Gefährliches Spiel
Handy an, bekam aber nur eine Ansage, dass der Teilnehmer zurzeit nicht erreichbar sei und dass sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal versuchen solle.
Viele der Kerzen flackerten, einige waren schon ausgegangen. Sie hatte es übertrieben. Der Duft all der parfümierten Kerzen wetteiferte mit den Essensgerüchen und verursachte ihr eine leichte Übelkeit. Etwas grummelte in ihrem Magen, und sie fühlte, wie ihr Galle und Weißwein hochkommen wollten. Wie durch ein Wunder gelang es ihr, sich nicht zu übergeben, aber es fehlte nicht mehr viel.
Das sollte ihr eine Lehre sein, auf nüchternen Magen zu trinken.
Um Mitternacht tigerte sie mit rasenden Gedanken im Kreis herum. Ihre Fäuste ballten und lösten sich. Sie hatte gerade den Telefonhörer genommen, um bei den Krankenhäusern der Umgebung anzurufen, als es an der Tür klingelte.
Das konnte nicht Nick sein. Er hatte einen Schlüssel. Als sie durch die Vorhänge im Wohnzimmer hinausspähte, sah sie ein Polizeiauto mit flackerndem Blaulicht am Straßenrand stehen. Sie rannte zur Tür. Auf ihrer Veranda stand ein Beamter der Autobahnpolizei. Mittelgroß und mit kurzem militärischem Haarschnitt. Er sah nicht älter als zwölf aus und drehte nervös seinen großen Hut zwischen den Händen.
„Miss Charity Prewitt?“
„Ja?“ Charity starrte ihn mit großen Augen an. Ihre Hand legte sich an ihren Hals. „Tatsächlich bin ich Mrs Nicholas Ames. Was ist passiert?“
Er schluckte. „Es tut mir leid, aber ich muss Ihnen mitteilen, dass es einen Unfall gegeben hat.“
Sie verstand nicht, was er sagen wollte. „Einen … Unfall?“
Er blinzelte und schluckte schwer. „Ja, Ma’am. Ein Lexus ist heute Nachmittag durch die Leitplanke gebrochen und den Berg hinuntergestürzt. Am Hillside Drive. Der Wagen wurde … zerstört. Wir haben die Nummer auf dem Motorblock gefunden, und das Auto war auf einen Mr Nicholas Ames registriert. Unser Computer hat uns gesagt, dass Sie Mr Ames heute Morgen geheiratet haben. Ist das korrekt?“
Charity starrte ihn an. Seine Worte machten keinen Sinn. „Ich verstehe nicht …“
Der Beamte blickte offensichtlich beklommen auf den Notizblock in seiner Hand. „Haben Sie heute Morgen einen Mr Nicholas Ames geheiratet, Ma’am?“
„Ja, ich …“ Ihre Kehle war rau. Sie versuchte zu schlucken, aber ihr Mund war zu trocken. Das konnte nicht wahr sein. Nick war intelligent und stark. Ganz sicher war er aus dem Auto herausgekommen, bevor … „Ja, wir haben heute Morgen geheiratet. Ist … ist mein Mann … ist er …?“ Die Worte wollten nicht herauskommen. Ihre Kehle war verschlossen, und alles, was Charity tun konnte, war, ihn anzustarren.
Als Antwort griff der Beamte in seine Jackentasche und hielt ihr etwas auf der Handfläche entgegen. Ihre Knie gaben nach, und sie musste sich am Türrahmen festhalten.
„Es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen diese schlechten Nachrichten überbringen muss, Ma’am“, sagte der Beamte ernst. „Dies wurde im Auto gefunden. Es gab nichts anderes, was uns einen Hinweis auf seine Identität hätte geben können. Erkennen Sie ihn?“
Auf seiner rauen Handfläche glänzte unter dem hellen Licht der Verandalampe der Claddagh-Ring.
18
Parker’s Ridge
28. November
Ich habe heute meinen Ehemann begraben.
Charity Prewitt Ames umklammerte ihre kalten Knie mit ihren kalten Armen. Sie zitterte am ganzen Körper.
Ehemann. Er war ihr Ehemann gewesen – für wie lange? Fünf Stunden? Vielleicht auch sechs. Das war nicht gerade lang, um eine Braut zu sein. Und jetzt war ihr Ehemann in der eiskalten Erde, und Charity wünschte sich, sie könnte ihm folgen.
Das Telefon klingelte. Und klingelte und klingelte. Charity Prewitt Ames konnte den Hörer nicht abheben. Sie war seit der Beerdigung nicht mehr ans Telefon gegangen. Sie wollte keine Beileidsbekundungen, sie wollte keine vorsichtigen Nachfragen, wie es ihr ginge. Alle wollten wissen, ob sie etwas brauchte.
Ja, ja, sie brauchte tatsächlich etwas, danke der Nachfrage.
Ihren Ehemann. Lebend.
Beileidsbekundungen waren Worte. Nur Worte. Sie konnten ihren Ehemann nicht zurückbringen. Niemand konnte ihr irgendetwas geben, was einen Unterschied machen würde – außer man würde ihr Nick zurückbringen.
Onkel Franklin und Tante Vera blieben Gott sei Dank weg, weil sie ihnen gesagt hatte, dass sie allein sein wollte. Sie liebte sie, aber sie konnte ihnen jetzt nicht gegenübertreten. Selbst wenn sie wusste, dass Tante Vera
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