Gefährliches Spiel
die ins Gerichtsgebäude führte. „Was sagst du also, Liebling? Wollen wir heiraten?“
Sie sagte gar nichts, sah ihn einfach nur an. Charity hatte ein offenes Gesicht, und Nick wusste immer, was sie dachte. All ihre Gefühle waren direkt sichtbar. Außer in diesem Moment, wo ihr Gesichtsausdruck ihm gar nichts sagte.
Charity blieb stumm. Und es fiel ihm plötzlich auf, dass sie noch gar nicht Ja gesagt hatte.
Schweiß sammelte sich an seinem Rückgrat, unter seinen Armen. Scheiße. Es war ihm überhaupt nie in den Sinn gekommen, dass sie Nein sagen könnte. Was zur Hölle würde er tun, wenn sie ablehnte?
Die einzige andere Möglichkeit war, sie in Schutzhaft zu nehmen. Sie im Prinzip einzusperren. Und bei Gott, er würde es tun. Er würde sie in Handschellen legen, wenn das nötig wäre. Auch wenn sie treten und schreien würde, würde er sie in Haft zerren und dort behalten, bis dieser ganze Scheiß erledigt wäre.
„Nun?“, knurrte er.
Nick konnte spüren, wie seine Muskeln zum Zerreißen gespannt waren. Das tiefe, hartnäckige Summen unmittelbar bevorstehender Gefahr in seinem Hinterkopf schien noch ein paar Dezibel aufzudrehen. Wenn sie Nein sagte, würde er sie hier und jetzt verhaften. Zur Hölle mit Worontzoff. Sie konnten Worontzoff auch ohne sie kriegen. Nick würde sonst wahnsinnig vor Sorge um sie werden und den gesamten Einsatz gefährden. Also blieb nur diese eine Möglichkeit, damit er weiter funktionierte – er musste sie festnehmen und sofort nach Birmingham fahren.
Sie würden sie in ein sicheres Haus bringen und rund um die Uhr bewachen. Sichere Häuser waren im besten Fall etwas heruntergekommen, aber leider meistens wirklich verwahrlost. Er war in mehr als einem gewesen, in dem es Kakerlaken gab. Und jeder, der in einem sicheren Haus bewacht wurde, ernährte sich von Pizza und Bier. Ein sicheres Haus zu bewachen war die langweiligste Aufgabe, die man sich nur vorstellen konnte, und die einzige Art, wie die Männer das aushielten, war, sich komplett gehen zu lassen. Nach einem Tag sah jedes sichere Haus auf der Welt wie das schlimmste Studentenwohnheim aus, und die Männer im Wachdienst verloren währenddessen ungefähr zwanzig Punkte ihres IQs. Fürze anzuzünden war eine extrem beliebte Beschäftigung beim Wachdienst.
Charity würde es hassen, weil sie eine angenehme Umgebung, parfümierte Räume, Blumen in Vasen und frisches Obst und Gemüse gewöhnt war. Sie würde es hassen, in einem sicheren Haus zu leben, ohne jegliche Privatsphäre, ohne ihre Sachen und bewacht von rüpelhaften, gefühllosen Männern.
„Nun“, wiederholte er. Er versuchte, seine Stimme ganz sanft klingen zu lassen. Er – Nicholas Ames, der die Frau, in die er sich verliebt hatte, fragte, ob sie ihn heiraten wolle. Nicht Nick Ireland, der sie einfach entführen würde, falls sie Nein sagte. „Wie ist deine Antwort?“
Plötzlich lächelte Charity. Ihre Augen strahlten. „Ja“, sagte sie sanft. „Oh ja!“
16
Es ging ganz einfach. Und schnell.
An diesem dunklen, eisigen Wintertag wollte niemand sonst heiraten, also wurden sie, nachdem sie die Formulare ausgefüllt und ihre Ausweise vorgezeigt hatten, sofort in ein großes Zimmer mit einem Podium am hinteren Ende geführt.
Der Raum war voll von den Überresten vorheriger Hochzeiten. Große Vasen mit verwelkten Blumen flankierten das Podium und bildeten auf jeder Seite des Ganges eine kleine Ehrengarde. Weiße Satinschleifen hingen an den Fenstern, und der Duft parfümierter Kerzen lag noch immer leicht in der Luft. Die leeren Stühle standen wie Geister im Raum.
Eine lächelnde Frau und ein grauhaariger Mann warteten am Podium auf sie und schauten wohlwollend zu, wie Nick und Charity Hand in Hand den Gang hinuntergingen.
Eine halbe Stunde später kamen sie als Mann und Frau wieder heraus.
Oder vielmehr, Nicholas Ames kam als Ehemann wieder heraus. Nick Ireland war immer noch … was? Single? Ja, rechtlich betrachtet, war er Single. Aber er fühlte sich nicht mehr ledig, nicht mit einer strahlenden Charity an seinem Arm, die glücklich war über ihren neuen Namen: Mrs Ames. In Gedanken zupfte er die Blätter eines Gänseblümchens ab. Verheiratet. Nicht verheiratet. Verheiratet. Nicht verheiratet …
Die ganze Hochzeit war natürlich eine Farce. Er war ein Mann, den es nicht gab, und hatte als solcher geschworen, bis an sein Lebensende treu zu sein. Lächerlich. Er glaubte nicht einmal an die Ehe. Nichts in seinem Leben hatte ihn davon
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