Gefangene deiner Dunkelheit
was ich tue. Du kannst dich auf mich verlassen. MaryAnn wünschte, sie könnte einen Weg finden, Jasmine zu übermitteln, dass sie ihr helfen wollte und ihr Vertrauen nie missbrauchen würde.
»Ich habe keine Zeit«, flüsterte Jasmine. Dann senkte sie den Kopf und stellte ihre Tasse ab. »Es macht es leichter, wenn du weißt, was passiert ist. Ich habe es noch niemandem erzählt, aber das wird sich bald nicht mehr vermeiden lassen.«
MaryAnn hielt den Atem an, und ihr Herz begann wie wild zu pochen. Sie hätte weinen können um dieses Mädchen, das noch so jung war und dessen Leben schon in Trümmern lag. Aber sie legte nur ihre Hand auf Jasmines, um eine Verbindung zu ihr herzustellen, und zwang das Mädchen unter Aufbietung ihrer ganzen Willenskraft, sich zu beruhigen. »Du bist schwanger.«
Jasmine bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen. »Es gibt eine Pflanze, die wir danach benutzen können, und Solange hat sie mir gegeben, doch ich konnte nicht... « Sie brach ab und sah MaryAnn an. »Ich wusste es schon im selben Augenblick, als es geschah. Ich wusste es einfach, und ich konnte nichts dagegen tun.«
»Du hast nichts falsch gemacht, Jasmine. Diese Männer haben dir keine Wahl gelassen, und du hast dich den Folgen gestellt und deine eigene Entscheidung getroffen. Hast du Angst, dass du etwas falsch gemacht hast?«
»Es ist kompliziert. Unser ganzes Leben ist kompliziert, und ich habe es noch viel schwieriger gemacht. Sie werden jetzt nie mehr aufhören, diese Männer. Sie werden uns verfolgen, wohin wir uns auch wenden mögen.« Sie warf wieder einen Blick zur Tür. »Solange ...« Sie unterbrach sich. »Es ist so schwer für sie gewesen.«
»Bereust du deine Entscheidung?«
»Ich weiß nicht, was ich denken soll, und ich könnte es nicht ertragen, dass Solange böse auf mich wird. Sie hat schon so viel getan, und ich kann ihr nicht noch eine weitere Person aufbürden, um die sie sich kümmern muss.«
»Du möchtest das Kind behalten?«
Jasmines Augen sprühten förmlich, und zum ersten Mal sah MaryAnn die Ähnlichkeit zwischen Jasmine und ihrer Cousine. »Ich würde denen nie mein Baby geben. Nie im Leben. Wenn Solange will, dass ich gehe, werde ich gehen, aber ich werde denen kein Kind übergeben, nicht einmal, wenn es ein Junge ist.«
»Nein, natürlich nicht. Was diese Männer dir angetan haben, war kriminell, Jasmine.« MaryAnn trank einen Schluck Tee, betrachtete das junge Mädchen und wählte sehr behutsam ihre nächsten Worte. »Manolito hat mir erzählt, dass er einem der Jaguarmänner begegnet ist, demselben, der mir gestern das Leben gerettet hat, als der andere Jaguar mich angriff. Dieser Jaguarmann sagte, er sei von einem Vampir verdorben worden, der die Jaguarmänner dazu bringt, Verbrechen gegen ihre Frauen zu begehen. Wenn das stimmt, sind sie in gewisser Weise auch Opfer.«
»Was erzählst du ihr da?«, fragte Solange scharf.
MaryAnn drehte sich zu der anderen Frau um, die unbemerkt den Raum betreten hatte. Solange bewegte sich völlig lautlos und so geschmeidig, dass ihre Füße kaum den Boden zu berühren schienen. Mit einem bösen Blick auf MaryAnn trat sie zu Jasmine und legte einen Arm um sie.
Jasmine versteifte sich erschrocken, warf MaryAnn einen Blick zu und schüttelte warnend den Kopf, weil sie ihr Geheimnis nicht enthüllt sehen wollte.
Aber MaryAnn vermutete, dass Solange es ohnehin schon kannte. Sie war eine reinrassige Jaguarfrau mit all den scharfen Sinnen dieses Tieres. Es wäre Jasmine gar nicht möglich, so etwas vor ihr zu verbergen, doch MaryAnn würde nie etwas preisgeben, das ihr anvertraut worden war, egal, wie sie darüber dachte.
»Nur, dass es eine schreckliche Tragödie für alle ist, wenn ein Vampir die Männer dazu bringt, Frauen zu jagen und zu erbeuten«, sagte MaryAnn, noch immer um einen ruhigen, sachlichen Ton bemüht. »Wenn es stimmt, was Manolito herausgefunden hat, ist der Vampir dabei, mit voller Absicht eine ganze Spezies auszulöschen.«
Solange biss sich auf die Lippe und schenkte sich Tee ein. »Vielleicht ist die Idee des Vampirs ja gar nicht mal so falsch. Wenn unsere Männer zu all diesen fürchterlichen Dingen fähig sind, sollte die Spezies auch nicht überleben.«
»Solange!«, protestierte ihre Cousine.
MaryAnn sah den gekränkten Blick in ihren Augen und wünschte, sie könnte ihr ein bisschen Trost vermitteln. Sie meint es nicht so, wie es sich anhört. Sie hat zu viel gesehen, zu viel durchgemacht und ist traumatisiert. Sie
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