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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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Alexei Grigorescu geträumt. Und dass ich schwul bin.
    War ich froh, dass Vater keine Gedanken lesen konnte.
    „Guten Morgen, Paps. Ja, danke, wie ein Murmeltier.“ Ich stellte meine Aktentasche auf den Boden, ließ mich im Stuhl vor seinem Schreibtisch nieder und legte die Baupläne darauf ab.
    „Ah, die Baupläne vom Kaufhaus der Jansens. Den muss ich heute noch anrufen.“ Er klappte den Ordner zu und nahm die Brille ab. „Ich hätte heute Abend noch ein kleines Attentat auf dich vor.“
    Ich erwiderte seinen Blick mit einer Mischung aus Neugier und Überraschung und wollte fragen, um was es ging. In dem Moment klopfte es, und Frau Gröbner kam mit einem kleinen Tablett, auf dem zwei dampfende Tassen Kaffee standen.
    „Genau das, was wir jetzt brauchen, Maria. Sie sind ein Schatz.“ Vater erhob sich, um ihr die beiden Tassen abzunehmen und stellte sie auf dem Schreibtisch ab. Ich wartete, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte und lehnte mich vor.
    „Was wolltest du sagen? Was für ein Attentat denn?“
    „Ich habe heute Morgen mit Herrn Grigorescu Senior telefoniert und ihm soweit zugesagt. Es fehlen aber noch einige Unterlagen, die ich heute Abend abholen wollte.“
    Ich fing an, mit dem Knie zu wippen und zuckte mit den Schultern.
    „Das ist doch gut, aber was soll ich dabei tun?“
    „Ich habe einen Termin, den ich unmöglich absagen kann. Ich weiß, heute willst du sicher noch mit Monika ausgehen, aber denkst du, du könntest das nach Büroschluss noch erledigen?“
    Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter. Ich war nicht gerade scharf darauf, Alexei Grigorescu wieder zu treffen. Ich befürchtete, er würde erneut meine Gedanken lesen und mich mit seinem Psychoblick hypnotisieren. Im nächsten Moment schalt ich mich selbst. Schließlich verfügte ich selbst über mentale Kräfte und diesmal wäre ich vorbereitet. Außerdem hatte ich ja einen Termin mit seinem Vater und nicht mit ihm.
    „Leon?“
    Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich einige Sekunden starr in meine Tasse geblickt hatte und schrak beim Klang meines Namens auf.
    „Was soll das werden, willst du mit deinem Kaffee Kontakt aufnehmen, oder was?“ Vater schüttelte belustigt den Kopf, dann aber nahm sein Gesicht einen ernsten Ausdruck an. „Alles in Ordnung mit dir? Du hast mir gestern Abend schon so einen abwesenden Eindruck gemacht.“
    Ich nahm hastig einen Schluck Kaffee und erhob mich aus dem Sessel. „Klar ist alles in Ordnung. Schreib mir die Adresse auf, ich mach das schon. Und mach dir keine Sorgen wegen Monika. Das ist sowieso vorbei.“
    Vater hob eine Augenbraue. „Seit wann das denn?“
    „Schon seit ein paar Wochen. Haben uns aber im Guten getrennt. Wir passen einfach nicht zusammen.“
    „Du hältst es aber wirklich nie lange mit einer aus“, seufzte Vater, ein mitfühlendes Lächeln legte sich auf seine Lippen.
    Ich zuckte mit den Schultern. „Ich glaub, ich bin einfach nicht geschaffen für Beziehungen.“
    „Wenn die Richtige kommt, wirst du es sein, glaub mir. Dann hast du also kein Problem mit heute Abend?“
    „Nein, geht klar, Paps, mach dir keinen Kopf. Gehen wir heute Mittag zusammen essen? Dann könntest du mir gleich die Adresse der Grigorescus aufschreiben.“
    „Mach ich. Ich danke dir.“
    Ich verließ Vaters Büro und machte mich an meine eigene Arbeit.
     
     
     
    Die Adresse der Grigorescus führte mich in die Königsallee, einem Villenviertel. Ich parkte meinen Wagen und atmete tief durch. Meine Güte, ich sollte nur Unterlagen abholen, nichts weiter. Falls ich auf Alexei traf, würde ich seine Scheißgedanken halt nicht lesen. Aber er meine auch nicht. Seinen Psychokram würde er nicht mehr abziehen können. Ich war vorbereitet.
    Ich stieg aus und ging auf das gusseiserne Tor zu. Soweit ich sehen konnte, war es ein großes Anwesen. Ein mit Buschrosen gesäumter Kiesweg führte zu der Villa, die wie eine alte Burg wirkte. Sie war grau gemauert und hatte zu beiden Seiten kleine, hervorstehende Erker mit spitz zulaufenden Dächern, wie Türme. Dazwischen befand sich ein Balkon mit einem verschnörkelten Geländer im selben Stil wie das Eingangstor. Eine breite Marmortreppe führte hinauf zu einer Haustür aus dunklem, schweren Holz. Zu beiden Seiten wachten Steinlöwen, denen der Wandel der Jahreszeiten ziemlich zugesetzt hatte. Ihre großen, dunklen Augen blitzten aus den mit Moos überwucherten Köpfen hervor und schienen mich zu beobachten. Ich sah nach oben zu den Fenstern.

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