Gefährliches Spiel der Versuchung
einen Fehler gemacht«, wehrte Orlov ab. »Aber es soll euch beide mahnen, dass unbekannte Hügel sehr gefährlich sein können. In Zukunft müsst ihr beide vorsichtiger sein.«
Orlov registrierte, dass Shannon den Kristall näher untersuchte - mit grimmiger Miene. Und das aus gutem Grund. Denn er hatte ebenfalls festgestellt, dass es weit und breit keinen zweiten Stein dieser Art gab.
»Aber ich werde meine Strafpredigt auf später verschieben«, fuhr er fort. »Jetzt sollten wir dafür sorgen, dass ihr beide ins Herrenhaus zurückkehrt und es euch vor einem lodernden Feuer gemütlich macht.«
Shannon ließ den Stein in die Tasche gleiten. »Gehen Sie schon mal voran. Ich werde unsere Sachen holen und nachkommen.« Ein bedeutungsschwerer Blick auf das Gras gab ihm zu verstehen, dass die Pistolen in all ihrer glänzenden Pracht für jedermann klar zu erkennen waren.
Orlov nickte, dankte den Kindern stumm, dass sie zu erschüttert waren, um die Waffen zu bemerken.
Mit ein paar ausgreifenden Schritten war Shannon bei den Waffen angekommen und hatte sie im Hüftgürtel ihres Rockes verstaut. Von dort aus umrundete sie den Felsen, wie er feststellte, um den Picknickkorb einzusammeln. Und zweifellos, um zu prüfen, ob in der Nähe nicht noch weitere Gefahren lauerten.
Scottie bestand darauf, selbst zu laufen, aber Emma ließ es zu, dass Orlov sie auf die Arme nahm. Das Mädchen war so still, dass er glaubte, sie wäre im Schutz seines hochgeschlagenen Kragens eingeschlafen. Er drückte sie noch fester an sich und summte ein altes russisches Schlaflied.
Erst als Shannon sich ihnen angeschlossen hatte, begann Emma zu sprechen. »Mr. Oliver ist ein echter Held, nicht wahr, Miss Sloane?« Warm und süß strich ihr Atem über seine Wange.
Er lächelte, obwohl ihm bei dem Gedanken, wie wenig gefehlt hatte, sie zu verlieren, das Blut in den Adern gefror.
»Wie einer der Ritter in schimmernder Rüstung, deren Abenteuer wir im Sir Galahad gelesen haben«, fuhr das Mädchen fort.
»In der Tat, ein Held wie im Märchen«, murmelte Shannon. Ihre Stimme klang gelassen, aber ein Seitenblick zeigte ihm das verschwommene Glitzern in ihren Augen.
Verdammt. Die Kriegerin weinte doch nicht etwa?
»In Blaubart der Pirat gab es eine Stelle, wo jemand aus der Mannschaft auf die Klippen geklettert ist, um eine spanische Kanone zu kapern«, ergänzte Prescott, »aber Mr. Oliver war noch tapferer ...«
Die Kinder hatten sich von dem ersten Schock erholt und schnatterten von den Verdiensten der Ritter und Piraten. Orlov war froh, dass sie sich benahmen, als wäre der Ausflug nichts anderes gewesen als ein großes Abenteuer, und nicht etwa, als wären sie nur knapp einer entsetzlichen Katastrophe entkommen. Die Kinder besaßen ausgeprägte Widerstandskräfte. Und was ihre Beschützer betraf ...
Wieder warf er einen Blick auf Shannon. Die Farbe war immer noch nicht in ihr Gesicht zurückgekehrt, und ihre Stimmung schien so düster wie die Wolken, die tief über einem Hügel in der Ferne hingen. Sie wich seinem Blick aus und brachte es kaum fertig, auf die Fragen der Kinder zu reagieren.
Orlov blieb wenig Zeit, über die Gründe für ihre melancholische Stimmung nachzudenken. Kaum hatten sie die Küche des Herrenhauses durch den Hintereingang betreten, erriet die Köchin auch schon an den verschmutzten Gesichtern und der zerzausten Kleidung, dass irgendetwas schiefgelaufen war. In aller Ausführlichkeit wurden die Ereignisse des Nachmittags berichtet. Die Köchin staunte lautstark und klapperte so geräuschvoll mit den Töpfen auf dem Herd, dass Lady Octavia aus dem Salon zu ihnen kam.
»Kleine Teufel!«, stieß die alte Lady aus, als die Geschichte zu Ende erzählt war. Das kurze Schnaufen verwandelte sich in ein »Hmm«, als sie die Schultern straffte und mit dem Finger wackelte. »Ihr habt großes Glück gehabt, gleich zwei Beschützer in eurer Nähe zu wissen. Ihr müsst mir das Versprechen geben, in Zukunft viel vorsichtiger zu sein.«
»Ja, Grandmama.« Emma und Prescott wirkten ehrlich zerknirscht.
Unter den wachsamen Blicken der Witwe wurden die Kinder mit heißer Schokolade und Butterkeksen gefüttert, bevor die Haushälterin sie erst ins Bad und dann ins Bett steckte.
»Sie beide - folgen Sie mir«, fuhr die alte Lady fort und ging voran in den Salon.
Orlov drängte Shannon, die in ihre eigenen Gedanken verloren schien.
»Whisky für alle, junger Mann! Und achten Sie darauf, dass mehr als nur ein Schluck im Glas
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