Gefahrenzone (German Edition)
Stadiontoilette sein Leben aus. Bis zum letzten Augenblick war er sich sicher, dass das Ganze ein schrecklicher Irrtum sein musste.
C aruso zog sein blutverschmiertes Fußballtrikot aus, unter dem er ein weißes T-Shirt trug. Als er auch dieses über den Kopf zog, zeigte sich, dass darunter ein weiteres Trikot steckte. Dieses Mal war es jedoch das der gegneris chen Mannschaft. Die schwarz-weißen Vereinsfarben von Be ş ikta ş würden es ihm wie zuvor das Rot und Gold von Galatasaray erlauben, sich unter die Fußballfans zu mischen, ohne weiter aufzufallen.
Er stopfte das T-Shirt und das Galatasaray-Trikot in seinen Hosenbund, holte eine schwarze Kappe aus der Tasche und setzte sie sich auf.
Für einen Augenblick beugte er sich über den Toten. In seiner kalten Wut hätte er am liebsten auf die Leiche gespuckt. Er unterdrückte jedoch diesen Drang. Er wusste, dass es pure Dummheit gewesen wäre, seine DNS an diesem Tatort zu hinterlassen. Er drehte sich um, verließ die Toilette, entfernte das Kapalı- Schild von deren Eingangstür und machte sich auf den Weg zum Stadionausgang.
Als er durch das Drehkreuz in den strömenden Regen hinaustrat, zog er sein Mobiltelefon aus der Seitentasche seiner Cargohose.
»Zielperson vier ausgeschaltet. Dom ist in Sicherheit. War ein Kinderspiel.«
3
J ack Ryan jr. hatte man die allem Anschein nach einfachste Aufgabe an diesem Abend übertragen. Seine Zielperson, ein einzelner Mann, sollte eigentlich ganz allein in seiner Wohnung am Schreibtisch sitzen. So hatte es zumindest ihre Aufklärungsarbeit ergeben.
Jack verstand sehr gut, warum ihm seine Kameraden noch nicht die ganz schweren Einsätze zutrauten. Obwohl er bereits in der ganzen Welt erfolgreich gearbeitet hatte, war er in diesem Team hocherfahrener Außenagenten immer noch ein Anfänger. Mit dem Erfahrungsschatz der vier anderen konnte er einfach noch nicht mithalten.
Ursprünglich sollte er die Operation im Çıra ğ an-Palast gegen die Zielperson zwei übernehmen. Seine Kameraden waren der Meinung, dass es eigentlich nicht so schwer sein konnte, ein Stück Fleisch mit Gift zu beträufeln. Schließlich entschied man sich jedoch für Clark. Ein allein essender fünfundsechzigjähriger älterer Mann würde in einem solchen Fünf-Sterne-Restaurant beim Personal bestimmt weniger Aufmerksamkeit erregen als ein junger Westler, der so aussah, als hätte er gerade erst sein Studium beendet, und der jetzt ohne Begleitung ein ganzes Menü zu sich nahm. Im unwahrscheinlichen Fall, dass sich die Behörden doch für die näheren Umstände eines Todesfalls nur einige Tische von dem einsamen Esser entfernt interessieren würden, hätte dies dazu führen können, dass sich die Kellner viel zu genau an Ryan erinnerten.
Aus diesem Grund bekam Jack den Auftrag, die Zielperson fünf auszuschalten. Dabei handelte es sich um den Kommunikationsspezialisten der ehemaligen JSO-Zelle namens Emad Kartal. Auch diese Aufgabe barg zwar ihre Risiken, aber die Führungspersönlichkeiten des Campus waren der Meinung, dass Jack diese durchaus bewältigen konnte.
Kartal verbrachte praktisch jeden Abend an seinem Computer. Genau diese Angewohnheit hatte schließlich zur Aufdeckung des gegenwärtigen Aufenthaltsorts der JSO-Zelle geführt. Sechs Wochen zuvor hatte er einem Freund in Libyen eine kurze Botschaft geschickt. Diese war vom Campus aufgefangen und entschlüsselt worden. Ryan und seine Analystenkollegen drüben in den Vereinigten Staaten konnten sie dann bis zu ihrem Absender zurückverfolgen.
Sie konnten den Mann und seine Zelle noch weiter ausforschen, als es ihnen gelang, sich in die Voicemail seines Handys einzuhacken. Seitdem konnten sie sämtliche Telefongespräche mithören, die die Zellenmitglieder miteinander führten.
Um dreiundzwanzig Uhr betrat Ryan das Apartmentgebäude seiner Zielperson. Die Eingangstür konnte er mithilfe einer gefälschten Schlüsselkarte öffnen, die ihm die Technikgurus seiner Organisation zur Verfügung gestellt hatten. Das Gebäude lag im Taksim-Viertel unweit der fünf hundertjährigen Cihangir-Moschee. Von außen war es ein eindrucksvoller Bau in einer gehobenen Nachbarschaft. Die Wohnungen selbst waren jedoch kleine Einzimmerapartments. Auf jedem Stockwerk waren es immerhin acht. Jacks Zielperson wohnte in der zweiten Etage des fünfstöckigen Gebäudes.
Ryans Befehle für diese Operation waren kurz und bündig. Er sollte sich Zugang zur Wohnung von Zielperson fünf verschaffen, sich
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