Gefährliches Spiel der Versuchung
wenigen Minuten noch genauso denken.« Shannon ging zu den Eichenstühlen mit hoher Lehne hinüber, die an der Wand aufgereiht waren. »Setzen Sie sich. Allesamt.«
Die Gentlemen gehorchten dem Befehl. Talcott musste dem immer noch ein wenig benommenen Jervis an den Platz helfen. Kaum saß er, ließ Jervis sich leise stöhnend an seinen Freund sinken - das Geräusch wurde umgehend erwidert. Angewidert wandte Shannon sich ab. Im Moment werde ich ihnen keinen zusammenhängenden Satz entlocken können, entschied sie.
Mit dem Comte war es eine andere Geschichte. Während des Kampfes war er bemerkenswert ruhig geblieben. Vielleicht zu ruhig. Höchste Zeit, seine gallische Lebenslust auf die Probe zu stellen, seinen joie de vivre - und wenn er den nächsten Tag noch erleben wollte, tat er besser daran, ein paar ehrliche Antworten zu geben.
»Alors.« Mit tödlicher Eleganz zerschnitt Shannon ihm das Halstuch mit der Schwertspitze. Kaum war das Leinen zu Boden geschwebt, küsste die Stahlspitze seinen Nacken. »Welche Rolle spielen Sie in diesem schmutzigen Spiel?«, herrschte sie ihn an.
Der Comte zuckte nicht. »Ich beobachte nur, Mademoiselle.«
»Sie schauen gern zu, wie unschuldige Kinder ermordet werden?« Ihre Stimme klang trügerisch sanft.
Er versteifte sich. »Ich habe viel zu viele Menschen zur Guillotine gehen sehen, um irgendwelches Vergnügen am Blutvergießen zu empfinden, Mademoiselle. Wie oft waren die Straßen von Paris mit rotem Blut getränkt ... Ein kranker Anblick, dessen sich jeder zivilisierte Mensch schämen sollte.«
»Dann wollen Sie also abstreiten, dass Sie mit einem Ihrer Landsleute zusammenarbeiten? Mit einem Mann namens D'Etienne?«
»Ich bin mit der fraglichen Person nicht vertraut. Wer ist der Mann?«
»Es ist nicht an Ihnen, Fragen zu stellen.« Shannon fuhr ihm mit der Klinge über die Kehle, nur einen Hauch von seiner Haut entfernt. »Wenn Sie nicht mit ihm oder Lady Sylvia verbündet sind, warum haben Sie dann den Weg nach Schottland auf sich genommen?«
»Um ehrlich zu sein, ich habe mich in London ein wenig gelangweilt. Die englische Gesellschaft ist recht stumpfsinnig, die Mode linkisch, das Essen grauenhaft, und selbst in den Ladys steckt nur wenig Savoir-vivre.« Er verzog das Gesicht. »Als Lady Sylvia vorgeschlagen hat, sie nach Schottland zu begleiten, schien es die Chance auf ein kleines Abenteuer.«
»Sie behaupten also, mit der Intrige nichts zu tun zu haben?« Shannon war geneigt, ihm zu glauben, bohrte aber trotzdem weiter. »Dann beweisen Sie es!«
»Das kann ich nicht.« De Villiers zuckte die Schultern. »Daher nehme ich an, dass Sie einen Schritt weitergehen und mich umbringen müssen.«
Es war schwer, solche Kaltblütigkeit nicht zu bewundern. »Die Aussicht scheint Ihnen bemerkenswert gleichgültig zu sein.«
»Vielleicht bin ich nur ein bisschen zynisch«, erwiderte der Comte, »seit ich dem Terror der Revolution nur um Haaresbreite entkommen konnte, bin ich überzeugt, dass meine Jahre ohnehin nur geborgt sind. Es wird mir nicht gefallen, aus meiner sterblichen Hülle zu fahren, aber wenn es sein muss, dann wenigstens mit Würde.«
»Ich bin nicht so skrupellos wie Robespierre.« Shannon zog die Klinge zurück. »Ich gewähre Ihnen den Vorteil meines Zweifels.«
De Villiers atmete hörbar erleichtert aus. »Merci.«
»De rien.«
Er lachte. »Mein Angebot gilt übrigens immer noch. Um aufrichtig zu sein, ich habe die Absicht, einen Heiratsantrag zu machen.«
»Ich bin bereits verheiratet«, erwiderte sie mit zuckenden Lippen, »mit meinem Beruf. Aber trotzdem vielen Dank.«
»Es scheint wirklich eine traurige Verschwendung Ihrer Talente zu sein, dass Sie Unterricht geben, Mademoiselle. «
Shannon zwinkerte ihm zu. »Aber wie Sie sehen, darf ich manchmal auch ungezogene Erwachsene versohlen.«
Dieses E-Book wurde von der "Osiandersche Buchhandlung GmbH" generiert. ©2012
22. Kapitel
O rlov scheuchte die verwirrten Ladys in den Salon. Er fühlte sich wie ein Border Collie, der versuchte, eine Horde verängstigter Lämmer unter Kontrolle zu bringen. Die Tränenflut brachte ihn dazu, Shannons Gleichmut und ihre Tapferkeit nur noch höher wertzuschätzen. Angesichts ihrer Arroganz und der zur Schau gestellten Würde konnten die hochwohlgeborenen Ladys wohl nichts besser gebrauchen als eine Lektion in wahrhaftem Edelmut.
»Randall!« Lady Sylvias Finger klammerten sich an ihre durchnässten Röcke. Das regennasse Haar hatte sich aus der Frisur
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