Gefährliches Spiel der Versuchung
Abends kann es in der Heide recht gefährlich werden.«
»Was ist geschehen?«, wollte Orlov wissen.
Shannon berichtete kurz über Lady Sylvias Trickserei und die anschließende Aufholjagd. »Im letzten Moment habe ich dann die Kutsche erreicht.«
Sein Herzschlag wollte beinahe aussetzen, als sie in aller Seelenruhe den Angriff beschrieb. »Ich habe ihn sogar getroffen. Allerdings nicht mehr als eine Fleischwunde. Er wird zurückkehren.«
»M ... meine Schwestern«, stöhnte Talcott, »Sie können sie doch nicht dort draußen dem sicheren Tod überlassen.«
»Verdammt!«, brummte Orlov. Die Mischung aus Wut und Erleichterung verlieh seiner Stimme einen seltsamen Klang. Als sie ihm einen kurzen Blick zuwarf, musste er den Impuls unterdrücken, sie in die Arme zu schließen und ihr die Spuren des Schießpulvers und den Schmutz von den Wangen zu küssen. »Ich bin versucht, sie die Folgen ihrer Trickserei am eigenen Leib spüren zu lassen.«
Shannon schüttelte kaum merklich den Kopf.
»Aber ich glaube, dass wir sie nicht guten Gewissens der Gnade der Wildnis ausliefern können«, schloss er, »unabhängig davon, dass Lady Sylvia nichts anderes verdient hat.«
»Besser, wir sammeln sie wieder ein«, stimmte Shannon zu. »Dann können wir sie alle gleichzeitig verhören. Sieht so aus, als stünden wir kurz davor, das Puzzle endlich lösen zu können.«
Orlov nickte, wurde aber das nagende Gefühl nicht los, dass ein sehr wichtiges Teil noch fehlte. »Kommst du noch eine Weile allein zurecht?«
»Lady Octavia hat die Kinder in ihrer Unterkunft untergebracht und mit Kuchen und heißer Schokolade versorgt. Die Tür ist verriegelt, sodass sie in Sicherheit sind.« In ihren Augen blitzte es gefährlich. »Mach dir um mich keine Sorgen. Falls unser Feind glaubt, er könne meinen Schutzwall durchbrechen, dann werde ich ihm eine Lektion erteilen.«
Orlov lächelte unwillkürlich. »Ich an seiner Stelle würde mich warm anziehen.«
Talcott kicherte nervös. »Verdammt noch mal, man könnte fast glauben, Sie sind beide für das Schlachtfeld ausgebildet und nicht für das Klassenzimmer.«
Shannon brachte ihn mit einem durchdringenden Blick zum Schweigen.
»Ich überlasse es dir, die Gentlemen im Salon zu bewachen«, meinte Orlov. »Im Kamin ist das Feuerholz bereits aufgeschichtet, und die geöffneten Doppeltüren gewähren dir den vollen Blick auf den Korridor.« Er zögerte, sie allein zu lassen, doch ihm blieb keine Wahl. »Ich werde Rawley anweisen, dir Seile zu bringen, wenn du sichergehen möchtest, dass es keinen Ärger gibt.«
»Ich habe Rawley zusammen mit den Gärtnern ins Dorf geschickt«, erklärte sie mit einem schmalen Lächeln. »Und ich bin überzeugt, dass unser Besuch aus London selbst den größten Wert darauflegt, sich wie perfekte Gentlemen zu benehmen.«
»Andernfalls bekommen sie es mit mir zu tun.« Er bedeutete den Männern, sich umzudrehen. »Lassen Sie es sich gesagt sein, Gentlemen, dass jeglicher Übergriff ein anderes Nachspiel haben wird als nur einen Klaps auf den Hintern.«
»Pass auf dich auf, Alex!«, flüsterte Shannon weich. »Ein verwundetes Raubtier ist noch gefährlicher als ein gesundes. Und verschlagener.«
Orlov berührte ihre Wange so sanft, dass die Zärtlichkeit im Zwielicht des schwindenden Tages beinahe verloren ging. »Zwei gegen einen - mir gefällt die Wette, golubuschka.«
»Sie dürfen sich Whisky einschenken.« Shannon wählte das Sofa als den Platz, von dem aus sie den Überblick behalten konnte. »Und wenn dann vielleicht jemand die Güte hätte, das Feuer anzuzünden.«
De Villiers ging zur Anrichte und schenkte sich ein Glas ein. Jervis schloss sich ihm an. Halbherzig versuchte Talcott sich an Flintstein und Zündholz, aber seine Hände zitterten zu sehr, um einen Funken zu erzeugen.
»Entschuldigung«, murmelte er und versuchte, das Zittern mit einem Schluck Whisky zu unterdrücken.
Seufzend legte sie die Pistole beiseite und griff nach der Wachskerze. Sie hatte gerade den halben Weg zum Kamin zurückgelegt, als Jervis plötzlich die beiden anderen Gentlemen verließ und das Schwert von der Wand riss. Bedrohlich fuchtelte er damit herum, kam Schritt für Schritt näher.
»Aus dem Weg! Mit den Geschehnissen an diesem Nachmittag habe ich nichts zu tun. Falls Sylvia ihre Pläne geändert hat, dann soll sie allein dafür büßen. Ich habe nicht die Absicht, hier auf irgendwelche Amtspersonen zu warten.«
Rasch schnappte Shannon sich einen der Degen an
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