Gefangen in der Schreckenskammer
Tippiflott, ein weitverbreitetes Fabrikat. Die benutzte
Maschine hat allerdings ein Merkmal: Ihr O schlägt etwas oberhalb der Zeile
an.“
„Also keine elektrische Maschine?“
„Nein, keine elektrische.“ Kleinschmidt
zupfte an seiner Unterlippe. „Es dürfte schwer sein, sie zu finden. Mindestens
100 000mal wurde sie hier in der Stadt verkauft.“
Das war’s. Kleinschmidts Dackelgesicht zeigte
teilnahmsvolle Betroffenheit. Als Junggeselle hatte er zwar keine Kinder. Aber
er konnte sich vorstellen, was sein Vorgesetzter empfand.
„Wenn Sie mich brauchen, Kommissar…“,
meinte er — und schob dann ab.
Glockner drehte seine Kaffeetasse
zwischen den Fingern. „Euch werfe ich jetzt raus. Es bringt nichts, wenn ihr
euch die Nacht um die Ohren schlagt.“
„Ob ich hier wach sitze oder im Bett
wach liege“, sagte Tim, „wo ist da der Unterschied?“
„Dein Bett steht im Internat, deins,
Karl, zu Hause. Dort gehört ihr nachts hin. Also ab mit euch! Ich verspreche,
daß ich euch sofort verständige, wenn sich irgendwas tut.“
„Ob wir noch bei Ihrer Frau
vorbeifahren?“ fragte Tim. Glockner schüttelte den Kopf. „Lieber nicht. Ihr
könnt sie nicht trösten. Später schaue ich nach ihr.“
Als die beiden Freunde auf die Straße
traten, war die Nacht noch schwärzer geworden. Wässerige Schneeflocken
schwebten vom Himmel. Eine dünne Schneedecke überzog die Stadt.
Sie machten ihre Drahtesel los und
fuhren ab. Der erste Teil des Weges führte beide in dieselbe Richtung.
„Ein Unfall scheidet aus“, sagte Tim.
„Man hätte sie gefunden. Jetzt sind schon zwei Stunden vergangen.“
„Also ein Verbrechen“, folgerte Karl.
„Eine Entführung. Der Kommissar hat recht.“
„Fingerabdrucke von zwei Unbekannten,
Karl. Zwei Horror-Mönche machen noch keinen Mönchsorden. Wie beknackt muß man
sein, um sich Horror-Mönch zu nennen? Heh? Da stecken doch zwei kaputte Typen
dahinter, zwei Psycho-Bettlägerige oder Seelen-Sieche. Aber von anderem
Zuschnitt als die arme Natascha, über die Willi und ich vorhin gesülzt haben.
Weil wir sie der Schmählich ans Herz legen wollen. Zwecks Hilfe. Du, Karl, ich
habe einen Flash ( Erleuchtung ).“
„Dann laß mal das Licht raus.“
„Wir kennen die Horror-Mönche nicht.
Egal jetzt, ob es Rache-Kidnapper sind, die den Kommissar treffen wollen, oder
Geldgeier — egal! Aber vielleicht können wir uns ein Bild verschaffen von ihrem
inneren Typ, ihrem Seelenzustand, ihrer schwarzen Psyche.“
„Woher?“
„Von der Schmählich.“
Karl pfiff durch den linken Mundwinkel
und nickte.
„Verstehe. Wenn wir was über den
Charakter der Horror-Mönche wissen, hilft uns das vielleicht weiter. Aber...“
Er stockte.
„Aber was?“
„Die Schmählich ist Psychologin, keine
Hellseherin.“
Tim wischte durch die Schnee-Regen-Luft
und damit den Einwand beiseite. Wenn er auf ein Ziel losging, war er für Wenns
und Abers taub auf beiden Ohren.
„Versuchen müssen wir’s, Karl. Es geht
um Gaby.“
„Woraus soll Angelika Schmählich
ersehen, um was für Typen es sich handelt?“
„Zum Henker! Wir haben doch eine Menge
zu bieten. Sie kidnappen. Sie nennen sich Horror-Mönche. Sie schicken am Vortag
einen Zettel. Das heißt, sie haben uns — und vor allem Pfote — tatsächlich
beobachtet. Und sie lauern beim Hallenbad. Also, wenn ich Psychologe wäre,
könnte ich einen seelischen Steckbrief hinlegen, daß keine Frage offen bleibt.“
„So sonnig“, seufzte Karl, „sehe ich
das nicht. Aber vielleicht kann sie hexen, unsere Seelenkundlerin. Fahren wir
zu ihr.“
Sie kannten die Adresse. Es war nicht
weit zur Sigmund-Allee. Angelika Schmählich wohnte in einem Apartmenthaus. Der Hausmeister
hieß Freud. Die Jungs klingelten ihn raus, als sich in Angelika Schmählichs
Wohnung nichts rührte. Auch die Fenster waren dunkel.
„Klar“, meinte Freud. „Sie unterrichtet
doch heute abend in der VHS ( Volkshochschule ). Zwei Kurse
hintereinander. Über Selbstverwirklichung und Traumdeutung. Das dauert bis halb
elf. Anschließend wird sie immer eingeladen — von den Kursteilnehmern. Sie
gehen einen heben, damit sich das neue Wissen besser setzt. Vor Mitternacht
kommt sie nicht zurück.“ Er strich über seinen Kinnbart. „Was sage ich! Oft
wird’s zwei Uhr morgens.“
„So lange können wir nicht warten.“ Tim
drehte sein Rennrad zur Fahrbahn. „Unser Problem brennt auf den Nägeln. Gute
Nacht, Herr Freud. Und entschuldigen Sie die Störung.“
„Wenn
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