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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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aufgefallen, die sich von der Leiste bis in die Kniekehle zogen. Slyman wusste zwar, dass Tätowierungen unter den Gnomen sehr verbreitet waren und dass sie als Zeichen von Männlichkeit galten, aber er konnte sich nicht vorstellen, wie der Ka-da-lun sich die Narben zugezogen hatte, und deshalb hatte er ihn danach gefragt.
    »Das ist ein Initiationsritus.« Rabba Nix hatte geschnaubt und dabei das Gesicht verzogen. »Ich erinnere mich genau, wie weh das getan hat. Das ist drei Jahre her. Bei uns ist das so: Wenn du dreißig und damit erwachsen wirst, gibt es ein Initiationsfest und dann macht man zwei Schnitte mit einem geweihten Dolch, und zwar genau dort, wo die Narben geblieben sind. Diesen Dolch trägst du dann dein Leben lang als Waffe. Ich habe ihn hier.« Er hatte ihn mit drei elastischen Bändern aus Tierdarm an seinem Unterarm festgemacht.
    Sein Kurzschwert mit dem Griff aus geschnitztem Horn trug er in seinem Röckchen. Er hatte Slyman zwei Ösen im Innenfutter gezeigt, in die er die Klinge steckte.
    »Wie schaffst du es, die Waffe zu ziehen, ohne dir wehzutun?«, fragte Slyman erstaunt.
    »So«, antwortete der Ka-da-lun und zog das Kurzschwert mit einer blitzschnellen Bewegung.
    Slyman verschlug es die Sprache. Er hätte das nie geschafft, ohne sich dabei den unteren Rücken zu verletzen. »Ziemlich unglaublich«, sagte er bewundernd.
    »Das ist doch ganz normal«, meinte Rabba Nix schnippisch. »Euch Elben erscheint alles immer gleich unmöglich, nur weil ihr es nicht könnt.«
    »Ich bin kein Elb, sondern ein Ewiger«, rief Slyman empört und damit hatte ihr Gespräch geendet.
    »Was gibt es da zu glotzen? Hast du noch nie einen Ka-da-lun gesehen?«, fuhr ihn Rabba Nix jetzt an und schürte das Feuer.
»Du siehst mich schon den ganzen Abend mit dieser krankhaften Neugier an. Ich bin ein ganz normaler Ka-da-lun.«
    »Entschuldige.« Slyman sah verlegen zu Boden. »Nein, ich habe tatsächlich noch nie einen Ka-da-lun gesehen. Außer in Büchern.«
    »Ich habe nichts mit diesen geschniegelten Kerlen aus den Büchern von euch Elben zu tun«, erklärte Rabba Nix. »Ich bin weder ein Püppchen für Kinder noch so ein netter Spaßmacher mit spitzen Ohren. Ich bin ein intelligentes Wesen, unbarmherzig, schlau und gefährlich. Aber du siehst auch nicht gerade wie die Eben in den Büchern aus. Das sind kräftige, harte Kerle mit einem Haufen Muskeln. Entschuldige, aber im Vergleich dazu wirkst du etwas schwach auf der Brust.«
    Slyman zuckte mit den Schultern. »Ich bin gerade erst dreihundert Jahre alt geworden, also noch ein Junge. Und ich bin auch kein Krieger, obwohl ich es gern wäre. Du solltest mal den Einsamen sehen.« Er lächelte. »Wenn du mir weiterfolgst, wirst du ihm früher oder später begegnen.«
    Rabba Nix machte plötzlich ein finsteres Gesicht. »Natürlich werde ich dir folgen«, brummte er. »Auch weil es niemanden sonst gibt, dem ich folgen könnte.«
    »Das ist aber merkwürdig«, sagte Slyman. »Die Gnome, entschuldige, ich meine natürlich die Ka-da-lun, leben doch sonst in Gemeinschaft. Du aber bist allein.Wie kommt das?«
    »Sie haben mich fortgejagt«, sagte Rabba Nix mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Sie haben dich wirklich fortgejagt?« Slyman musterte ihn mit neuem Interesse. »Und warum?«
    »Weil mir das eine oder andere kleine Missgeschick passiert ist«, antwortete Rabba Nix. »Na ja, eigentlich waren sie gar nicht so klein. Zunächst habe ich aus Versehen eine zentnerschwere Eiche auf den Kornspeicher des Dorfes fallen lassen, gut, das war schon ziemlich schlimm. Dann habe ich mir irgendwie den wertvollen
Schmuck stehlen lassen, den ich einem Kunden meines Vaters bringen sollte, und der ist wütend geworden und hat von da an keine Geschäfte mehr mit dem Dorf gemacht. Das war anscheinend ein wichtiger Mann, denn mein Vater hat mich aus dem Haus geworfen. Dann habe ich bei einem vornehmen Mann namens Rik Ortica gearbeitet. Anfangs ging alles gut, doch dann haben wir eine Treibjagd veranstaltet. Als ich zum Trinken an den Fluss gegangen bin, habe ich dort Herrn Orticas Bogen vergessen, und als er ihn später brauchte, um auf einen wütenden Bären zu schießen, na ja, du kannst es dir vorstellen. Der Bär hat ihm mit einem Biss ein Bein abgetrennt und Herr Ortica hat mich auf der Stelle entlassen. Schließlich …« Rabba Nix schaute auf zum Himmel. »Schließlich habe ich mich für die Nacht in eine Höhle geflüchtet, doch die hielt schon ein großer Troll besetzt, der mich

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