Gefährliches Spiel
unterbewusste Botschaft – Pass auf sie auf – und begab sich dann zum hinteren Ende des Raums.
Er war gut darin, unbekanntes Terrain zu erkunden. Der Durchbruch im Gonzalez-Fall kam, als er zum zehnten Mal um Mitternacht in Guillermos Büro eingebrochen war und dabei den Jackpot geknackt hatte. Ihm waren zehn Frachtscheine über fast zwei Tonnen Kokain in die Hände gefallen. Das Rauschgift sollte gegen zehntausend Armeegewehre getauscht werden, die wiederum noch in derselben Nacht mit einem netten Hundert-Prozent-Aufschlag bei somalischen Rebellen landen sollten.
Aus den Frachtpapieren erfuhren sie, was, wo und wann passieren würde, und das Eliteteam der Einheit hatte den ersten Deal beobachtet, das Kokain am nächsten Tag beschlagnahmt und die Terroristen, die am zweiten Deal beteiligt waren, ausgeschaltet. Zwei für den Preis von einem. Die Chefetage war geradezu begeistert gewesen.
Aber wie ein Geist durch Guillermos Haus zu schleichen war leicht gewesen. Der Stil eines Unternehmens wurde immer von oben vorgegeben, und Guillermo besaß nahezu keine Selbstkontrolle. Die Nächte, in denen er nicht vollkommen betrunken vom Tequila gewesen war, hatte er high von seinem eigenen Produkt zugebracht. Bei den Wachen war es genauso. An ihnen vorbeizukommen war ein Kinderspiel gewesen.
Das hier war vollkommen anders, da die Wachen nicht im Geringsten high waren. Sie waren nüchtern und wachsam und überall.
Nick hatte kaum die Schwelle eines Raumes übertreten, als ein Bediensteter auf ihn zukam. „Kann ich Ihnen helfen, Sir?“, fragte er in akzentgefärbtem Englisch.
Nick steckte die Hände in die Hosentaschen und klimperte mit seinem Kleingeld. Dabei sorgte er dafür, dass das Ziffernblatt seiner Uhr frei lag und direkt auf den Mann gerichtet war.
„Ja.“ Er schaute sich bewundernd um. „Riesiges Haus. Sehr schön. Viel Kunst.“ Er lächelte dümmlich und beugte sich vor, als würde er ein Geheimnis verraten. „Wissen Sie, ich suche die Toilette. Können Sie mir sagen, wo ich die finden kann?“
Da. Jetzt hatte er den Typen auf Video, direkt von vorne. Wenn er irgendwo in der Welt gesucht wurde, hätten sie bald einen Namen zu diesem Gesicht.
Der Mann nickte ihm ernst zu. „Den Gang hinunter, die letzte Tür zur Rechten, Sir.“
„Großartig“, sagte Nick fröhlich. Nun konnte er um die Ecke gehen und nachsehen, welche anderen Räume dort noch waren. Er machte einen Schritt nach vorne und fand sich Auge in Auge mit dem Mann wieder. Stahlgraue Augen. Nicht blinzelnd. Nicht nachgebend.
Er hatte sich gerade in eine Steinmauer verwandelt und Nick konnte nicht an ihm vorbei, ohne sich auffällig zu verhalten.
„Erlauben Sie mir, Ihnen den Weg zu zeigen, Sir.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte der Mann sich um und ging voraus.
Also gut, so lief das hier also. Niemand durfte allein durchs Haus gehen. Nicht mal eine Sekunde lang.
Es konnte natürlich einfach ein Schutz vor Diebstählen sein, schließlich gab es hier weiß Gott genug zu stehlen. Das Haus ließ Richter Prewitts Villa wie eine Behausung in einer brasilianischen Favela aussehen.
Angestrahlte antike Vasen auf Säulen, papierdünne persische Seidenteppiche, seidene Wandbehänge, der eine oder andere Monet und Picasso … alles sehr kultiviert. Das Heim eines Mannes mit Geschmack und Bildung. Die Art Haus, die Geld allein nicht kaufen konnte.
Das ganze Haus verursachte Nick eine Gänsehaut und ein so starkes Gefühl von Unwohlsein, dass er für eine Sekunde dachte, er müsste sich übergeben.
Jedes Stück, das er hier sah, war mit unermesslich viel Blut und Leid erkauft worden. Jedes Möbelstück, jede Wand mit Büchern und Gemälden – das alles waren die Früchte des Verbrechens, gekauft mit dem Körper eines Opfers. Nick fühlte sich genau so, wie er sich in Guillermos Haus gefühlt hatte – als würde er über menschliche Knochen gehen.
Ohne seinen Kopf zu heben, sah er aus den Augenwinkeln alle eineinhalb Meter winzige in die Deckenzierleisten eingebaute Kameras. Im Bad, wo er sich zwang, ein paar Tropfen herauszupressen, befand sich eine weitere.
Es war völlig unmöglich, herumzustreifen oder gar Wanzen zu installieren. Er würde einen Blick in den großen Empfangsraum werfen können, ins Bad und vermutlich in den Raum, in dem die Musiker auftreten würden. Und das war’s.
Als Nick aus dem Bad trat, tat der Typ nicht einmal so, als hätte er nicht auf ihn gewartet. Wortlos folgte er Nick zurück in den Raum, in dem
Weitere Kostenlose Bücher