Nähe zu gelangen.«
    Jetzt war Stanton in zweifacher Hinsicht besorgt. Wenn das, was sie sagte, der Wahrheit entsprach, dann war der Prinzregent in höchster Gefahr.
    Wenn es der Wahrheit entsprach.

    Verdammt noch mal! Sein Instinkt hatte ihn zuvor noch nie im Stich gelassen, aber ausgerechnet jetzt tat er es, da es um ein potenzielles Desaster ging. Er konnte das nicht einfach hinnehmen, diesen Affront gegen seine Zuverlässigkeit. Zugegebenermaßen machte ein Leben, in dem er bisher immer die Oberhand gehabt hatte, eine derart demütigende Erfahrung doppelt schwer zu verkraften.
    Aber was konnte daran schon wahr sein? Die junge Frau war eine notorische Lügnerin. Sie lebte hier in diesem Rattenloch, war durch eigenes Verschulden ruiniert, gelangweilt und zweifellos voller Groll. Nur jemand, der sich geradezu verzweifelt nach Aufmerksamkeit und Bekanntheit sehnte, würde tun, was sie vor fünf Jahren getan hatte. Ihre Verzweiflung kam jetzt einfach wieder hoch, und dieses Mal gedachte sie, ihn mit hineinzuziehen.
    Das war das andere, was ihn verstörte. Warum ausgerechnet ihn? Ihre Begründung, dass er sich als vorurteilslos erwiesen habe, war recht einleuchtend. Der Herrgott wusste, dass er größtmögliche Toleranz aufgebracht hatte, als seine überaus wertgeschätzte Kusine Jane beschlossen hatte, diesen unnützen Spieler Ethan Damont zu heiraten.
    Für seine Umwelt schien Stanton also das Höchstmaß an gesellschaftlicher Toleranz zu personifizieren – und an wen sollte man sich demnach eher wenden, wenn man ein Außenseiter war, der sich durch sein eigenes unziemliches Verhalten selbst ausgeschlossen hatte?
    Das Ganze beruhte allerdings auf einem Irrtum. Stanton tolerierte ein solches Fehlverhalten nicht nur nicht, er verurteilte selbst die kleinste Notlüge aufs Schärfste. Er war in einem Haus voller Lügen aufgewachsen, hatte in einem Morast aus wabernden Unwahrheiten und Heimlichkeiten
gelebt, sodass er sich geschworen hatte, nie mehr etwas zu glauben, was er nicht mit eigenen Augen gesehen hatte.
    Aber das konnte er dieser Frau wohl kaum erklären. Sie starrte ihn an, offensichtlich wartete sie auf eine Reaktion auf ihre Geschichte.
    Verdammt! Am liebsten würde er diese Verrückte einfach als unwesentlich abtun, aufstehen und dieses Loch verlassen, ohne auch nur den geringsten Zweifel daran zu haben, dass es sich bei all dem nur um einen bemitleidenswerten Versuch handelte, ein bisschen gesellschaftliche Anerkennung zurückzugewinnen. Aber er konnte es nicht tun. Solange auch nur der Hauch einer Chance bestand, dass sie die Wahrheit sagte, würde er seine Pflicht aufs Gröbste verletzen, wenn er der Sache nicht auf den Grund ginge.
    Und er verletzte niemals seine Pflicht.
    »Sie sprachen sehr respektvoll von einem anderen Mann. ›Monsieur‹ nannten sie ihn. Offenbar ist Monsieur so weit, einen lange ausgeheckten Plan in die Tat umzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt hörte ich sehr genau hin, das versichere ich Euch.« Sie hielt inne und hustete trocken.
    Stanton erinnerte sich an ihren rauen Hals und stand auf. »Lasst mich nach etwas Tee läuten«, sagte er. Ihre Entscheidung, keinen Wert mehr auf Sitte und Anstand zu legen, war für ihn kein Grund, seine eigenen guten Manieren

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