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Gefährliches Spiel der Versuchung

Gefährliches Spiel der Versuchung

Titel: Gefährliches Spiel der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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Nachsicht.« Shannon lächelte wehmütig. »Anders als einige meiner Klassenkameradinnen glauben, höre ich im Unterricht durchaus zu.«
    »Das habe ich bereits begriffen.« Die düstere Vorahnung, die sich in seiner Miene spiegelte, hellte ein wenig auf. »Ich habe meine Kutsche bereits vorausgeschickt und werde die erste Strecke mit Ihnen reiten, um Unterkunft und Versorgung während der Mission zu besprechen. Manche Einzelheiten darf ich nicht zu Papier bringen. Über den Rest können Sie sich ungestört informieren, sobald Sie auf See sind.«
    »Gute Reise, Shannon. Machen Sie sich jetzt auf den Weg!« Mrs. Merlin wedelte mit den Händen.
    Sie grüßte schneidig und eilte rasch durch den gewölbten Flur. Es gehörte zu den ungeschriebenen Gesetzen der Academy, dass Gefühle beim Abschied keinerlei Rolle zu spielen hatten. Als sie den Hof durchquerte, spürte sie dennoch einen dicken Kloß im Hals. Ein Schritt ins Erwachsenenleben. Heraus aus der vertrauten Umgebung - mit dem zerfurchten Wasserspeier, dem rissigen Glockenturm, dem lockeren Riegel am Gatter - und hinein in eine unbekannte. Zum ersten Mal war sie nicht mehr Schülerin, sondern eine vollwertige Agentin.
    Eine von Merlins Zöglingen.
    Jetzt musste sie sich ihrer Flügel als würdig erweisen.
    Shannon nahm zwei Stufen auf einmal, als sie die Treppe zu ihrem Zimmer hinaufeilte. Nicht dass es sie viel Zeit kosten würde, ihre Sachen zu packen. Eine anständige Lady würde einen ganzen Haufen Koffer benötigen, um ihre Garderobe zu transportieren; aber ihr würde ein einziger Seesack reichen. Mit einem Regenmantel, einem Wurfmesser, einem Bündel Dietrichen aus ...
    »Vergiss das hier nicht.« Sofia warf das schmale, in Leder gebundene Buch zwischen die Stahlklingen. »Mag sein, dass du ein paar Momente Ruhe hast, in denen du zum Lesen kommst.«
    »Aber du hast es noch nicht zu Ende gelesen!« Shannon schaute nicht auf, während sie ihre Reithandschuhe zu einer straffen Kugel zusammendrehte.
    »Weshalb ich erwarte, dass du es mir heil und ganz zurückbringst. Es hat mich an den Rand des Ruins gebracht.«
    »Danke, Fifi. Ich werde mein Bestes geben, es unversehrt zurückzubringen.«
    »Streng dich an!« Sofia stützte sich mit der Hüfte auf den Tisch. »Sonst werde ich dir den Hintern versohlen.«
    »Kannst es ja mal versuchen.« Shannon prüfte die Biegsamkeit eines geflochtenen Seils und stopfte es in den Seesack. »Es könnte sein, dass du zwei Wochen lang viel zu wund bist, um auch nur sitzen zu können.«
    Lächelnd tat Sofia so, als würde sie durch den Ballsaal wirbeln. »Nicht, wenn ich außer Reichweite tanze.«
    Beide wussten um die Gefühle, die unter ihren spöttischen Bemerkungen glommen. Als magere kleine Waisenkinder aus den dreckigen Armenvierteln in London aufgelesen und zusammengeworfen waren an der Academy enge Freundinnen aus ihnen geworden. Sie waren füreinander die einzige Familie, die sie je gekannt hatten.
    »Deine Tapferkeit auf dem Parkett überschreitet meine bei Weitem«, gestand Shannon ein. »Von uns dreien bist du immer die größte Lady gewesen.« Als sie bemerkte, dass ihre Freundin das Gesicht verzog, fügte sie hastig hinzu: »Nicht dass ich deine kämpferischen Fähigkeiten gering schätzen würde. Es ist nur so, dass Anmut und Würde zu deinen schlagkräftigsten Waffen gehören, während ich mich auf mein stählernes Handgelenk und ein zielsicheres Auge verlassen muss, um den Feind aus dem Weg zu räumen.«
    Ihre Freundin warf einen langen Blick in ihre Richtung, bevor sie antwortete: »Du solltest deine Stärken nicht unterschätzen, Nonnie.«
    Shannon erhaschte einen Blick auf ihr Spiegelbild, als sie sich das Hemd überstreifte. Obwohl sie so schlank war wie ein Florett, konnte man sie kaum als zerbrechlich beschreiben. Nicht bei ihrer Größe und dem Hauch geschmeidiger Muskeln, der ihre weiblicheren Rundungen betonte. Marco hatte sie einst mit einer Löwin verglichen, hatte auf ihre blonde Mähne und auf ihre unbändige Kraft und Beweglichkeit verwiesen. Außerdem hatte er sich zu ihrem Blick geäußert, hatte ihn bohrend genannt, räuberisch. Die Augen eines Jägers.
    Einen Moment lang starrte Shannon auf das glitzernde Grün, drehte sich dann weg. Wie seltsam. Dort, wo andere Entschlossenheit sahen, hatte sie Zweifel entdeckt. Und was ihr Gesicht betraf ... Während andere ihre Züge als eindrucksvoll beschrieben, bezeichnete sie sich selbst als recht gewöhnlich.
    Sie strich die saubere Wäsche glatt und zog

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