Gefährliches Spiel der Versuchung
landet.«
Orlov gehorchte und schenkte drei großzügige Gläser ein, achtete darauf, dass Shannon trank, bevor er sich ans Feuer setzte.
»Unfälle können geschehen, Miss Sloane«, begann die Witwe sanft.
»Ja«, bestätigte Orlov rasch, als er die Pein in Shannons Gesichtszügen sah. Es raubte ihm den letzten Nerv, dass sie so niedergeschlagen war. »Selbst wenn man größte Vorsicht walten lässt, kann alles schiefgehen.«
»Genau so ist es. Nur habe ich nicht größte Vorsicht walten lassen. Sondern in meiner Wachsamkeit nachgelassen.« Sie sprach so leise, dass ihre Worte durch das Geknister der Kohlen kaum zu hören waren.
»Woher zum Teufel hätten Sie wissen sollen, was geschehen wird?«, brummte er. »Sie können doch nicht erwarten, in den Blättern des Frühstückstees die Zukunft zu lesen.«
»Man darf aber erwarten, dass ich meine Pflicht tue«, widersprach sie.
Orlov führte das Glas an die Lippen, war überrascht, wie fest seine Finger sich um das Kristall klammerten. So fest, dass es beinahe zu zerspringen drohte. Insgeheim wünschte er sich, die Finger um Lord Lynsleys Nacken legen zu können. Verflucht sei der Mann, der eine junge Frau geschickt hat, um Englands tödlichsten Kampf auszufechten! Es war nichts anderes als eine gefährliche, schmutzige, niederschmetternde Arbeit, selbst für Zyniker wie ihn.
Aber mit Lord Lynsley konnte er sich später immer noch beschäftigen. Jetzt musste er einen Weg finden, Shannon aus ihrer Grübelei zu reißen.
Er dachte kurz nach, bevor er mit einer spöttischen Bemerkung in die Offensive ging. »Um Himmels willen, Shannon, es sieht Ihnen gar nicht ähnlich, in Selbstmitleid zu versinken.«
Shannon riss den Kopf hoch. Ihre Augen blitzten empört.
Endlich wieder das vertraute Feuer. Orlov verbarg ein Lächeln.
Gerade wollte Shannon das Wort ergreifen, als Lady Sylvia in den Salon platzte. »Was ist das für eine Geschichte über meine Nichte und meinen Neffen, die beinahe in der Heide zu Tode gekommen wären?« Sie warf Lady Octavia einen vorwurfsvollen Blick zu. »Ich würde gegen meine Pflichten als Tante verstoßen, wenn ich Angus nicht über den Vorfall in Kenntnis setzte. Ich bin überzeugt, dass er erschüttert wäre, wie nachlässig man es mit dem Schutz seiner Kinder nimmt.«
Noch nie im Leben hatte Orlov darüber nachgedacht, eine Frau zu schlagen. Aber als er registrierte, wie sich auf Shannons Miene wieder die alten Selbstvorwürfe spiegelten, war er ernsthaft in Versuchung, Lady Sylvia eine schallende Ohrfeige zu verpassen.
»Angesichts der Tatsache, dass Sie sich entschlossen haben, die Gentlemen morgen auf ihrer Jagd zu begleiten, Mr. Oliver, werde ich mit den Kindern einen Ausflug nach St. Alban's Abbey machen. Der Ausflug wird ausgesprochen lehrreich sein, und es wird ihnen überaus guttun, dem Herrenhaus eine Weile zu entkommen.«
»Nicht nötig«, mischte sich Lady Octavia ein. »Ich bin überzeugt, dass die Erziehung meiner Enkelkinder in den besten Händen liegt.«
»Wer bist du, dass du dir ein Urteil darüber erlaubst?«, zischte Lady Sylvia atemlos.
»Ich denke, Sylvia hat nur sagen wollen, dass Miss Sloane vielleicht erleichtert wäre, einen Tag von ihren Pflichten entbunden zu sein.« De Villiers stand plötzlich neben der Lady, seine Schritte so leise wie die Worte. Mit einem Blick auf Shannon fügte er hinzu: »Nach den jüngsten Ereignissen fühlen Sie sich bestimmt ein wenig erschöpft, nicht wahr, Mademoiselle?«
»Nein«, erwiderte sie so knapp, dass es an Unhöflichkeit grenzte.
Der Comte hob die Schultern, aber die Entschuldigung wirkte unaufrichtig. »Ich hatte nicht die Absicht, Sie zu beleidigen. Aber leider muss ich feststellen, dass ich Ihnen, wie man in England wohl sagt, auf die Füße getreten bin.«
»Im Moment sitzen wir alle wie auf heißen Kohlen«, beschwichtigte Orlov in wohlverstandener Höflichkeit, obwohl er innerlich kochte. Aber wenn er seinem Temperament freien Lauf ließ, würde er nur noch mehr Öl ins Feuer gießen. »Ich bin mir sicher, dass Lady Sylvias Angebot freundlich gemeint war. Aber Miss Sloane und ich sind überzeugt, dass die Kinder fürs Erste genügend Aufregung durchlebt haben. Es wäre also das Beste, wenn sie den morgigen Tag lesend und mit Unterricht im Hause verbringen würden.«
Sylvia schien wenig erfreut, dass seine Bewunderung für sie nachzulassen schien. »Dabei hatte ich angenommen, dass wenigstens in Ihnen ein Fünkchen Vernunft steckt, Mr. Oliver. Ich bin sehr
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