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Gefallene Sonnen

Gefallene Sonnen

Titel: Gefallene Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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COVITZ
    Während sich das TVF-Personal um Orli kümmerte, wollte sie wissen, was mit Captain Roberts geschehen würde. Vielleicht wussten die Soldaten der Basis nicht alles. Sie betonten immer wieder, Orli müsse sich keine Sorgen machen. Schließlich hörte sie auf, Fragen zu stellen, obgleich die Unruhe in ihr blieb.
    Orli erhielt saubere Kleidung, zu essen und eine weiche Koje in einem warmen Zimmer. Eine ganze Stunde lang konnte sie allein sein, obwohl Einsamkeit und die Möglichkeit, schlimmen Erinnerungen nachzuhängen, auf ihrer Wunschliste ganz unten standen. Während sie in einem Gästequartier auf dem schmalen Bett lag und darauf wartete, zum General gerufen zu werden, nahm sie an, dass sich die Soldaten die Bilder von der Zerstörung ansahen.
    Jetzt, da sie in Sicherheit war, kehrte ihre Furcht zurück. Sie starrte an die Decke und betrachtete die Muster im versiegelten Mondgestein. Was sollte sie machen? Ihr Vater, der einzige Anker im Universum, war tot. Ihre Mutter hatte sie vor langer Zeit verlassen. Orli fragte sich, ob die Hanse den Aufenthaltsort jener Frau feststellen und herausfinden konnte, ob ihr noch etwas an ihrer Tochter lag. Orli war immer unabhängig und gescheit gewesen, hatte hart gearbeitet. Andererseits war sie erst vierzehn.
    Eine Soldatin betätigte den Türmelder. »Der General möchte jetzt mit dir sprechen.« Die Frau hatte kurzes blondes Haar und ein blasses, streng wirkendes Gesicht.
    Orli stand auf. Sie fürchtete den Augenblick, in dem sie ihre Geschichte erzählen musste, wollte das so schnell wie möglich hinter sich bringen. Schon tausendmal hatte sie den Albtraum erlebt. »Muss ich irgendetwas mitnehmen oder mich vorbereiten?«
    »Sag einfach nur die Wahrheit. Der General möchte alle Einzelheiten erfahren.«
    Orli folgte der Frau durch ein Labyrinth aus Korridoren. Die Luft roch nach Staub und Polymeren, die eine dicke Schicht auf dem Boden bildeten und die Wände verkleideten. Es fielen Orli keine Fragen ein, die sie an die Soldatin richten konnte, und der blonden Frau lag offenbar nichts an einer Konversation.
    Das Mädchen spürte, wie sich ein Knoten in seiner Magengrube bildete. Orli rechnete nicht mit einer Standpauke oder irgendwelchen Maßregelungen, aber sie fühlte sich schuldig, weil sie überlebt hatte.
    In einem zu stickigen und warmen Konferenzzimmer wartete General Lanyan am Ende eines langen, silbernen Tisches. Er war ein beeindruckender Mann, muskulös und breitschultrig, das dunkle Haar kurz, an Wangen und Kinn der Schatten eines Barts. Im Innern der Basis trug er eine schlichte graue Uniform mit seinem Namen und Rangabzeichen.
    Drei weitere Offiziere, offenbar Assistenten, saßen am Tisch und richteten aufmerksame Blicke auf Orli, als sie hereinkam. Sie hatten Rekorder, Kameras und kleine Handcomputer, auf denen sie sich Notizen machen und Analysen vornehmen konnten. Orli zögerte kurz, trat dann zum freien Ende des Tisches. »Soll ich mich setzen?«
    »Ja, bitte. Ich hoffe, du hast alles bekommen, was du brauchst.«
    »Ich… ja, Sir.« Was sie brauchte? Konnte sich der General auch nur annähernd vorstellen, was sie hinter sich hatte? »Was passiert mit Captain Roberts?«
    »Das ist derzeit nicht deine Sorge. Ich kenne inzwischen die Bilder von der Kolonie, und wir haben gerade ein längeres Gespräch mit Mr. Steinman geführt, der Captain Roberts’ Schilderungen bestätigt. Niemand bestreitet die Tatsache, dass es auf Corribus zu einer Katastrophe kam. Wir versuchen jetzt zu verstehen, was sich dort ereignete.« Lanyan beugte sich vor und faltete die Hände. Die Assistenten machten sich Notizen, aber der General schenkte ihnen keine Beachtung.
    Orli saß gerade auf einem harten Stuhl und erzählte von ihren Beobachtungen. Sie kehrte zurück in den Albtraum und entnahm ihm Details von der Ankunft der Raumschiffe und dem Beginn des Massakers. Sie berichtete von Explosionen, in Panik geratenen Kolonisten und TVF-Schiffen, die immer wieder auf die Siedlung feuerten. Flammen im Ort; Strahlblitze, die dem Transportal galten; schreiende Menschen… das brennende Kommunikationszentrum, in dem ihr Vater arbeitete…
    Der General sah in ihr ein Kind, das sich viele Dinge einbildete. Als Orli die Herablassung in seinem Gesicht sah, fühlte sie für ein oder zwei Sekunden tiefen Hass auf ihn.
    Sie zeigte ihre Gefühle nicht, aber ihre Stimme war kalt wie Eis, als sie fortfuhr: »Es waren TVF-Schiffe, Sir. Ich habe die Insignien am Rumpf gesehen. Fünf große

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