Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefährliches Spiel der Versuchung

Gefährliches Spiel der Versuchung

Titel: Gefährliches Spiel der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
Vom Netzwerk:
»Niemand anders als der Teufel persönlich ist in der Lage, einen Schuss aus nächster Nähe zu überleben.«
    »Doch. Jemand, der kluge Vorsicht walten lässt und rechtzeitig die Munition entfernt«, entgegnete Orlov. »Aber ich darf Ihnen versichern, dass meine eigenen Kugeln noch genügend Bisskraft haben. Besser, Sie verkneifen sich jeden Übergriff.«
    »Sacre cœur, Sie haben unsere Jagdgewehre und das Schießpulver sabotiert?«, rief der Comte aus. »Warum? Was geht hier eigentlich vor?«
    Einerseits schien der Mann aufrichtig verwirrt. Andererseits, dachte Orlov, ist D'Etienne in der Lage, jede Rolle perfekt zu spielen. Jegliche Tarnung und Täuschung beherrschte er meisterhaft. »Genau das will ich herausfinden.« Orlov ging hinter den Gentlemen in Stellung, achtete sorgsam auf angemessene Distanz. »Hände an den Hinterkopf, Gentlemen. Abmarsch.«
    Der knirschende Kies bot die passende Melodie für den grimmigen Gang durch die ummauerten Gärten.
    Als die Gesellschaft um die Ecke in den Hof einbog, entdeckte Orlov ein einsames Pferd. Die Überbleibsel des ledernen Geschirrs hingen ihm an den Flanken herunter.
    »Das ist doch Lady Sylvias ...«, begann Talcott.
    »Ruhe.« Orlov spürte, wie jeder Muskel sich anspannte. Hatte er einen fatalen Fehler begangen, als er Shannon erlaubt hatte, den Londoner Ladys allein gegenüberzutreten? Inzwischen sollte er doch gelernt haben, dass weibliche Wesen beachtliche Gegner sein konnten. Weit entfernt, das schwächere Geschlecht zu sein, verfügten auch Frauen über körperliche Kraft. Und über teuflische Gerissenheit. Seine Gedanken überstürzten sich. Was konnte nicht alles passiert sein ...
    »Langsamer jetzt. Und bleiben Sie zusammen.« Orlovs Stimmung verdüsterte sich mit jedem Schritt durch den Hof.
    »Öffnen Sie die Tür!« Er stieß Jervis ruppig an, als der einen Schritt seitlich wagte. Falls sie tatsächlich in die Falle tappten, dann sollte Seine Lordschaft sämtliche Vorzüge genießen können. In der Tat, einen Kugelhagel oder aufblitzende Klingen würde er durchaus willkommen heißen; denn es würde ihm die Last abnehmen, den Mann mit bloßen Händen erwürgen zu müssen.
    Jervis zögerte. Aber dann schien er zu begreifen, dass hinter den schwarzen Eichentüren das geringere von zwei Übeln auf ihn wartete. Er griff nach dem Riegel und schwang die Tür auf.
    Zur Begrüßung schlug ihnen Schweigen entgegen. Die Kerzen standen auf dem üblichen Platz auf der Anrichte und schickten ein sanftes Licht durch die verlassene Halle. Rasch ließ Orlov den Blick schweifen. Nichts schien aus der Ordnung geraten zu sein.
    »Monsieur«, murmelte De Villiers.
    Orlov drückte die Pistole an den Hinterkopf des Comte. »Kein Wort!« Mit der anderen Hand gab er Jervis' Diener zu verstehen, in die kleine Garderobe seitlich des Hauptkorridors zu treten. Welches Spiel auch immer gespielt wurde - der Mann war zwar nur der Bauer, aber es war trotzdem das Beste, ihn aus der Schusslinie zu manövrieren.
    Der Diener wirkte immer noch ein wenig benommen, gehorchte aber und protestierte nicht, als Orlov die Tür schloss und den Schlüssel umdrehte.
    »Und jetzt in den Turm«, befahl Orlov.
    Der offene Zugang und das düstere Treppenhaus jagten ihm einen kalten Schauder über den Rücken. »Shannon«, rief er, beschloss, dass es keinen Zweck mehr hatte, heimlich vorzugehen. Wenn der Feind sich tatsächlich hier aufhielt, hatte er ihre Anwesenheit sicher längst bemerkt.
    Das tote Gestein warf seine heisere Stimme als vielfaches Echo zurück. Eine andere Antwort gab es nicht.
    Talcott atmete verzweifelt.
    Plötzlich hörte man oben Schritte. »Mr. Oliver ...«
    Orlov spürte, wie ihm die Luft aus den Lungen wich, als Shannons Gestalt sich aus den Schatten löste. Sie trug ihr schäbiges Kleid, dessen Kragen sichtlich verschoben war. Die verschmutzten Reitstiefel lugten unter dem Saum hervor.
    »Sieht so aus, als hättest du auch jede Menge Ärger gehabt.«
    »Geht es allen gut?«, fragte er beim Anblick ihrer zerschnittenen Wangen.
    Shannon nickte. »Lady Octavia ist nichts geschehen, wenn man davon absieht, dass sie wegen der Drogen im Tee immer noch ein bisschen müde ist. Den Kindern ist auch nichts zugestoßen.« Sie hatte die Waffe auf die Gentlemen gerichtet. »Aber es war knapp.«
    »Lady Sylvia«, flüsterte Jervis leichenblass.
    Shannon schürzte verächtlich die Lippen. »Für deren Sicherheit würde ich nicht die Hand ins Feuer legen. Oder für die ihrer Freundinnen.

Weitere Kostenlose Bücher