Gefährliches Spiel
sich die High-Society-Leute noch immer daran berauschten, einem literarischen Genie nahe zu sein. Und natürlich am Champagner.
Veuve Clicquot, was sonst.
Nick konnte sich nicht einmal ein halbes Glas gönnen. Nicht aus Sicherheitsgründen – tatsächlich würde es mehr auffallen und eher den Einsatz gefährden, bei so einer Veranstaltung keinen Tropfen zu trinken als vollständig betrunken zu sein –, sondern weil die in seinem Magen schwappende Säure es ihm nicht erlaubte, auch nur einen einzigen Tropfen herunterzuwürgen. Er würde sich übergeben müssen, und wäre das nicht perfekt für einen verdeckten Ermittler?
Nick erkannte seinen eigenen Körper kaum wieder. Gefahr schreckte ihn nicht, ließ ihn nicht schwitzen und füllte seinen Magen auch nicht mit Säure. Gefahr sorgte normalerweise für absolute Konzentration, ließ ihn messerscharf denken und knallhart handeln, kalt und kontrolliert. Iceman.
Aber nicht jetzt. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er wirklich Angst. Schuld daran waren jedoch nicht die Signale, die er von außen bekam, weder die bewaffneten Wachen überall noch die Kameras. Diese Signale bestätigten nur, dass er es mit Verbrechern zu tun hatte. Was ihm so zu schaffen machte, war nicht greifbar, eine ständig vibrierende Anspannung, die er einfach nicht ignorieren konnte und die mit Charitys Anwesenheit hier zu tun hatte.
Worontzoff hatte die Zeit, die Nick nicht im Zimmer gewesen war, genutzt, um Charity von den anderen Gästen loszueisen und in eine entfernte Ecke des Raumes zu führen. Nick sah sie sofort. In dem Moment, in dem er die Schwelle überschritt, zog sie seine Augen wie ein Magnet an.
Charity stand dicht an der Wand, und Worontzoff schirmte sie mit seinem breiten Rücken von allen anderen ab. Charity bemerkte das natürlich überhaupt nicht. Sie lächelte zu ihm hoch und sprach angeregt auf ihn ein. Ihr hübsches Gesicht war vor Aufregung gerötet.
Nichts an ihrer Körpersprache deutete irgendeine Art von Unbehagen an, auch wenn sie nur eine Handbreit von einem Monster entfernt stand. Sie hatte nicht gelernt zu erkennen, dass er ein Monster war, weil Monster kein Teil ihres Lebens waren. Sie dachte, Worontzoff wäre ein Mensch. Wenn sie auch nur die Hälfte der Dinge gewusst hätte, zu denen er fähig war, hätte sie ganz sicher nicht zu ihm hinaufgelächelt.
Dann streckte der Mistkerl seinen Arm aus und legte ihn Charity um die Schultern. Ihr Lächeln wurde noch breiter. Worontzoff beugte sich herab, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern, und Charitys helles Lachen klang glockenklar durch den ganzen Raum.
Jede Zelle in Nicks Körper schrie auf. Er musste tatsächlich innehalten und einmal tief durchatmen. Am liebsten würde er vorpreschen, Worontzoff den Arm brechen, Charity über seine Schulter werfen und so schnell hinausstürmen, wie es nur menschenmöglich war.
Sein gesamter Körper summte, weil er Charity mit dieser absoluten Dringlichkeit von hier wegbringen wollte. Seine Hand griff nach einer Waffe, die er nicht benutzen konnte, Adrenalin durchströmte seinen Körper, ohne die Möglichkeit, sich zu entladen.
Normalerweise waren seine Ahnungen ziemlich subtil – ein vages Gefühl, dass er Zick statt Zack machen sollte. Aber an dieser Ahnung hier war nichts Subtiles. Dies war dunkelroter Alarm, die gnadenlos heulende Sirene im U-Boot, kurz bevor die Torpedos auftrafen.
Ein Teil davon war natürlich Eifersucht. Vor zwei Stunden hatte er Charitys Schultern mit Küssen übersät, genau da, wo Worontzoffs Arm jetzt lag. Und was die hübsche Brust anging, die gerade gegen Worontzoffs Smoking drückte, die hatte er so häufig geküsst und an ihr gesaugt, dass er das Gefühl hatte, dass sie ihm gehörte.
Also, ja, er war eifersüchtig. Eifersucht hatte er niemals zuvor gefühlt, also brauchte er eine Sekunde, um sie zu erkennen.
Er hasste die Hände eines anderen Mannes auf ihr, dass ein anderer Mann sie zum Lachen brachte, dass ein anderer Mann so nah bei ihr stand.
Aber es war mehr als Eifersucht. Darunter brodelte echtes Grauen, schneidend und elektrisierend. Worontzoff war besessen von ihr, von der Frau, die seine wiedergeborene Katya hätte sein können.
Aber es war eine Fantasie. Charity sah nur aus wie Katya. Sie war eine vollkommen andere Frau, und wenn Worontzoff das schließlich herausfinden würde – dass seine Katya für immer tot war und Charity niemals ihren Platz einnehmen konnte –, wusste Gott allein, wie seine Rache aussehen
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