Gefährliches Talent: Kriminalroman
war – fünfzig Jahre lang. Ich würde gern hinfahren und mir die Gegend selbst ansehen.«
»Mit über neunzig hat sie noch gemalt?«
»Und dann hat sie auch nur aufgehört, weil sie blind wurde.«
»Ja, ich kann mir vorstellen, dass das hinderlich war.«
»Und dann hat sie eben angefangen zu töpfern. Das hat sie bis zu ihrem Tod gemacht. Sie ist nur wenige Monate vor ihrem neunundneunzigsten Geburtstag gestorben.
»Was für eine Frau«, sagte Chris.
»Es gäbe noch viel mehr über sie zu erzählen.« Alix war froh, dass sie sich nach Chris’ Anruf einiges angelesen hatte. »Na ja, jedenfalls ist die Ghost Ranch jetzt ein Konferenzzentrum – schon seit über fünfzig Jahren – und wenn Zimmer frei sind, kann man dort übernachten. Und das habe ich vor.«
»Sie wollen da hochfahren?«
»Ja, aber unterwegs will ich auch in Taos Halt machen. Taos war ihre erste Station hier in der Gegend. Haben Sie schon mal was von Mabel Dodge Luhan gehört?«
Chris runzelte die Stirn. »Nicht viel … eine reiche Frau, schillernde Persönlichkeit, avantgardistisch … in den Zwanziger- und Dreißigerjahren eine große Nummer in der Kunstszene von Taos, meinen Sie die? Die kannte jeden: D. H. Lawrence, Ansel Adams, Martha Graham …«
»…
und
Georgia Totto O’Keeffe«, sagte Alix. »Sie schmiss gern Partys und bei ihr traf sich alles, was im Kulturbetrieb Rang und Namen hatte, auch Georgia O’Keeffe. Sie war öfter bei Mabel zu Gast und hat viele Bilder von der Landschaft rund um das Anwesen gemalt. Da hat sie wohl ihre Liebe für New Mexico entdeckt. Ich bin sicher, ich habe irgendwo gelesen, dass das Haus noch steht. Hoffentlich erlaubt mir der jetzige Besitzer, mich darin umzusehen, damit ich die Stimmung aufnehmen kann. Ich will versuchen, es mit ihren Augen zu sehen und zu verstehen, warum sie ihre Zelte in New York angebrochen und dem angenehmen Leben und dem Erfolg den Rücken gekehrt hat.«
»Das ist ja alles schrecklich interessant, aber noch mal: Schaffen Sie das alles in drei Tagen?«
»Ich kann’s auf jeden Fall versuchen: zwei Orte in drei Tagen. Die Ghost Ranch ist etwas weiter, aber auch in ein paar Stunden zu erreichen. Warum also nicht?«, sagte sie zuversichtlich, zögerte dann aber. »Es gibt nur ein Problem.«
»Und zwar?«
»Ich brauche wenigstens einen Teil meines Honorars. Mietwagen, zwei Übernachtungen …«
»Natürlich können Sie das haben, aber es nicht nötig. Sie arbeiten schließlich für mich, also übernehme ich auch die Kosten.«
»Das stimmt nicht ganz, Chris. Ich mache es auch für mich selbst. Vielleicht sogar hauptsächlich aus eigenem Interesse.«
»Das sehe ich aber anders. Das ist immer noch vor allem meine Angelegenheit. Ich bin besonders betroffen, denn man hat vielleicht versucht, mir eine Fälschung anzudrehen; eine meinerältesten Freundinnen ist umgebracht worden, und meine neueste Freundin musste auch beinah dran glauben. Ich will wissen, was hier gespielt wird. Also geht das auf meine Rechnung und damit basta. Ich komme übrigens mit, ob es Ihnen passt oder nicht.«
Alix passte es wirklich nicht. »Ich weiß nicht, Chris«, sagte sie zögernd. »Es musste schon jemand sterben und ich bin nur knapp mit dem Leben davongekommen. Wer weiß, was als Nächstes passiert? Ich hätte kein gutes Gefühl dabei, Sie mit reinzuziehen …«
»Mich mit reinziehen? Machen Sie Witze? Ich habe Sie doch mit reingezogen und ich lasse Sie auf gar keinen Fall ganz allein da oben durch die Wildnis irren. Und außerdem ist da noch was.« Ihr Gesicht verhärtete sich. »Ich will wissen, ob ich für Liz nur ein leichtes Opfer war, dem sie für drei Millionen eine Fälschung aufschwatzen wollte. Denn so langsam glaube ich, Sie haben recht, was die Affäre zwischen Liz und Craig angeht. Damit hätte sie mich jetzt zum zweiten Mal hinters Licht geführt. Aber ich will es eben genau wissen. Deshalb haben Sie mich am Hals und Sie können nichts dran ändern.«
Alix lächelte und entspannte sich. »Ich bin froh, dass Sie mitkommen. Es ist schön, jemanden dabeizuhaben«, sagte sie ehrlich. »Auch wenn dieser Jemand einen manchmal rumkommandiert.«
»Das will ich nicht gehört haben. Also …« Chris schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und stand auf. »Kommen Sie schon, Sie Expertin, wird dürfen keine Zeit verlieren. Wir holen Ihnen ein paar Aspirin und dann machen wir uns am besten direkt auf den Weg nach Taos. Wir vergeuden hier nur unsere Zeit. Es ist fast
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