Gefährliches Spiel
Seidenpapier. Sie hatte es bisher nicht getragen. Es war die Ausbeute einer Jagd in einem Designer-Outlet während eines Besuchs bei einer Freundin in Boston. Eigentlich war sie auf der Suche nach praktischen Pullovern für die Arbeit gewesen, war aber nahezu ehrfürchtig stehen geblieben, als sie es gesehen hatte.
Ihre Freundin Mary hatte ihr zugeredet, es zu kaufen. Selbst von siebenhundert auf dreihundert Dollar herabgesetzt war es immer noch unfassbar teuer. Und wozu? Zu der Zeit gab es schon seit Jahren keinen Mann mehr in ihrem Leben. Für wen sollte sie es tragen?
Sie wollte schon Nein sagen, als Mary ihre Hand genommen und sie auf den schräg geschnittenen Rock gelegt hatte. Die Seide war kühl wie Wasser durch ihre Finger geglitten. Es hatte sich sexy und elegant angefühlt, wie ein Artefakt aus einem anderen Leben. Eines, das deutlich aufregender war als ihr eigenes.
Als sie es anprobiert hatte, passte es, als wäre es für sie gemacht worden. Also hatte sie sich überreden lassen und es gekauft, auch wenn sie sich hinterher schuldig gefühlt und es in der untersten Schublade versteckt hatte, fest davon überzeugt, dass sie es niemals anziehen würde.
Und nun trug sie es in ihrer Hochzeitsnacht! Der Gedanke war so verführerisch, dass sie erschauerte.
Sie deckte aufwendig den Tisch, holte die Tischdecke aus flämischem Leinen hervor, das Limoges-Porzellan ihrer Großmutter Prentiss und das Waterford-Kristall ihrer Eltern. Das Familiensilber. Dazu den großen, schweren Kandelaber, von dem eine Familienlegende behauptete, dass ihre Urgroßmutter damit während der Depression einem Eindringling den Schädel eingeschlagen hatte.
Sie bestückte den Leuchter mit Kerzen und machte dann im ganzen Raum weiter. Sie liebte Kerzen und hatte sie in jeder Form und Größe, die meisten mit Vanilleduft. Sie stellte sie auf die Anrichte, den Kaminsims und den Couchtisch und trat zufrieden einen Schritt zurück.
Gegen fünf würde sie alle Lampen ausmachen und die Kerzen anzünden. Nick würde in ein nur von Kerzen erleuchtetes Haus kommen. Es würde wunderschön sein.
Im Schlafzimmer platzierte sie weitere Kerzen auf ihrer Frisierkommode, dem Nachttisch und den Fensterbänken. Der kleine, gemütliche Raum wirkte wie eine Kemenate, bereit für eine Nacht der Lust – zwischen Ehemann und Ehefrau.
Was für ein köstlicher Gedanke.
Sie wechselte die Bettwäsche und benutzte ihre besten Laken aus extrafeiner, geblümter ägyptischer Baumwolle, schwer, gestärkt und nach Lavendel duftend.
Charity holte das Negligé und den Morgenmantel hervor. Sie waren genauso wundervoll, wie sie sie in Erinnerung hatte. Sie ließ ihre Finger über die glänzende Seide gleiten und stellte sich Nicks Gesicht vor, wenn er sie darin sehen würde. Keine Prinzessin der Welt hatte schönere Kleidung für ihre Hochzeitsnacht.
Alles war mehr oder weniger fertig, bis auf sie selbst.
Sie ließ sich ein nach Rosen duftendes Schaumbad ein, ein bisschen zu warm, steckte die Haare hoch auf dem Kopf zusammen und glitt mit einem zufriedenen Seufzer ins Wasser hinein. Das heiße Wasser wärmte sie bis tief in ihr Innerstes und lockerte ihre Muskeln. Charity ließ den Kopf zurück gegen den Wannenrand sinken und schloss die Augen. Sie atmete den aufsteigenden Duft ein und dachte an nichts, war einfach vollkommen glücklich.
Als sie die Augen wieder öffnete, war der Schaum verschwunden und sie konnte sich selbst im Wasser sehen. Sie atmete tief ein und beobachtete, wie sich ihre Brüste hoben. Ihre Brüste. Nick hatte ihre Brüste so aufmerksam und beharrlich verwöhnt, dass man denken könnte, dass sie auch für ihn eine Quelle der Lust waren. Wenn sie sich konzentrierte, konnte sie noch immer seine Lippen spüren, die sanft an ihren Brustwarzen saugten. Bei dem Gedanken konnte sie zusehen, wie sie sich aufrichteten und dunkelrosa färbten.
Jeder Zentimeter ihrer Haut war von Nick sensibilisiert worden. Sie versuchte, an einen Teil ihres Körpers zu denken, den er nicht berührt hatte, fand aber keinen, wenn man von ihren inneren Organen einmal absah. Ihre Zehen, ihre Kniekehlen, Ellenbogen, ihr Bauchnabel, die Haut hinter ihrem Ohr. Erinnerungen, Bilder überfluteten ihren Geist, und sie fühlte das mittlerweile vertraute Kribbeln zwischen ihren Beinen. Dieses Kribbeln war jetzt bis ans Ende der Zeit mit den Gedanken an Nick verbunden.
Ihr Körper. Es erstaunte sie, zu welchen Empfindungen er fähig war. Was war ihr Körper all die Jahre für
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