Gefaelschtes Gedaechtnis
Sie gewesen?«
Sie zuckte die Achseln. »Am Strand.«
»Was Sie nicht sagen. An welchem?«
Sie schüttelte den Kopf. »An irgendeinem. Ich hab vergessen, wie er heißt.«
Gemeinsam gingen sie durchs Wohnzimmer in sein Büro. »Ist der neu?«, fragte sie, blieb stehen und deutete auf etwas.
Duran folgte ihrem Blick zu einem blutroten Kirman vor dem Kamin. Dann nickte er. »Ja«, sagte er. »Hab ich mir neulich gekauft.« »Sie waren einkaufen?«
Duran lächelte kläglich und schüttelte den Kopf. »Ist aus einem Katalog.«
»Hab ich mir doch gedacht. Wissen Sie, Sie sollten mehr vor die Türe gehen, Doc. Sie sind bleich wie ein Gespenst.«
Duran zuckte die Achseln. »Ich hab keine Zeit. Und überhaupt, wie ich schon sagte - blass und gesund.«
Das Büro war dem Wohnzimmer sehr ähnlich, nur mit indirekter Beleuchtung und schweren Vorhängen vor den Fenstern. Neutrale Farben dominierten: die Wände in einem satten Cremeton, die Möbel mit beigefarbenen Leinenbezügen. Landschaftsaquarelle in Schildpattrahmen an den Wänden.
Ebenso Durans Zeugnisse. Die übergroßen Möbel, die Kelimkissen auf der Couch und seine Referenzen sollten den Klienten ein Gefühl von Sicherheit geben. Da hing eine BA-Urkunde vom Brown College und eine Promotionsurkunde von der University of Wisconsin. Neben den Diplomen prangten Zertifikate vom amerikanischen Verband für psychologische Hypnose und der Gesellschaft kognitiver Therapeuten.
»Machen Sie es sich doch bequem«, sagte Duran und nahm hinter seinem Schreibtisch Platz. »Ich werfe noch rasch einen Blick in meine Notizen - und dann können wir das Band starten.«
»Müssen wir denn unbedingt ein Band mitlaufen lassen?«, sagte Nico unwillig, streifte sich die Schuhe ab und sank auf die Couch.
»Allerdings«, sagte Duran schmunzelnd. »Das müssen wir. Wirklich.« Er schob eine Kassette in den Rekorder, drückte auf Aufnahme, wandte sich seinem Computer zu und begann zu tippen. »Das ist nicht meine Idee, wissen Sie - die Versicherungsgesellschaft verlangt es.«
»Ich habe nicht vor, Sie zu verklagen, Doc.«
»Jaja«, erwiderte Duran. »Das sagen sie alle.«
Er hatte sie in eine leichte Trance versetzt, und sie lag ausgestreckt auf dem Rücken, mit schlaffen Gliedmaßen, geschlossenen Augen und ausdrucksloser Miene. Duran führte sie durch die übliche Bilderfolge, seine tiefe und beruhigende Stimme geleitete sie durch eine imaginäre Landschaft.
»Du bist auf einem weichen Pfad neben einem kühlen Bach, und du bleibst ein Weilchen stehen, um dem Wasser zu lauschen, das über die Steine plätschert«, sagte, er. »Du siehst ein Blatt, das auf dem Wasser treibt, wie ein kleines Schiffchen, und folgst ihm mit den Augen, wie es mit der Strömung segelt, einen Moment an einem Stein hängen bleibt und dann weiterschwimmt. Du siehst ihm nach, bis es um eine Biegung verschwindet, und blickst dann ins Wasser - auf seine wundersame Oberfläche, so weich und seidig, während es über die Kiesel im Bachbett gleitet.«
Nico runzelte kurz die Stirn, als er sie von dem Bach wegführte, und verzog leicht das Gesicht, als sie seiner Anweisung folgte, sich unter ein paar »stacheligen« Ästen hindurchzubücken. Während sie sich weiter durch die dichte Vegetation bewegte, legte sich ihre Stirn vor Anstrengung in Falten. Und dann kehrte ihr schwaches und friedliches Lächeln zurück, als sie auf einem Pfad, der »weich und federnd« unter ihren Füßen war, eine Wiese überquerte.
»Du spürst eine leichte Brise auf den Wangen. Sie spielt mit deinem Haar und biegt die Grashalme ...«
Wie geheißen, öffnete sie ein kleines weißes Tor und ging etliche flechtenbewachsene Treppenstufen hinunter, bis sie durch Halbschatten hindurch an einen abgeschiedenen Teich gelangte. Dort setzte sie sich auf den umgestürzten Stamm einer von Moos überwucherten Eiche und sah zu, wie das Sonnenlicht durch die Bäume drang und auf dem Wasser tanzte. Nicos linke Hand rollte vom Couchrand, strich über den Teppich, tauchte ins kühle Wasser.
Sie war an ihrem sicheren Ort, wo nichts und niemand ihr wehtun konnte. Duran sah, wie ihre Brust sich hob und senkte, als er begann, sie zu regredieren. »Wir gehen jetzt zurück«, sagte er. »Bis dahin, wo du noch ein Mädchen warst.«
»Ich bin ein Mädchen.«
»Ein kleines Mädchen. Zwölf ... elf ... zehn. Erinnerst du dich?«
Sie bewegte sich unbehaglich auf der Couch und nickte. Duran saß vorgebeugt in einem Ohrensessel, etwa anderthalb Meter entfernt,
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