Gefährliches Talent: Kriminalroman
Jahr 1932.« Dann machte er eine Pause. »Ich allerdings nicht.«
Versuchte er etwa, witzig zu sein? Sie kicherte zaghaft.
Das schien ihn tatsächlich ein wenig sanfter zu stimmen. »Also gut, ich überprüfe die Indexdateien«, sagte er etwas freundlicher. »Galería Xanadu? Wie im Spanischen?«
»Ich weiß nicht, wie man auf Spanisch
Xanadu
schreibt«, sagte sie, denn sie dachte, ein kleiner Scherz ihrerseits könnte die Sache noch erleichtern, und tatsächlich vernahm sie einen sprödes Geräusch, vielleicht seine Art zu kichern. Oder auch nicht. »Ja«, fügte sie eilig hinzu, »Galería mit ›a‹ am Ende.«
Eine Minute Schweigen und dann: »Wir haben tatsächlich Material von dieser Galerie.« Er schien überrascht. »Anscheinend wurde sie in den Sechziger- und Siebzigerjahren betrieben. Wir haben vier … fünf … sechs Kataloge.«
»Großartig!«, rief sie ganz aufgeregt. »Kann ich heute Morgen noch vorbeikommen und sie mir ansehen? So gegen elf?«
»Viertel nach elf passt besser. Dann dürfte ich Zeit haben.«
»Also viertel nach. Vielen Dank. Bis gleich.«
»In Ordnung. Ich lege die Kataloge für Sie raus. Ms London, habe ich richtig verstanden? Sie waren mit Elizabeth befreundet? Darf ich Ihnen mein Beileid aussprechen? Was für eine furchtbare Geschichte.«
»Nein, wir waren nicht befreundet. Ich habe sie erst gestern kennengelernt.«
»Ach so. Na ja, trotzdem herzliches Beileid.«
KAPITEL 11
Nachdenklich ging Alix zurück ins La Plazuela und setzte sich wieder an ihren Tisch, auf dem noch immer ihr nun kalter Kaffee stand. Aber bevor sie wieder in Gedanken versinken konnte, stand Chris an ihrem Tisch, nahm sich den Stuhl ihr gegenüber und ließ sich mit ihren ganzen ein Meter fünfundachtzig darauffallen. Alix hatte sie schon erwartet. Irgendwann nachts hatte Chris einen Zettel unter ihrer Tür durchgeschoben, auf dem sie einen frühen Brunch in diesem Restaurant vorschlug.
»Morgen, Chris, wie geht’s …«
»Kaffee«, krächzte Chris. »Ich brauche Kaffee, dringend.«
»Hier, trinken Sie meinen. Ich habe ihn nicht angerührt. Ist aber sicher kalt.«
»Egal.« Chris packte die Tasse mit beiden Händen, so wie jemand in einem Rettungsboot nach drei Tagen auf hoher See nach einem Blechnapf Süßwasser greifen würde, trank die Tasse mit drei großen Schlucken fast leer und seufzte dankbar. »So, jetzt geht’s mir besser. Ich fühle mich wieder wie ein Mensch. Gleichfalls guten Morgen«, sagte sie ein bisschen lebendiger.
Chris hatte offensichtlich nicht viel geschlafen, aber sie war wie immer makellos gestylt; diesmal im modernen Südwest-Stil:aktuelle taillierte Navajo-Bluse aus Rohseide, Navajo-Lotusblütenkette aus Silber und Türkis, passende Ohrringe, zwei silberne Armreifen, Jeans und hochhackige Stiefel. Aber als sie ihre teure Rundum-Sonnenbrille ins Haar schob, verrieten sie ihre blutunterlaufenen, müden Augen.
Sie schüttelte den Kopf. »Mann, was für eine Nacht.«
»Wann hat die Polizei Sie denn endlich gehen lassen?«
»Um eins. Und Sie?«
»Um eins? Ich war um halb elf wieder im Hotel.«
»Na ja, Liz und ich kannten uns seit Jahren. Sie hatten jede Menge Fragen.«
»Haben Sie …« Alix zögerte. »Haben Sie denen das… na, Sie wissen schon, das mit Craig erzählt?«
Chris spielte mit ihren Armreifen und biss sich auf die Lippe. Dann sagte sie schulterzuckend: »Ja.«
»Die ganze Geschichte?«
»Ja.« Sie trank den Kaffee aus. »Ich habe mich total mies dabei gefühlt, ihn da mit reinzuziehen. Er konnte natürlich gar nichts damit zu tun haben. Aber die Polizei muss über so was einfach Bescheid wissen.«
Alix nickte. »Ja, stimmt wohl. Und wenn sie es später rausgefunden hätten …«
»Das hätten sie garantiert.«
»… dann hätten sie sich gefragt, warum Sie nichts gesagt haben.«
»Eben. Trotzdem habe ich ein schlechtes Gefühl dabei. Wahrscheinlich haben sie ihn schon zum Verhör vorgeladen. Hoffentlich nimmt er es mir nicht übel.«
»Nein, sicher nicht, Sie haben richtig gehandelt, Chris.« Ganz so sicher war sie sich dessen nicht, aber Chris brauchte offensichtlich ein wenig Zuspruch. Und Alix brauchte Schmerztabletten. »Chris, Sie haben nicht zufällig Aspirin dabei? Ich habe leichte Kopfschmerzen.«
Chris schüttelte den Kopf. »Nicht bei mir. Hier gibt’s aber einen Souvenirladen. Wollen Sie …«
»Nein, ich kann warten, so schlimm ist es nicht. Essen wir erst mal was.«
Sie bestellten noch Kaffee, außerdem
huevos
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