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Gefährliches Spiel der Versuchung

Gefährliches Spiel der Versuchung

Titel: Gefährliches Spiel der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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augenblickliche Schwäche vergessen zu machen. Das Gespräch hatte zu viel in ihr aufgewühlt. Zu schnell. Zorn und Feindseligkeit waren auch eine Rüstung, wenn man so wollte, und wenn sie diese Rüstung ablegte, würde sie viel zu verwundbar sein.
    »Hat es daran gelegen, dass Lord Lynsley ein Auge auf Sie geworfen hatte?«, hakte Orlov nach, als er sie eingeholt hatte.
    »Dieses spezielle Beispiel meiner Fähigkeiten mit dem Messer hat er nicht bezeugt. Unsere Wege kreuzten sich erst später, als ich die Zuhälter verjagt habe, die zwei meiner Freundinnen verschleppen wollten. Ich nehme an, dass er überzeugt war, meine wilden Instinkte könnten in nützlichere Bahnen gelenkt werden.«
    »Der Marquis würde solche Eigenschaften eher als Mut und Treue beschreiben.«
    Shannons Unterlippe zitterte. »Im Gegenteil. Höchstwahrscheinlich bedauert Lynsley seine Wahl. Natürlich schätzt er Kraft und das Talent, eine tödliche Waffe zu führen. Aber noch mehr schätzt er Disziplin und Pflichtergebenheit.«
    Orlov blieb keine Zeit zu antworten, denn oben vom Hügel drang ein schrilles Kreischen zu ihnen herunter. Er zog die Pistole, rannte auf den Gipfel des Hügels und bedeutete Shannon mit einer Geste, den Felsen zu umrunden, der zu ihrer linken Seite nach vorn ragte.
    Greif zuerst an, was der Feind am meisten liebt. Wie hatte sie Sun Tzus Gebote nur vergessen können, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde? Sie hatte versucht, sich unverwundbar zu machen. Und war jämmerlich gescheitert.
    Der Fels, der über ihre Hand kratzte, wischte sämtliches Selbstmitleid beiseite, das sie noch beschäftigte. Nichts zählte - außer Emma und Prescott zu retten. Schweigend spannte sie die Muskeln an und sprang mit einem Satz auf den Felsvorsprung. D'Etienne würde es nicht leicht haben, Orlov mit geistigen oder körperlichen Waffen zu schlagen. Es würde ein paar Sekunden geben, in denen der Kampf eröffnet wurde, ein Zögern - und wenn es so weit war, würde sie sich auf ihn stürzen und ihn töten. Mit gezogener Pistole steckte sie sich das Wurfmesser zwischen die Zähne und ließ sich problemlos in einen schmalen Felsspalt sinken. Von dort aus robbte sie mit gespannten Muskeln nach vorn, immer bereit, sich ins Getümmel zu stürzen.
    »Verdammt!«
    Shannon entdeckte das klaffende Loch, das mitten auf dem Weg prangte, im selben Augenblick wie Orlov. Durch den Wind und den Regen musste sich das Schiefergestein gelockert und unter den Tritten der Kinder nachgegeben haben.
    Orlov erreichte die Stelle zuerst und warf seine Waffen zur Seite. »Rühr dich nicht!«, rief er, als er sich auf den Bauch legte, bis an den Rand robbte und in den Abgrund linste. »Bitte nicht bewegen, ich bin gleich bei dir.«
    »Ich bin leichter. Lassen Sie mich gehen«, schlug Shannon vor und presste die Lippen fest aufeinander, um nicht mit den Zähnen zu klappern. Im Loch ging es recht steil abwärts, anfangs nur durchbrochen von ein paar schmalen Felsvorsprüngen, bis der Weg in eine glitschige Schlucht führte, in der reißendes Wasser über zersplitterten Steinen und gesplitterten Kiefern tobte. Irgendwie war es Emma gelungen, sich auf einen schmalen Felsvorsprung etwa neun Meter unter ihnen zu retten.
    Es schien, als hätte das wirbelnde Wasser Shannons Vorschlag verschluckt, denn Orlov zog sich bereits den Mantel aus. »Das ist für dich, Scottie.« Der Junge hatte tapfer versucht, zu seiner Schwester zu klettern, aber eine weitere Schieferplatte war abgerutscht und hielt ihn genau außerhalb der Reichweite Orlovs gefangen. »Rühr dich nicht. Ich knote den Ärmel zu einem Seil und werde es zu dir hinunterlassen.«
    Shannon rückte ein paar Zentimeter näher, um die Lage besser überblicken zu können. Es sah nicht gut aus ...
    »Um Himmels willen, bleiben Sie zurück!«, schnappte Orlov. Trotz des Windes standen ihm die Schweißperlen auf der Stirn. »Wenn noch eine Platte abbricht ...«
    Anstatt den Satz zu vollenden, knotete er das letzte Stück des Ärmels und ließ die Jacke an der Felswand entlanggleiten. »Ich möchte, dass du nach dem Ärmel greifst, Scottie, und dich an ihn klammerst. Miss Sloane wird das Ende sichern, während ich zu dir nach unten steige und dich raufhole. Verstanden?«
    Der Junge schaute auf, nickte mit aschfahlem Gesicht.
    Shannon hatte sofort begriffen, was Orlov im Schilde führte, und ergriff das Ende des selbst geknüpften Seils. »Ich habe es.« Sie hielt den Stoff fest in den Fäusten. »Gehen

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